„Zu Neuem zu stimulieren, das ist eine wichtige Aufgabe der Literatur“ Marco Grosse, Schriftsteller _ Bonn 13.7.2022

Lieber Marco, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Da ich mich zur Zeit im Urlaub am Meer befinde, beginnt mein Tag mit schwimmen.

Danach frühstücke ich, anschließend lese oder schreibe ich etwas. Ich versuche gerade ein Buch fertigzustellen, dass ich diesen Sommer beenden möchte. Nach dem Mittagessen ruhe ich mich aus, die klassische Siesta. Dann wird wieder gelesen, geschrieben und am späten Nachmittag geht es wieder ans Meer. Hin und wieder mache ich mit meiner Familie Ausflüge.

Marco Grosse, Schriftsteller

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Wir müssen innerlich wieder frei werden. Freiheit ist ein Wort, das zuletzt selten vorkam, dessen Bedeutung oft missverstanden wird. Wir müssen offen bleiben und uns nicht in einer Blase verschließen. Dies könnte andernfalls längerfristig zu Intoleranz und Furcht vor Andersdenkenden führen. Toleranz heißt, die Existenz anderer Meinungen zu akzeptieren, sich mit anderen Vorstellungen auseinanderzusetzen und bereit zu sein, sich auch überzeugen zu lassen.

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?

Sicherlich ist in den letzten Jahren durch eine Reihe von Ereignissen einiges aus dem Gleichgewicht geraten. Grundlegende gesellschaftliche Mechanismen müssen wieder verstanden werden. Werte, die überzeugt haben, sollten bestätigt werden. Jetzt bieten sich aber auch viele Möglichkeiten einer Neuausrichtung an. Alle Kulturschaffenden sind gefragt, das Denken zu fördern und von jedem zu fordern. Sich nicht mit Vorgegebenem zufriedengeben, auch zu hinterfragen, gesellschaftliche Missstände aufzuzeigen, zu Neuem zu stimulieren, das ist eine wichtige Aufgabe der Literatur und der Kunst.

Was liest Du derzeit?

Massimo Bontempelli, „Gente nel tempo“.

Joachim Sartorius, „Die Prinzeninseln“.

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

Hannah Arendt: „Kein Mensch hat (nach Kant) das Recht zu gehorchen.“

Federico Fellini: „Der einzig wahre Realist ist der Visionär.“

Vielen Dank für das Interview lieber Marco, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute! 

5 Fragen an Künstler*innen:

Marco Grosse, Schriftsteller

Foto_privat

9.7.2022_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

https://literaturoutdoors.com

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