„Romy Schneider wollte sich selbst überraschen“ Peta Klotzberg, Schauspielerin _ 40.Todesjahr Romy Schneider _ Wien 31.7.2022

Peta Klotzberg_Schauspielerin, Sängerin, Klangkünstlerin_Wien_acting Romy Schneider _
_ Hotel „Der Wilhelmshof“ Wien _
40.Todesjahr Romy Schneider
, Schauspielerin (+1938 Wien +1982 Paris)

Liebe Peta, welche Bezüge, Zugänge gibt es von Dir zu Romy Schneider?

der impuls für die auseinandersetzung mit dem menschen und der schauspielerin Romy Schneider war dieses interview und fotoshooting. danke also dafür, walter, dass es mich in die welt dieser faszinierenden person entführt hat.

Gibt es einen Film von Romy Schneider, den Du hervorheben möchtest und warum?

Der film „Gruppenbild mit Dame“ (1977, regie: aleksander petrovic, basierend auf dem roman von heinrich böll, wird in meinen augen und in meiner wahrnehmung vom großen schauspielerischen können Schneider´s getragen. auch die herausforderung einer literaturverfilmung ist hier gelungen. auch die frühen filme „Mädchen in Uniform“ (1958, regie: géza von radványi) finde ich beachtlich, weil es ein erster, von vielen, wendepunkt in Schneider´s schauspielkunst zeigt, raus aus der Sissy-figur in neue facetten und darstellungsformen. es ist nicht leicht, sich aus so einem korsett zu befreien, und es ist ihr so gut gelungen. vor allem insgesamt, die vielfältigkeit ihrer so umfassenden arbeit verblüfft mich, lässt mich staunen: experimentelle filme, komödien, politische dramen, romanzen… in deutsch, (englisch), französisch.

Romy Schneider spielte in ihren Filmrollen sehr intensiv und ausdrucksstark, auch körperlich, und ging bis an die Grenzen des persönlich Möglichen. Etwa in den Filmen „Nachtblende“, „Trio infernale“ oder „Die Spaziergängerin von Sans-Souci“. Wie siehst Du als Schauspielerin die Darstellerin Romy Schneider?

ich denke, Romy Schneider war sehr ehrgeizig in ihrem tun. wenn sie das gefühl hatte, eine rolle zu wollen, hat sie darum gekämpft, so vermittelt es sich mir in den interviews. eine gewisse angst schwingt da mit, meine ich zu spüren, dieses ständige sich selbst (und am nebenschauplatz den anderen, der weltöffentlichkeit) beweisen zu wollen, zu müssen, dass sie „es“ kann, noch immer kann, wieder kann, besser, anders. Romy Schneider wollte sich selbst überraschen, sie wollte nie, nie stehen bleiben, das hat sie schon ganz früh gesagt, „mich auf meinem erfolg ausruhen, das kann ich nicht“. sie war immens selbstreflektiert, was ihre arbeit, die rollenauswahl, regisseure, spielpartner anging, sie wusste sehr gut, was ihr zu diesem zeitpunkt ihres lebens gut tut, was sie weiterbringt. Hatte ein auge auf die geschehnisse ihrer branche. sie war pushy, aber in einem sehr produktiven, ich finde positiven sinn. und neugierig. und, natürlich, hochprofessionell. es scheint ihr freude gemacht zu haben, sich selbst immer neu, mit neuen seiten zu entdecken, ihre talente, ihre ausdrucksmittel zu verfeinern, zu variieren, zu vertiefen, rastlos und suchend.  

Müssen Mensch und Rolle sich immer ganz nah, intensiv berühren, um diese zu spielen und auch das Publikum berühren zu können?

es muss – wie immer im leben auch im spiel – gar nichts sein. manche  rollen sind erfahrungsgemäß mehr arbeit, manche gehen leichter von der hand, der seele, aber unabhängig von der nähe zum eigenen charakter, zum selbst, ich hätte da keine regelmäßigkeiten festgestellt bisher.

Gibt es Momente in einer Darstellung, in der sich gleichsam die Kontrolle über die Rolle verlieren kann? Und wenn ja, was holt einen dann zurück?

ja.

das können ganz besonders magische und „heilige“ momente sein, oder ganz furchtbare, grottenschlechte. fast immer ist es bei mir auch nach einer vorstellung so: es dauert (bei mir) immer ein paar stunden, bis ich „runterkomme“. dann spaziere ich….lange…bis der boden zurückkommt,. ein schönes gefühl ist das, sich in der sache zu verlieren.

Würdest Du einen Film von Romy Schneider gerne spielen und wenn ja, warum?

„Eine einfache Geschichte“. inhaltlich gesehen so einfach und so dicht, die bilder auch sehr erzählerisch. sowie „Die Frau am Fenster“.

Es gibt von Romy Schneider sehr viele Fotoserien. Gibt es eine Serie, die Du hervorheben möchtest?

es ist für mich tatsächlich die serie im bretonischen seebad quiberon, als sie dem stern ein interview gab, die fotos von robert lebeck eine der eindringlichsten und berührensten fotostrecken. obwohl ich das eigentlich gar nicht reihen oder werten will, denn Romy Schneider war in jeder phase und mit jeder faser ihres lebens spannend, in natura und vor der linse. berührend sind auch die aufnahmen mit ihren kindern, allerdings  überschreiten solche bilder in meiner welt grenzen der privatheit. die fotos, die im zuge der dreharbeiten zu „Der Swimmingpool „ entstanden, vermitteln auch so viel von ihrem esprit.

Wie siehst Du Romy Schneider vor der Fotokamera? Ist sie da Schauspielerin oder Privatperson oder beides?

ich denke und hoffe, sie war schauspielerin, ich denke, sie konnte meist ihre grenzen gut wahren und hatte kontrolle über die arbeit. andererseits kann ich in den interviews eine ernsthaftigkeit verorten, ein bemühen, fragen für sie richtig und passend zu beantworten, auch ein ehrliches verstehen-gewollt-werden, eine permanente echte reflexion, …

mh…es bleibt wohl ihr geheimnis, und das ist gut.

Auch unser Projekt ist ein szenisches Foto/Interviewprojekt. Wie hast Du Dich im Vorfeld darauf vorbereitet und was ist Dir dabei wichtig?

interviews, youtube, und filmausschnitte, fotos. ich habe mich vor allem von ihrer sanften, vollen, runden stimme in bann ziehen lassen, die ist sehr charismatisch und verführerisch. die will erzählen, und sie will verstanden und gehört werden, das hört mensch dieser stimme an.

Wie siehst Du das Spannungsverhältnis von Öffentlichkeit und Schauspielberuf bei Romy Schneider wie an sich?

Romy Schneider stammt ja aus einer schauspielfamilie, mit 15 Jahren hatte sie ihr erstes engagement, sie ist damit groß geworden, eine person des öffenltlchen lebens zu sein. ob es das leicher macht? ich glaube, ja. aber ich muss daran denken, wie wütend sie war, zurecht, klarerweise, als nach dem tod ihres sohnes fotos veröffenlticht wurden. man denkt, es müsse doch grenzen geben, aber nein, unsere welt ist recht grenzenlos, ausbeuterisch und profitorientiert im unguten sinn. ich stelle mir diesen tanz mit der öffentlichkeit recht schwierig vor, es ist ja auch eine abhängigkeit dabei, voneinander, für beide seiten. einfach ist es nicht.

Romy Schneider wechselte nach großen Schauspielerfolgen in den 1950er das Filmgenre wie das Land. Wie siehst Du die Möglichkeiten persönlichen Entwicklungsweges im Schauspielberuf?

ich sag mir das jetzt schon seit einigen jahren, ich sollte unbedingt mal wieder raus aus diesem doch recht engen, engstirnigen land. Der norden, da zieht es mich hin,, amsterdam, kopenhagen, oder london. mal sehen, vielleicht lässt sich ein stipendium ergattern… neues sehen, andere kulturen und sichtweisen erleben, das ist eine gewisse verpflichtung in unserem beruf.

Wie war Dein Weg zum Schauspiel und welche Erfahrungen hast Du in Wien im Schauspielberuf gemacht?

kurvenreich, verschlungen und auch abgründig. ich bin da hineingerutscht, auch oft ausgerutscht, wieder rausgerutscht, um wieder hineinzuschlittern.. es klingt so, und es ist so, ich habe da kaum kontrolle darüber. ich will bloß geschichten erzählen, und so lange menschen da sind, die das mit mir gemeinsam tun wollen, geh ich den weg. zusammen.

Was wünscht Du Dir für den Schauspielberuf?

fairness. das besonders regisseure verstehen, dass wenn sie ein netz schaffen, wenn sie vertrauen im spieler der spielerin wecken können, dass dann potential entfaltet werden kann, dass ressourcen voll ausgeschöpft werden. das es gilt das ensemble ganzheitlich zu stärken und zusammenspiel zu fördern, weil wir dann alle das publikum besser hineinziehen können in das geschehen. Miteinander statt gegeneinander, nicht nur wegen der menschlichkeit und dem seelenfrieden, sondern schlicht auch hinsichtlich  effizienz und erfolgsaussicht, und ich wünsche mir mehr zeit für jedes einzelne projekt, um mehr in die tiefe gehen zu können, um den raum zu erforschen, die rolle, das sickern lassen. ja, zeit. Ich habe das gefühl, dass ich derzeit ziemlich drum kämpfen muss, länger an einem projekt bleiben zu können.

Was sind Deine kommenden Projekte?

wir bauen derzeit unsere beiden gesangs/klangprojekte „Frauen S(s)timmen“ – hier fehlen gefühltermaßen noch so viele wichtge liedermacherinnen im programm – und die klangkunstschiene LIQUIDinfinit weiter aus, das oben erwähnte feilen und schleifen an bestehendem , das ist sehr wertvoll erachte, auch zufriedenstellend. das stationentheaterstück „erstrahlen“ wird im herbst in 1050 und 1090 wien wieder aufgenommen, und wir schreiben gerade konzepte und texte für das nächste lab42 stück „fortunate water“.

Was möchtest Du Schauspielstudenten*innen mitgeben?

„Data „ aus StarTreck hat es so schön gesagt: „The trick ist o not mind it“ und,

um es mit Beckett zu erweitern: „Dance first. Think later. It´s the natural order.“

Wie siehst Du die Umstände des Todes von Romy Schneider?

dazu möchte ich mich nicht äußern.

Was würdest Du Romy Schneider sagen, fragen wollen?

auch das bleibt bei mir.

Was kann eine Schauspielerin von Romy Schneiders Werk und Leben mitnehmen?

vieles. alles. Romy Schneider zu studieren, zu betrachten, zu verstehen – da kann mensch unglaublich viel über schauspielkunst lernen!

Romy Schneider hat auch viele Interviews gegeben. Gibt es ein Interview, das Dich besonders anspricht und möchtest Du vielleicht ein Zitat hervorheben?

„Ich kann alles im Film, im Leben nichts“. Ich glaube das nicht, aber ich verstehe den grundgedanken. es ist, so schwierig und anstrengend und emotional es auch ist, das schauspiel  – ein spiel.

Darf ich Dich abschließend zu einem Romy Achrostikon bitten?

R eibungsfläche bist Du, verschenkst dich

O hne zu zögern, ohne mit der Wimper zu zucken

M it offenen Armen, Herzen,  Deine Leben – wie eine

Y acht in weiter See.

Peta Klotzberg_Schauspielerin, Sängerin, Klangkünstlerin_Wien_ acting Romy Schneider

40.Todesjahr _ Romy Schneider, Schauspielerin (*1938 Wien +1982 Paris) 

Interview und alle Fotos_Walter Pobaschnig _Wien_7.2022

Hotel Wilhelmshof Wien_

Herzlichen Dank, liebe Peta, viel Freude und Erfolg für alle Projekte!

https://literaturoutdoors.com

Walter Pobaschnig 7_22

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s