

Wien
Liebe Ines, herzlichen Dank für Dein Kommen zu einem Fotoshooting und Interview in Wien mit Themenschwerpunkt Romy Schneider, Schauspielerin (*1938 Wien +1982Paris).
Romy Schneider ist in Wien geboren. Ihr späterer Lebensmittelpunkt war Paris.
Du hast Dir in Paris die aktuell laufende Ausstellung „Romy Schneider à La Cinémathèque Française“ zum 40.Todesjahr der österreichischen Schauspielerin angesehen. Welche Eindrücke hast Du da mitgenommen?
Die Ausstellung ist ein sehr schöner Abriss ihres künstlerischen Lebens. Es beginnt mit den ersten Filmen in sehr jungen Jahren und führt aufmerksam zu jenen ihrer letzten Lebensjahre. Diese Schritte und Etappen einer Schauspielkarriere und eines Lebensweges sind umfangreich dargestellt. Es sind viele Eindrücke mitzunehmen, gerade auch wie sie in Frankreich um ihren Weg als Schauspielerin gekämpft hat. Sie hat ja mit so bedeutenden Regisseuren der Zeit gedreht. Ihre Darstellung, ihre Präsenz in diesen Filmen war und ist einmalig. Egal, wer neben ihr stand, der konnte auch nachhause gehen (lacht).

Interessant war für mich auch, dass Romy Schneider in ihren letzten Filmrollen jeweils im Film gestorben ist. Was ja dann auch real geworden ist. Das fand ich sehr beeindruckend.

Wäre Paris auch für Dich eine interessante Option im Schauspiel?
Ja, natürlich, ich würde wahnsinnig gerne beruflich in Paris arbeiten. Wenn sich irgendeine Kooperation da ergibt, würde ich sofort Ja! Sagen (lacht).

Welche Bezüge gibt es von Dir zu Romy Schneider?
Meine Familie, Oma, Tante, alle waren Romy Schneider Fans. Meine Großmutter war sehr vernarrt in Romy Schneider und ich hatte mit sieben Jahren mit ihr schon alle Sissy Filme und mehr gesehen. Ich habe dann die Rollen schon als Kind nachgespielt und mich etwa als Sissy verkleidet.

Welche Filme von Romy Schneider schätzt Du besonders?
Jeder ihrer Filme hat einen besonderen „Romy Schneider“ Charakter. Es ist schwer da einen hervorzuheben. Jeder Film packt, ergreift, lässt staunen und bewundern.
Ich mag „Swimming Pool“ (1969) und „Trio infernal“ (1974) aber sehr gern. Aber es gibt so viele.

Die „Die Spaziergängerin von Sans-Souci“ (1982) drehte Romy Schneider nach dem Tod ihres Sohnes David (+1980) und auch darin geht es um den Tod eines Jungen. Sie wollte sich da selbst zerfleischen, vielleicht um einen Zugang zu ihrem Schmerz zu bekommen. Ich will mir aber nicht anmaßen, darüber etwas zu sagen. Aber es hat mich schockiert.

Welche Inspiration geht von Romy Schneider 40.Jahre nach ihrem Tod für Dich als Schauspielerin heute aus?
Diese Größe, es ist diese innere Größe. Ich finde es sehr beeindruckend, dass Romy Schneider eine so stolze, anmutige, zeitlose Person ist.

Alles was Romy Schneider im Schauspiel macht, macht sie mit einem Stolz. Und das ist faszinierend. Das ist so ein Leuchten von Innen, so eine Kraft und gleichzeitig auch eine Gefährlichkeit, weil es kein Vorausschauen gibt. Ich denke, sie wusste selbst auch nicht was als Nächstes passiert. Sie hat mit aller Kraft gespielt!

Jeden Satz, den Romy Schneider im Film spricht, der ist echt. Sie will diesen Satz sagen.

Wie siehst Du die Beziehung von Schauspiel und Leben?
Es hat für Romy Schneider kein Leben außerhalb des Films gegeben. Eine Lebensorientierung, -richtung ohne Film, Schauspiel gab es nicht und war nicht vorstellbar. Und gleichzeitig konnte sie auch nicht darin leben. Das ist dieser Zwiespalt.

Wenn Du Schauspielerin bist, geht es nicht anders. Du kannst als Schauspielerin nicht so tun als würde dich das Leben nur interessieren und nicht mehr.
Du bist Schauspielerin oder Du bist es nicht. Da gibt es nichts dazwischen. Mit aller Faszination und allem Risiko.

Wie siehst Du den Rückblick, Umgang mit persönlicher, familiärer Vergangenheit bei Romy Schneider?
Sie wusste genau was sie sagte. Sie sagte nicht zu viel und nicht zu wenig. Und dies war immer mit einer Größe verbunden.
Sie lügt nicht, aber sie sagt auch nicht mehr als sie gefragt wird.


Romy Schneider und die Liebe war und ist ein großes Thema. Ingeborg Bachmann schrieb ein Gedicht mit dem Titel „Erklär mir Liebe“. Wie erklärst Du Liebe?
Liebe ist das Gefühl, wo es einem nicht schlecht geht (lacht).

Man muss sich selbst sehr liebhaben, um lieben zu können.

Wer sich selbst nicht mag, kann nicht lieben.

Bist Du eine Frau, die Liebe erklären will, muss?
Nein. Wenn ich mich für einen Beziehungspartner entscheide, dann liebe ich ihn auch. Das ist eine Entscheidung und da kann dann viel passieren, aber es würde die Liebe nicht brechen. Ich bin da entschieden.


Vor einer Liebe bin ich uninteressiert. Aber dann ist es eine Entscheidung. Dann ist es da und geht auch nicht mehr weg.



Romy Schneider ging auch der Liebe wegen nach Paris. Diese Liebe zerbrach. Was lässt für Dich Liebe brechen?
Betrug. Ich kann mit Betrug nicht umgeben. Wenn ich betrogen werde, ist es vorbei. Und umgekehrt ist es auch vorbei.

Ich bin irre treu, aber wenn ich nicht mehr will, dann betrüge ich. Und dann ist es vorbei.

Was lässt Liebe wachsen?
Erlebnisse. Dinge, die man gemeinsam sieht. Wo man sich berührt.

Es sind die Berührungspunkte. Berührung mit sich selbst, gegenseitig. Das sind Momente, an die man sich im Nachhinein erinnert. Das bleibt bestehen und dadurch wird Liebe größer.

Wenn Du nur im Zimmer hängst, wird die Liebe wahrscheinlich weniger, weil es ein gegenseitiges Zerstören ist.



Wir erinnern uns an so wenig.

Gibt es da ein bestimmtes gemeinsames Erlebnis, dass Du in der Liebe immer wieder bewusst abrufst?
Bewusst rufe ich es nicht ab oder thematisiere es. Es ist einfach da. Ich spüre es im Körper, nicht im Kopf.

Romy Schneiders Liebespartner kamen auch aus dem Schauspielbereich. Wie siehst Du Liebe im selben Beruf? Erschwert oder erleichtert dies Liebe?
Es erleichtert einiges. Das Verstehen im Beruf, das Verständnis, ist da. Ob es auf Dauer funktioniert, weiß ich nicht.



Ich kann mich nie entscheiden zwischen Beruf und Liebe. Meistens entscheide ich mich dann für den Beruf. Das ist ja das Problem (lacht).

Ohne Beruf kann ich nicht existieren. Das ist mein Konflikt.

Das erinnert an Romy Schneider.
Was lässt in der Liebe aufbrechen, auch Brücken abbrechen, wie es Romy Schneider im Weg nach Paris tat?
Das ist keine Entscheidung im Kopf. Das passiert einfach. Ich denke da nicht eine Sekunde darüber nach (lacht).

Ich denke, dieses Herumgrübeln in der Liebe bringt nichts. Wenn man eine Entscheidung trifft, ist diese 100% spontan. Dann ist es Liebe. Finde ich. Überlegte Entscheidungen sind bei mir immer komplett falsch.

Entscheidungen in der Liebe sind 100% spontan und unumgänglich. Es passiert dann von selbst. Zumindest war es bei mir immer so.



Gibt es eine Rolle von Romy Schneider, die Du Dir vorstellen könntest, selbst gerne zu spielen?
„Trio infernal“.



Wie siehst Du persönlich eine „Dreiecksbeziehung“?
Sehr kompliziert. Ich denke, es ist am Anfang wahnsinnig aufregend, aber es geht nicht lange.

Ich kann es mir persönlich nicht vorstellen. Ich bin da zu besitzergreifend (lacht).

Wenn ich zwei Freunde hätte, würde es mir selbst leidtun. Ich würde Kopfweh kriegen (lacht).

Mann muss so etwas mögen. Ich kann das nicht. Ich bin da old school (lacht).

Wie siehst Du die Umstände des Todes von Romy Schneider?
Gruselig.

Ich kenne den persönlichen Wahnsinn des Schmerzes, der Traurigkeit, das Schwanken des Lebenssinns, aus Gründen der Trennung oder des Todes von geliebten Menschen, den kennt jeder von uns, aber nicht jenen, der an Selbstmord denken lässt.

Wir sterben von selbst.

Du lebst in Wien, Berlin, Paris. In Städten, in denen auch Romy Schneider gelebt hat. Was macht für Dich die Faszination dieser Städte aus?
Die Größe. Ich bin am Land aufgewachsen. Wenn man vom Land kommt, mag man große Städte sehr gern. Ich kann es mir nicht vorstellen woanders als in großen Städten zu leben.

Ich hatte schon viele Engagements in kleineren Städten. Doch jedesmal brach ich nach einiger Zeit die Zelte ab, weil es zu klein war. Ich will diese Anonymität der Masse in einer großen Stadt und auch das Entdecken dieser Städte im Verborgenen.
Wien ist „schön“ groß. Es ist nicht zu groß und nicht zu klein. Ich mag Wien.

Romy Schneider hat viele Interviews in Wort und Bild gegeben und öffnete dabei Ihr Innenleben. Ist es bei Dir auch so?
Über mein Innenleben kann ich nicht erzählen, weil ich es selbst nicht weiß (lacht).
Ich finde mein Innenleben für ein Interview nicht relevant. Es gibt Dinge, die viel interessanter sind als das Innenleben eines Menschen. Die Außenwelt, Dinge, die uns umgeben.

Wäre für Dich ein so persönliches Interview in der Form jenes von Alice Schwarzer mit Romy Schneider denkbar?
Dazu braucht es eine entsprechende Vorbereitung. Die hatte Romy Schneider bestimmt auch. Man muss in dieser Form des Interviews wissen was man tut.
Auch ein Interview hat immer eine bestimmte Rahmenform, eine Kamera. Romy Schneider wusste das bestimmt sehr genau.

Was nimmt man von Romy Schneider als Frau heute in das 21.Jahrhundert mit?
Einfach diese Größe, diese innere Größe. Und diese Selbstverständlichkeit als Frau zu sein und nicht perfekten Gesellschafts-, etwa Modelmaßen, zu entsprechen. Obwohl sie sehr darunter gelitten hat.
Auf medialen Plattformen präsentieren sich heute Frauen immer perfekter und werden dadurch in ihrer Sicht immer emanzipierter. Das ist bescheuert.
Romy Schneider war halt Frau.

Es gibt sehr viele Fotoportraits von Romy Schneider, auch sehr persönliche. Wie siehst Du dies heute in Deinem Beruf?
Ein Foto ist immer Abbild eines inneren Zustandes.
Man sieht auf einem Foto wie es einem Menschen geht, und zwar zu 100%.
Fotos sind als Schauspielerin:er ein schwieriges Thema, weil man sich entscheiden muss, wie man sich präsentieren will. Ob man in eine Form gehen will, ob man natürlich sein will? Ob es die richtigen Leute sind, die fotografieren?

Es waren bei Romy Schneider immer ganz ausgewählte Fotografen, mit denen sie arbeitete und denen sie sich öffnete. Es ist ja eine Beziehung, die Du da mit Menschen eingehst. Und manchmal funktioniert das nicht. Ich hatte schon Fotoshootings, wo ich dachte, hey, jetzt gebe ich dir noch Geld dafür und Du baust so einen Blödsinn. Das kostet 700 EUR und ist katastrophal.
Wenn man aus dem Theaterstück fotografiert oder aus dem Film stills macht, ist es für mich immer ganz beruhigend. Ich denke dann, ah, das lebt.

Welche Pläne, kommenden Projekte gibt es jetzt für Dich?
Ich drehe im Sommer mehreres, dann spiele ich Theater, mache eine Lesung in Berlin, auch im Wiener Kultursommer spiele ich und in der nächsten Spielzeit mache ich zwei, drei Stücke. Es geht weiter (lacht). Je weniger man sich Sorgen macht um die Zukunft, umso mehr passiert.




Wien
Ein wunderbares Schlusswort, liebe Ines! Herzlichen Dank für Dein Kommen und das wunderbare Fotoshooting und Interview zu Romy Schneider! Viel Freude und Erfolg für alle Projekte!
40.Todesjahr _ Romy Schneider, Schauspielerin (*1938 Wien +1982 Paris) _ im Gespräch und szenischem Fotoporträt:
Ines Schiller, Schauspielerin_Wien
Interview und alle Fotos_Walter Pobaschnig _Wien_5.2022
Walter Pobaschnig 6_22