Liebe Bettina, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Mein Wecker klingelt um 07:07 Uhr (ich liebe die Sieben), manchmal bin ich vorher wach. Ich mag es, ein wenig Zeit zu spüren und langsam sein zu dürfen, bevor der Tag seine Imperative rausholt.
Meine Arbeit als Bestatterin kann sehr unterschiedliche Elemente enthalten: Gespräche mit Angehörigen, Totenfürsorge, Trauerfeiern, Verstorbene vom Sterbeort abholen, Schreibtischarbeit und Formalitäten, vorbereiten von Ritualen und Zeremonien.
Da ich, zwar nur noch wenig, auch als freie Texterin arbeite, sitze ich abends manches Mal am Schreibtisch und schreibe noch.
In den freien Momenten schreiben sich meine Gedichte aufs Papier und die Geschichten.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Ich weiß es wirklich nicht. Es gibt manches, was mir zeitlos wichtig erscheint. Das Innehalten zum Beispiel. Das Wundern. Das Hinsehen, Zuhören, Aussprechen. Der Mut. Das Miteinander.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Der Mut wird wesentlich sein. Die Bereitschaft sich selbst und die Welt wirklich anders zu denken und zu leben. Literatur und Kunst empfinde ich als Wegweiser, Heimat von Utopien und atemberaubenden Ausdruck des Menschseins. Sie ist ein Motor, eine Lupe, ein Zufluchtsort, ein Seziermesser, eine Hoffnung, ein Pflaster und eine Wonne.
Was liest Du derzeit?
Don DeLillo – Die Stille
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
„Es gibt kein Dazwischen“, sagte ich. „Jeder Ort, an dem wir vorbeifahren, ist in diesem Moment hier. Dazwischen ist eine Illusion.“
(Russel Hoban – Turtle Diary)
Vielen Dank für das Interview liebe Bettina, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Bettina Strang, Schriftstellerin
Foto_Clarke Voss
21.6.2022_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.