

Station bei Falco _ Wien _65.Geburtstag Falco, Sänger, Musiker (19.2.1957 Wien +6.2.1988 Dominikanische Republik)
Liebe Nicky, wir sind hier unterwegs auf der Wiedner Hauptstraße im 5.Bezirk Wiens, in dem der Sänger/Musiker Falco (*1957 Wien +1998 Dominikanische Republik) aufgewachsen ist und auch seine so erfolgreiche Musikkarriere begann.

Um die Ecke hier in der Ziegelofengasse ist Falco aufgewachsen in der SVS (Sozialversicherungsanstalt) in der Wiedner Hauptstraße hat Falco eine Zeit lang gearbeitet. Seine Mutter dürfte da die Fäden gezogen haben. Die Musik war aber natürlich im Mittelpunkt seines Lebens.



Mit vier Jahren bekam er ja ein Klavier und man stellte ein absolutes Gehör fest. Mit siebzehn Jahren beginnt er E-Gitarre zu spielen, schließlich wird es dann der E-Bass, dann besucht er das Musikkonservatorium, bricht es ab und geht nach Berlin. Kehrt zurück und schreibt hier zu Beginn der 1980er Jahre den „Kommissar“ in der Wohnung in der Ziegelofengasse. Eine Weltkarriere beginnt.

Welche Berührungspunkte gab es von Dir bisher zu Falco?
Das begann in der Kindheit. Ich habe da in der Familie Shows vorbereitet, bei denen die Eltern zusehen mussten (lacht). Da kam schon der eine und andere Falco-Klassiker vor, wie Rock Me Amadeus oder Jeanny. Die mitreißende Musik, der Rhythmus standen dabei im Mittelpunkt und wir haben da fleißig mitgesungen (lacht). Die Qualität der Texte, diese besondere Form und Performance von Wort und Musik bei Falco, wurde mir erst später bewusst.

Falco ist nach wie vor ein Star. Ich interessierte mich auch im Tanz, Schauspiel für Projekte dazu, etwa im Falco-Musical.

Wir sind jetzt hier an der Abzweigung Wiedner Hauptstraße/Ziegelofengasse beim Gebäude der SVS. Du selbst hast auch lange hier im Bezirk gewohnt und betreibst auch ein Tanzstudio hier. Was schätzt Du hier besonders?
Ich liebe den 4. und 5.Bezirk und kann verstehen, dass sich Falco da wohlgefühlt hat (lacht). Es ist ein cooler Bezirk, der nah am Zentrum liegt aber auch eine Art Nachbarschaftskultur pflegt.



Ein Treffpunkt hier ist etwa „Rudis Beisl“ mit ausgezeichneter Wiener Küche und auch vielen Erinnerungsstücken. Falco war bestimmt auch da (lacht).

Hier in diesen Straßen liegen die persönlichen Anfänge des Musikers Falcos, gleichsam im Herzen Wiens.
Du bist auch in Wien geboren und aufgewachsen. Wie war Dein Weg zum Schauspiel und zum Tanz, zur Musik?
Ich habe früh zu tanzen begonnen und mit sechs Jahren dann Ballett Unterricht genommen. Es gab dann eine Pause und dann setzte ich den Weg fort und studierte in Graz an der Musicalakademie und habe dann das Studium in Wien abgeschlossen.

Ich war dann in verschiedensten Theaterproduktionen tätig. Mit den Kindern habe ich dann aus organisatorischen Gründen auch den Film stärker in den Focus gesetzt, da es zeitlich einfacher ist und es auch viel Freiraum für eigene Projekte ermöglicht.

Workshops und ein Aufenthalt in Los Angeles für zwei Monate waren weitere Stationen am Weg, in denen ich auch die Liebe zum Schauspiel neu entdeckte.

Falco hat ja eine Tournee durch die USA abgelehnt, ebenso ein Duett mit Madonna. Was könnten Gründe dafür gewesen sein und wie ist es für Dich als Künstlerin für Projekte aufzubrechen?
Ich würde ein Duett mit Madonna nicht ablehnen (lacht).


Die Gründe dafür liegen bei Falco vermutlich tiefer. Im März 1986 gelang es ihm ja erstmal mit einem deutschsprachigen Song an die Spitze der US Charts zu kommen. Das war ein Höhepunkt für die gesamte deutschsprachige Musik und gelang seitdem nicht mehr. Vielleicht liegen in diesem großen Erfolg auch die Gründe für die Zurückhaltung dann noch weiterzugehen.

Ich selbst sehe mich etwas als eine „Nomadin“ und liebe es aufzubrechen, zu reisen und Neues zu entdecken. Privat wie als Künstlerin. Ich teile dies mit meinem Partner. Natürlich gibt es Strukturen, Vertrautes und Alltag und da auf- und auszubrechen erfordert sehr viel Mut. Das ist wohl in jedem Beruf so.

Wir biegen jetzt in die Ziegelofengasse ein und spazieren zur Wohnung Falcos. Was macht für Dich die Faszination seiner Musik und Persönlichkeit aus?
Falco ist immer seinen Weg gegangen. Es war ihm egal was die Anderen sagen. Das ist in der Kunstbranche sehr beeindruckend, weil es viele Einflüsse von allen Seiten gibt. Aber er hat sich da nicht verbogen und verbiegen lassen.

Er war auch ein Grenzgänger und neben dem Erfolg war auch viel Einsamkeit.
Seine Songs, die selbst geschriebenen und auch die für ihm geschriebenen, sind einzigartig und man spürt das „Schwingen seiner Feder“ in ihnen.

Falco war ein Künstler der Sprache. Auch der Rhythmik. Einen Falco-Song zu singen, ist für jeden professionellen Sänger eine Herausforderung.
Die Sprachmelodik, die spezielle Rhythmik, das Betonen der Wörter, die Gewichtung, die er in Sätze, Strophen legt, das ist sehr beeindruckend.



Tanz ist auch ein künstlerischer Schwerpunkt von Dir. Wie kann man zu Falco Songs tanzen?
Das ist gar nicht so einfach (lacht). Es braucht da schon eine besondere Choreografie, die der Musik gerecht wird.
Man sieht dies ja auch in seinen Video-Clips, da muss alles etwas ausgefallener sein, um zur Musik zu passen.

Wie siehst Du Falco als Tänzer in seinen Video-Clips?
Man kann auch da sagen, dass er sich selbst erfunden hat. Er war nicht jemand, der etwas nachgemacht hätte. Er hat einfach selbst gemacht und meistens kam etwas Großartiges dabei raus. Auch im Tanzschritt, seiner Choreografie.

Du hast heute einen großartigen 80er style zum Fotoshooting/Interview gewählt. Welchen Zugang hast Du zu den 1980er Jahren an sich?
Mir gefällt der Stil der 80er. Ich stöbere auch hin und wieder im Kleiderkasten meiner Mutter. Besonders gefallen mir da etwa die weit geschnittenen Jacken mit Schulterpölstern, die liebe ich sehr.
Der Modestil der 80er war auch sehr androgyn. Die Zeit war sehr mutig und verspielt in allem.

Die Betonung der Weiblichkeit fehlt mir etwas im 80er Stil. Dies heute zu verbinden, finde ich sehr spannend.
Wir nähern uns der Wohnung Falcos.
Ich frage mich gerade, konnte Falco als Topstar eigentlich außer Haus gehen und hier spazieren oder zum nahegelegenen Naschmarkt gehen? Ich bin mir da unsicher, ob Falco so herumgeschlendert ist, wie wir gerade (lacht).
Dieser Verlust von Normalität ist sicherlich eine große Herausforderung und auch Belastung gewesen.
Wie siehst Du die Umstände seines Todes?
Sehr tragisch. Vielleicht liegt die Antwort darauf still in diesen Gassen der Kindheit. Das ist auch gut so.

Als Künstler hätte er bestimmt noch Großartiges geschaffen und seine weiteren Schritte wären sehr spannend gewesen.
Gerne hätte ich auch mit ihm in einem Wiener Cafè geplaudert (lacht).

Wir sind beim Wohnhaus, an dem eine Falco- Gedenktafel angebracht ist, angekommen.
Ich möchte hier wohnen (lacht). Ein wunderbares Alt-Wiener Haus ist es, daneben ein Gasthaus mit Sitzgarten zum Innenhof.

Hier spielte Falco als Kind und später verbrachte er wohl auch viel Zeit mit Projektarbeit hier. Vielleicht schrieb er ja auch hier im sonnigen Hof (lacht)?
Sind Orte für Dich als Künstlerin eine Inspiration?
Orte sind für mich Fluchtpunkte, um abzuschalten.

Generell bin ich ein sehr neugieriger Mensch und liebe es Lebensräume zu erkunden und zu entdecken. Und dieser hier ist ja ein ganz besonderer.
Wir sind jetzt hier im sonnigen Innenhof des Falco-Hauses. Denkst Du jetzt an einen bestimmten Song von Falco?
Ich stelle mir gerade vor, wie es ja auch auf der Gedenktafel vor dem Haus vermerkt ist, dass Falco in seiner Wohnung im ersten Stock sitzt, Polizei rast mit Blaulicht auf der nahen Margarethenstraße vorbei und er schreibt mit Zigarette und Blick aus dem Fenster im beginnenden Abend…“… drah di net um …der Kommissar geht um… …“.

Du bist sehr vielseitig als Künstlerin. Welche Wege gehst Du da?
Es führt bei mir kein Weg an der Kunst vorbei. Ob in der Familie oder meinen Projekten, Kursen, die ich gebe im Studio. Kunst ist da und sie ist es mit einem Lächeln, auch bei den Teilnehmenden (lacht).
Kunst ist bei mir immer mitten im und aus dem Leben.

Wenn Falco jetzt hier in den Hof kommen würde, was würdest Du ihn fragen?
Ah, Du lebst noch? Wo warst Du so lange (lacht)?
Abwesenheit und Anwesenheit sind in einem Leben nicht zu trennen. Was wir geträumt, geliebt, gelebt haben und was auch zerstört hat, ist stumm an Lebensorten zu finden.

Du bist wie Falco in Wien geboren und aufgewachsen? Was bedeutet Dir Wien?
Wien ermöglicht ein wunderbares Stadtleben. Das ist auf der Welt sehr selten.


Station bei Falco _ Wien _65.Geburtstag Falco, Sänger, Musiker (19.2.1957 Wien +6.2.1988 Dominikanische Republik)
Darf ich Dich abschließend jetzt hier im Gang vor Falcos Wohnung zu einem Falco-Akrostichon bitten?
F ernweh
A symetrie
L ust
C haotisch
O ma (Falco übernahm im Haus die Wohnung seiner Großmutter)


Station bei Falco _ Wien _65.Geburtstag Falco, Sänger, Musiker (19.2.1957 Wien +6.2.1988 Dominikanische Republik)
Herzlichen Dank, liebe Nicky für diesen wunderbaren gemeinsamen Spaziergang auf den Lebensspuren Falcos in Wien! Schöne Sommertage und alles Gute!
Station bei Falco_
65.Geburtstag_Falco, Sänger, Musiker (19.2.1957 Wien +6.2.1988 Dominikanische Republik) _ im Gespräch und 80thies reenacting Fotoportrait:
Nicky Gerzabek_Schauspielern/Sängerin _ Wien
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