„Man muss sich als Frau mehr beweisen als ein Mann“ Isabella Jeschke, Schauspielerin_ Romanjubiläum Malina_Wien 11.9.2021

Isabella Jeschke, Schauspielerin_
am Romanschauplatz Malina _ Wien

Orte sind für mich mit Erinnerungen und auch mit Wünschen verbunden. Es sind Wünsche einen Ort wiederzusehen oder an einen Ort zu kommen, den ich noch nicht kenne aber in meiner Vorstellung habe ich ein Bild davon und möchte gerne diesem Bild nachgehen.

Orte sind allgegenwärtig und haben eine große Bedeutung für mich.

Ich fotografiere gerne, wenn ich an bestimmten Orten bin. Aber es gibt Orte, etwa jene meiner Kindheit und der Wohnsiedlung, in der ich aufwuchs, da sind Bilder im Kopf, die sofort da sind.

Postkarten von Orten schreibe ich in den letzten Jahren wieder öfters. Ich mag diese Nostalgie, dieses Analoge, dieses Hinsetzen und Schreiben. Und auch, weil ich mich selbst wahnsinnig freue, wenn ich eine Postkarte bekomme (lacht). Einen Moment in Bild und kurzen Worten, Gruß zusammenzufassen, gefällt mir sehr gut.

Ich liebe es, die Atmosphäre einer Stadt kennenzulernen, bin aber auch sehr interessiert an Geschichte, Architektur, eigentlich alles, was über eine Stadt zu erfahren ist. Ich bin da ein richtiger freak (lacht).

Auf meiner Reise nach Rom im letzten Jahr war all das, das Gewordensein einer Stadt in Geschichte, Kunst und Vermächtnis über Zeiten hinweg und natürlich die typische Atmosphäre ganz unmittelbar zu spüren und zu erleben. Vor allem auch wie sehr Bauwerke, von Wohnhäusern bis zum Colosseum Kunstwerke sind. Und das ist ja auch in Wien so.

Italien, das ist Lebensfreude und Überraschung, das hat ja auch Ingeborg Bachmann beschrieben. Interessant ist auch diese anarchistische Energie im Straßenverkehr in Rom, in dem Ampelsignale nicht wirklich eine Rolle spielen. Das ist außergewöhnlich und besonders, weil es eben diese starke Lebensfreude ausdrückt, die auch eine innere Aufmerksamkeit beinhaltet.  Das ist wunderbar. Ich verstehe, wenn Menschen wie Ingeborg Bachmann in Italien leben wollten und wollen. Und natürlich das Essen (lacht), dieser Genuss, das ist sehr stark verankert. Immer wenn ich Italien bin, habe ich das Gefühl ich könnte da viel länger sein (lacht). Neapel ist etwa ein Sehnsuchtsort.

Ich bin sehr gerne in Wien und arbeite hier sehr gerne. Ich schätze die Atmosphäre und auch die ganz eigene Lebensfreude sehr.

Wien ist und bleibt meine Sehnsuchtsstadt mit sehr viel Inspiration.

Was Ingeborg Bachmann auch als Frau in einer männerdominierten Welt geschafft hat, ist bewundernswert und für mich eine sehr große Inspiration und Motivation. Auch heute muss man sich als Frau mehr beweisen als ein Mann.

Es gibt Ivans und Malinas natürlich auch heute. Und es gibt auch beides in einem und auch viel mehr (lacht).

Die Kommunikation zwischen Mann und Frau hat sich grundsätzlich verbessert. Ich persönlich spüre da eine Augenhöhe. Natürlich gibt es viel zu lernen auf beiden Seiten. Es braucht Unterstützung auf beiden Seiten.

Wenn wir von Emanzipation sprechen, sollten wir von der Emanzipation der Menschen sprechen. Wir haben 2021 und sollten zu dem Punkt kommen, wo es wurscht ist ob Frau, Mann, Transgender, was immer. Wir sind Menschen und sollten dies gemeinsam werden. Daran arbeiten. Wir sollten auf einem anderen Niveau beginnen, miteinander zu sprechen.

Es gibt in der Gesellschaft noch nicht diese Wertschätzung unterschiedlichster Identitäten und Lebensmodelle. Wir brauchen da mehr Offenheit. Auch wenn es natürlich besser als vor fünfzig Jahren ist.

Ich glaube, es gibt in unserer Gesellschaft in Identitäts- und Geschlechterfragen noch viel zu tun. Kunst und Theater setzen da auch viel daran dies zu thematisieren, gerade auch in Wien/Österreich. Diskurse sind da ganz wichtig, die dies auf den Tisch bringen.

Wir haben in diesem Jahr im Theater mit unterschiedlichsten Planungsmodellen und Organisationsmöglichkeiten arbeiten müssen. Da waren auch Skypeproben dabei, die sehr spannend waren und in denen sich auch Emotionen, Gefühle zu aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen widerspiegelten. In einem Probenprozess wird ja dann vieles neu zusammengebaut. Unser E3 Ensemble steht sich ja sehr nahe und wir konnten diese Herausforderungen bewältigen und unsere Eigenproduktion „Mutter“ hat im Juni des Jahres im Off Theater Wien Premiere gefeiert und wurde sehr gut angenommen.

Isabella Jeschke, Schauspielerin_
am Romanschauplatz Malina _ Wien

50 Jahre Malina _ Roman _ Ingeborg Bachmann _ im Gespräch und szenischem Fotoporträt:

Isabella Jeschke_Schauspielerin, Regisseurin_Wien 

http://www.isabellajeschke.com/

Station bei Ingeborg Bachmann_Romanschauplatz_Malina.

Interview und alle Fotos_Walter Pobaschnig _Wien_5_2020.

https://literaturoutdoors.com

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