„Die Welt schreit nach so vielem“ Leonie Berner, Schauspielerin _ Heilbronn/D 19.7.2022

Liebe Leonie, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Zur Zeit ist mein Tagesablauf auch für mich neu. Ich bin frisch in eine neue Stadt gezogen und bin überall neu und noch am Entdecken.

Im Grunde stehe ich um 8:30 auf. Ich frühstücke Haferflocken mit Apfel, das bereite ich am Abend vorher immer schon zu. Und dazu trinke ich einen Kaffee und schaue die Nachrichten. Zähneputzen, waschen, einschmieren, anziehen. Dann steig ich aufs Rad und fahr ca. 7 min zum Probezentrum. Dort zieh ich das Probekostüm an und um 10:00 beginnt meistens die Probe. Die geht unterschiedlich lang aber spätestens bis 14:00.

Dann fahr ich mit dem Rad zurück in die TheaterWG, die ich nur zurzeit habe, bis ich eine eigene Wohnung habe.

Ich esse zu Mittag und schau mir eine Serie an.

Jetzt mach ich Organisatorisches oder räum auf, wasche Wäsche, bewege mich, manchmal kann ich 30 min schlafen. Gegebenenfalls treffe ich mich zum Text lernen mit Kolleg:innen.

Um 18:00 mach ich mir nochmal einen Kaffee und um 18:30 fahr ich wieder mit dem Rad zum Probezentrum. Von 19:00-22:00 habe ich dann Probe. Wenn Vorstellung ist muss ich bereits um 17:30 in der Maske sein. Dann spiele ich bis zurzeit ca 22:30 oder 23:00.

Danach gehe ich mit Kollegen noch auf eine Cola oder einen Wein oder fahre nachhause. Mach mir was zum Essen und schaue Serien. Oft skype ich dann mit meinem Freund. Dann duschen, Zähne putzen, schmieren, Haferflocken vorbereiten. Dann ins Bett und versuchen zu schlafen.

Leonie Berner, Schauspielerin

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Ich kann mich ehrlich nicht entscheiden. Ich habe das Gefühl die letzten Jahre haben uns alle, Mensch und Welt, so ausgemergelt. Die Welt schreit nach so vielem, dass ich mir nicht sicher bin, was man ihr zur erst geben soll, geschweige davon was möglich ist.

Ich glaube die Welt… braucht Ruhe. Da sollten wir alle weg. Wäre die Welt ein Patient müsste sie jetzt mal lange Ruhe brauchen und sich erholen.

Die Menschen… verschieden. Denk ich. Manche bräuchten einen Arschtritt. Andere Wärme und Zuversicht. Dumm ausgedrückt bräuchten die Menschen ein Etwas wie Schlagobers. Eine Vereinigung von etwas Weichem, Gepolstertem, zusammenklebend, dicht ohne drängend. Massig, aber nicht schwer.

Ich kann es nicht wirklich anders beschreiben… weil ich das Gefühl habe, jedes existierende Adjektiv wird Zeiten wie diesen nicht gerecht.

Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Theater/Schauspiel, der Kunst an sich zu?

Uff die Frage: ist theater systemrelevant?

Da kann man denk ich streiten. Ich kann verschiede Meinungen total verstehen.

Ich persönlich denke zurzeit… Theater und Schauspiel ist wichtig. Aber nicht systemrelevant.

Allerdings sehe ich Kunst im Allgemeinen als systemrelevant. Einfach schon ganz simpel als Ausdrucksform. Als Ventil, Ablenkung, Hoffnungsbringer. Da kommt dann die Frage wo beginnt Kunst und in dem Fall rede ich von allem was so bisschen kreativen Ursprung hat. Zusammen singen, Geschichten erzählen und wenn es das Pfeifen eines Liedes zur persönlichen Aufmunterung ist. Ich glaube Ausdruck der Seele ist systemrelevant.

Unabhängig davon ist, finde ich Theater und Film in diesen Zeiten auch sehr wichtig und mächtig und ich denke Theaterschaffende und Filmschaffende haben da viele verschiedene Aufgaben. Es geht, finde ich, um Kritik an der Gesellschafft, auch um das Weiterführen „wohin kann das führen“, aber auch manchmal Utopien schaffen: „so kann es doch vielleicht auch mal sein“ bis hin zu der Möglichkeit, wo Menschen vielleicht für zwei Stunden sich ablenken und Kraft schöpfen können. Ablenken und Verdrängen ist ein Luxus, schon klar.

Das alles sind Teile davon, wie ich das sehe, aber da kommen noch viele weitere Komponenten dazu.

Was liest Du derzeit?

Verfolgung von David Lagergrantz und Stieg Larsson. Ich mag Krimis und hab mich in den Charakter der Lisbeth verguckt

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

„Alle großen Leute sind einmal Kinder gewesen, aber wenige erinnern sich daran.“ – Kleiner Prinz

Vielen Dank für das Interview liebe Leonie, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Theater-, Schauspielprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute! 

5 Fragen an Künstler*innen:

Leonie Berner, Schauspielerin

Foto_Daniel Kastner

14.7.2022_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

https://literaturoutdoors.com

Ein Gedanke zu „„Die Welt schreit nach so vielem“ Leonie Berner, Schauspielerin _ Heilbronn/D 19.7.2022

  1. Ich freue mich über die enorme Entwicklung dieser jungen Künstlererin und Wünsche ihr alles Liebe und Gute, toi, toi, toi, 3 x über die linke Schulter gespuckter und nur so weiter ! H. B. Opa

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