Liebe Christl, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Derzeit beschäftige ich mich mit der Bekanntmachung von meinem neuen Lyrikband „berichte von der innenfront“ (Edition Lex Liszt 12, Oberwart). Nach dem Sommerloch geht es jetzt Anfang September heftig los mit Lesungen, die ja auch vorbereitet und beworben werden wollen. Ich arbeite meist abends und nachts, leider, weil tagsüber ständig Dinge dazwischenkommen. Wenn immer möglich, schiebe ich in diese sachlichen Arbeiten kleine Poesie-Phasen ein.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Da viele Menschen unter den Pandemie-Restriktionen gelitten haben, ist meiner Meinung nach das Aufarbeiten und Bewältigen der Bedrückungen vorrangig. Nur auf einem gut geglätteten Boden kann man ein stabiles Haus aufbauen.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Es gibt aus meiner Sicht zwei Gruppen von Kolleginnen und Kollegen: Die einen – wie ich schon erwähnte – haben eine Leidenszeit hinter sich. Die anderen fanden oft zu ihrer eigenen Überraschung speziell die Lockdown-Zeit als Geschenk für ihre Kreativität. Daraus ergibt sich der jeweilige Aufbruch und Neubeginn: Es gibt keine „freigeschaufelte“ Kreativzeit mehr, und man will ja auch präsentieren, was entstanden ist.
Die Bedrückten müssen sich aus ihrem Tief herausarbeiten und ebenfalls zu ihrem künstlerischen Alltag zurückfinden.
Wobei ALLTAG positiv gemeint ist. Die Kunst schenkt uns ja die Möglichkeit, aus ALLen TAGen etwas Besonderes zu machen. Darin sehe ich auch einen Teil der Rolle der Kunst. Wir sind umzingelt von prosaischen Aufgaben, Banalitäten, Routine-Arbeiten. Gerade jetzt brauchen wir etwas, das uns aus diesem Strudel heraushebt. Literatur tut genau das auf vielfältige Weise, besonders die Poesie. Und die brauchen wir mehr denn je. Poesie ist ein Menschenrecht.
Was liest Du derzeit?
„Sagtest du Liebe?“ von C.H. Huber
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Einen Spruch von Lao Tse:
„Wenn du es nicht in deinem Inneren findest – – wo willst du danach suchen?“
Vielen Dank für das Interview liebe Christl, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Christl Greller, Schriftstellerin
Neuerscheinung:

Foto_Portrait_Renate Ritter
30.8.2022_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.