Liebe Sarai, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
My Dailey routine starts with the sunshine, when I wake up, drink my coffee and start working. Work for me is writing, and writing is work. The white paper is a strong materiel, magic craft, which is always smarter than me. I write fiction, poems, essays and culture programs from dawn till dusk.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
These days, in a time of crazy wars, injustece and climate crisis, we must keep ourselves human. It’s the least we can do. I formulated a short huminity guide for artists: 1. Read for an hour a day, everyday. 2. Feed your soul with consuming all kinds of art as much as you can. 3. Walked outside with no special reason. let your mind fade away. 4. Eat healty. 5. Be good to the ones you love. 6. And to all of the rest too. 7. We are all political creatures, whether we like it or not. Discuss the subjects that are important to you with others. Take part. 8. Enjoy life as much as you can. Unlike the common assumption – it’s good for your art!
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
The Israeli author Ronit Matalon used to say that books were her real parents, the ones that thaught her how to live. I lost both parents when I was a child and I feel the same. I can’t imagine myself survivng life without Austin, Foulkner, Dickens or Capoeita. For me, the essence of litrature is an emotional index for life, I think the goal of literature is to articulate and form the tools that help us live our life wisely.
Was liest Du derzeit?
In the last cuople of nights I have been reading Olga Tokraczuk Prowadz Swoj Plug Prezez Kosci Umarlych and following Hagai Levi’s new HBO miniseries: Scence from a Marriage – a novel by Ingmar Bergman that started the whole event. Brilliant books.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
I want to share with you the Motto that will open my next Novel Figure of Speech that will be published in spring 2022. The novel is a hidden letter written by a woman to her older lover, revealing the connection between falling in love to disillusionment, between passion and loss. I chose two parts from Roland Barthes, A Lover’s Discourse: Fragment – to open the text. there it is:
lettre / letter
This figure refers to the special dialectic of the love letter, both blank (encoded) and expressive
(charged with longing to signify desire).
absence / absence
Any episode of language which stages the absence of the loved object – whatever its course and its duration – and which tends to transform this absence into an ideal of abandonment.
Danach
Hühner krähten
im Hof von der blonden Gali
auf der Fensterbank ragten Miniaturflugzeuge auf.
Auch mein Vater arbeitete am Flughafen
und auf dem hauchdünnen Schmierpapier, das er aus dem Büro mitbrachte
zeichneten wir statt Himmel graue Linien für die Rollbahnen.
Danach aßen wir weißen Käse und Oliven.
Wir öffneten den Kasten mit dem Schachspiel
wir wetteiferten miteinander in Zügen Findungen
wir bestimmten die Regeln neu
wir streiften im Hof umher bis der Rocksaum hochrutschte
und schabten die Pitangasträucher um uns her. Wir rollten
die blaue Couch
rauf und runter
färbten sie rot
zählten wer
schneller Purzelbäume schlägt.
Mein Vater starb zuerst.
Danach ihr Vater.
Danach meine Mutter.
Danach ihre Mutter.
Bund
Im Sommer 86 schnitt uns Avschaloms Vater ein Schlupfloch in den Zaun,
wir liefen zwischen den Höfen hin und her.
Über uns brachen die Pekannussbäume
ich trat auf Blätter und das Geräusch
das sie machten.
Wir stiegen auf der gelben Leiter bis aufs Dach des Schuppens,
ein Fuß nach dem anderen, wir schwankten nicht.
Ich hatte keine Angst vor der Höhe, auch nicht vor dem Blut.
Ich hatte Angst Avschalom würde mit anderen Kindern weglaufen.
Ich fragte ob er mich liebt, und Avschalom sagte,
komm wir ritzen uns wie Tom Sawyer und Huckleberry Finn.
Die Klinge des Taschenmessers blitzte in seinen Händen. Er schnitt sich in den Finger.
Biss sich auf die Lippen. Blut, sämiger, dunkler
als ich gedachte hatte, kroch
in dünnen Pfädchen bis zum Ellbogen.
Bäume rauschten. In den Augen kam Wind auf.
Ich wartete dass wir reingingen, seine Mutter uns einen Apfel schnitte und sein Vater
aus dem Auto stiege, die Aktentasche durch die Luft schwänge
und Avschalom und ich
für immer Brüder wären.
Jetzt du, sagte Avschlaom. Ich streckte die Hand aus. Die Messerspitze traf. Ich kreischte.
Er zog mich mit. Verletzte Hand griff nach verletzter Hand. Seine Finger rieben an meinen.
Oben segelten salzige Dächer eine matte himmelblaue Farbe ein Feldteppich Vögel Stromleitungen Bäume Wolken
wir stiegen die Leiter hinunter und rannten ohne innezuhalten
Avschalom nach Hause und ich
all dem Tod zu der mich erwartete.
Bis die Liebe den Körper verlässt
Vergiss die Bucht wo du den Körper auf dem Gras ausstrecktest
vergiss die Sonne welche die zarten Muttermale verwundete
vergiss dass er Nüsse für den Salat hackte
vergiss dass ein goldener Ton in seinen Augen glomm
vergiss wie er die richtige Temperatur suchte
vergiss die Blutzellen die innen in der Haut ausflippten
vergiss wie er eine Tasse nach der anderen vom Balkontisch räumte
vergiss die Tasse die unter deinem Schenkel zitterte
vergiss dass sich das N zum O-Vokal verdunkelte
als er zu dir sagte, mit dir
bin ich noch
lange noch
nicht fertig.
Vergiss das Fleisch das wisperte: gib dich hin, er hat eine Stimme
die rollt dir zu, ignoriert die ungebahnte Straße,
die Dornen, die spitzen, den Geruch von Hals, Kirschen,
salziges Vibrato, Baumharz,
goldener Schlag. Kette.
Dreh dich nicht um.
*
Translted by Gundula Shiffer.
Vielen Dank für das Interview liebe Sarai, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Sarai Shavit, Schriftstellerin
Sarai Shavit ist Dichterin, Schriftstellerin und Redakteurin für Verlage und Fernsehen. Von ihr erschienen bisher die zwei Romane Bruria Hafakot (Bruria Productions, Kinneret Zmora-Bitan Dvir, 2009) und Hakol saris (India Express, Achusat Bajit, 2012) sowie die Lyrikbände Uma jesch od (What Else Is There, Achusat Bajit, 2014) und Keʼev Merchakim (Distant Strains, Mosad Bialik, 2021). Ihr Werk wurde mit dem Preis Schira al haderech (Lyrik liegt auf dem Weg) der Stadtverwaltung Tel Aviv, dem Lyrikstipendium des Mifal Hapajis und dem Literaturstipendium des Goldberg-Fonds ausgezeichnet. Sie ist Absolventin des Studiengangs für Creative Writing und Film an der Universität Tel Aviv. In der Vergangenheit hat sie die Bücher-Rubrik von Ynet, das Online-Literaturmagazin Sifrutkale und das Ressort für übersetzte Prosa im Matar Verlag herausgegeben. Shavit kuratiert regionale und internationale Literaturfestivals und moderiert und konzipiert das literarische Fernsehprogramm Schovrim Schura (Versumbrüche).
Foto_privat.
28.10.2021_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.