„Die Natur des Menschen hat das Bedürfnis nach Verbindung“ AnotherR_Leonie Wahl/Desi Bonato _ dancer/choreographer _ Premiere OFF Theater Wien 30.9.2022

„AnotherR – Die Wirklichkeit ist ganz woanders!“ _
Leonie Wahl (rechts im Bild) / Desi Bonato_dancer/choreographer _ Wien

Liebe Leonie! Liebe Desi! „AnotherR – Die Wirklichkeit ist ganz woanders!“ ist der Titel Eurer Tanzperformance, die am 30.9.2022 im OFF Theater/White Box Wien Premiere hat.

Wie kam es zu diesem Thema?

Leonie Wahl (LW): Die Idee ein Tanzstück über den Einfluss virtueller Realität auf Mensch und Gesellschaft, unsere Körper, unsere Emotionen zu konzipieren, hat mich schon lange beschäftigt. Ich habe dann mit Ernst (Ernst Kurt Weigel, Schauspieler, Regisseur, Autor, künstlerischer Leiter und Geschäftsführer OFF-Theater Wien, Gründer und Leiter des „Bernhard Ensemble“ Wien; Anm.) darüber gesprochen und wir sind dann gleich in den Proberaum, haben die Brillen besorgt und es ging los (lacht).

Wie ist die Choreografie dazu entstanden?

LW: Am Beginn standen persönliche Zugänge zum Thema. Ich habe dann im Studio Fixpunkte der Choreographie erarbeitet, die wir dann in Form und Ablauf weiterentwickelten. Es folgt da ein Schritt dem anderen.

Desi Bonato (DB): Wie beeinflussen sich Realität und virtuelle Realität, wie verbinden sie sich, spielen sie miteinander?Wo werden wir überfordert, vereinnahmt und wann kann virtuelle Realität ein verrücktes Gefängnis werden, ohne dem du nicht leben kannst? Diese Gesichtspunkte sind auch ein Teil des Aufbaus der Choreografie.

Wie gelingt diese beeindruckende Körperdynamik, -expressivität in gemeinsamer Performance?

DB: Jede Bewegung hat einen ganz bestimmten Aufbau und eine „Lesart“ im Ausdruck. Diese ist wiederum Teil einer Struktur, der wir folgen.

LW: Form, Ausdruck, Raum. Das sind die Grundlagen, auf denen eine Choreografie aufbaut. Es fließen dann persönliche Erfahrungen, Erinnerungen ein, die ich ausdrücke und an meine Tanzpartnerin weitergebe und aufnehme.

Jeder Körper, jeder Mensch ist anders. Es geht da nicht um Perfektion in völliger Übereinstimmung, sondern um das Erkennen von individuellen Möglichkeiten, Qualitäten. Dabei ist für mich die gemeinsame Intention ganz wesentlich.

Welche Rolle spielt die Musik in der Performance?

LW: Das ist ein sehr wichtiger Teil. Es freut uns sehr, dass wir mit Bernhard Fleischmann kooperieren (Bernhard Fleischmann ist ein österreichischer Musiker, Komponist und Produzent. Er wurde er 2019 mit dem Österreichischen Filmpreis 2019 in der Kategorie Beste Musik ausgezeichnet, Anm.) und er wird auch live spielen.

DB: Bernhard Fleischmann hat eine ganz außergewöhnliche Fähigkeit eine Tanzchoreografie aufzunehmen und auch impulsgebend zu inspirieren. Auch ein Kreieren von Atmosphäre zeichnet ihn aus, in der wir uns sehr wohl fühlen.

Wie geht Ihr persönlich mit virtueller Realität um?

LW: Desi ist nicht so abhängig (lacht).

DB: Ich gehöre einer Generation an, in der virtuelle Realität eine große Rolle spielt. Es ist ein Statement unserer Persönlichkeit aber auch ein Kampfplatz, in dem es um Macht geht. Ich bin mir auch dessen bewusst und daher nicht der größte Fan von virtueller Realität. Die Gewohnheiten sind in meiner Generation ganz verschieden, jeder Mensch hat da seine eigene Perspektive. Für mich ist eine gute, dosierte Form virtueller Realität hilfreich, etwa um Freude zu erleben, aber nicht mehr. 

LW: Ich benutze das Internet sehr gerne, es ist faszinierend, aber es gelingt mir auch gut virtuell dann wieder auszusteigen. Ich bin in einer Familie ohne Fernseher aufgewachsen, daher fällt mir das vermutlich leichter. Wenn du mit einem Fernseher aufwächst, hast du den Bildschirm ständig vor dir und am Computer ist das dann dasselbe. Da wirst du vielleicht leichter zum totalen virtuellen Junkie (lacht).

Kennzeichnet die moderne Gesellschaft, den modernen Menschen ein Ringen, ein Kampf zwischen Virtualität und Realität?

DB: Es ist unmöglich beide „Welten“ zu trennen. Es gibt Menschen, die ohne Telefon, Internet leben wollen, aber das sind sehr wenige. Persönlich ist immer wieder zu entscheiden, was „zu viel“ ist.

LW: Ich habe keine Angst vor der virtuellen Realität. Für mich ist es wie alles andere, das Freude macht. Wenn es da eine Balance von realer Begegnung, Mensch, Kultur, Natur und virtueller Realität gibt, ist diese für mich nicht beängstigend. „Too much ist natürlich to much“, das ist aber bei allen Dingen so.

Was mir mehr Sorge bereitet, ist die virtuelle Macht an sich, etwa was persönliche Daten und damit Kontrolle betrifft (Konzerne reich macht, Menschen ausbeutet und die Gemeinschaft schwächt). Das macht natürlich Angst.

Wie bei der Entdeckung der Kernspaltung, kann das Internet friedlich zum Wohle aller genutzt, aber auch als Instrument der schlimmsten Zerstörung missbraucht werden. Entscheidend ist, wie wird mit all diesen wertvollen Informationen letztlich umgegangen?

Ich vertraue grundsätzlich in die Natur des Menschen und das Bedürfnis nach Verbindung. Da ist das Internet eine Möglichkeit und keine Atombombe, aber auch eine Erfindung, in der es bestimmt noch Lösungen für die verschiedenen Probleme geben wird.

Trennt oder verbindet virtuelle Realität Menschen?

DB: Virtuelle Realität ist eine Verbindung, aber keine reale, im Gegensatz dazu ist es die Illusion einer Verbindung. Eine „face to face“ Begegnung in der Realität hat natürlich ganz andere Voraussetzungen, Erfahrungen, Wertigkeiten.

LW: Dieses reale Begegnen in allen Emotionen ist auch ein wesentlicher Aspekt der Choreographie. Ebenso wie das gemeinsame virtuelle Spiel, das Freude bereitet. Das ist auch unsere Intention, diese Freude auszudrücken.

DB: Spiel ist immer Freude, die sichtbar ist. Körperlich sichtbar. Unser Stück soll das auch zeigen.

Ihr seid ein großartiges Team! Wie lange arbeitet Ihr schon zusammen?

DB. Es gab bisher eine gemeinsame Produktion und Begegnungen bei unterschiedlichen Projekten und Auditions.

LW: Wir haben viel Gemeinsames, etwa unsere internationalen Stationen als Tänzerinnen. Auch Italien, wo wir aufgewachsen sind, verbindet uns. All das fließt in Projekte ein und macht es zusätzlich sehr spannend.

„AnotherR – Die Wirklichkeit ist ganz woanders!“ _ Koproduktion orgAnic reVolt / DAS OFF THEATER
von links_Desi Bonato_dancer/choreographer; Leonie Wahl, dancer/choreographer, Gründerin, künstlerische Leiterin orgAnic reVolt; Ernst Kurt Weigel, künstlerischer Leiter und Geschäftsführer OFF-Theater Wien, „Bernhard Ensemble; Mag. Christina Berzaczy
(Regie- und Dramaturgieassistenz)
; Nadine-Melanie Hack, BA
(Social Media)

Herzlichen Dank für die spannenden Probeneinblicke, das outdoors Fotoshooting, das Interview und die Gespräche mit Euren tollen Team!

Viel Freude und Erfolg für die Premiere von „AnotherR – Die Wirklichkeit ist ganz woanders!“ am 30.9.2002 im Off Theater/White Box Wien!

AnotherR _ DAS OFF THEATER, WHITE.BOX, Kirchengasse 41, 1070 Wien _ 30.9./1.10.2022 20h

Koproduktion orgAnic reVolt / DAS OFF THEATER

Die Wirklichkeit ist ganz woanders!

Eine Tanz Performance über den Einfluss virtueller Realitäten auf uns Menschen, unsere Körper, unsere Bewegungen, unsere Emotionen und dadurch auf die gesamte Gesellschaft.

Reality is somewhere else!

A dance performance about the influence of virtual realities on us humans, our bodies, our movements, our emotions and thus on the entire society.

Tanz, Choreografie: Desi Bonato und Leonie Wahl https://www.leoniewahl.com/news
Musik: b.fleischmann
Outside eye: Ernst Kurt Weigel
Lichtdesign: Julian Vogel

Dauer: 45″

Datum / Date:

30. Sept. & 1. Okt., jeweils 20:00 Uhr

DAS OFF THEATER, WHITE.BOX, Kirchengasse 41, 1070 Wien

Programm

„AnotherR – Die Wirklichkeit ist ganz woanders!“ _
Leonie Wahl (rechts im Bild) / Desi Bonato_dancer/choreographer _ Wien

Interview und alle Fotos _ Walter Pobaschnig

https://literaturoutdoors.com 9_22

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