Liebe Evelyn, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
In den letzten Wochen hat sich dieser – aus bekannten Gründen – wieder auf den Kopf gestellt. Mein Tag beginnt um cirka 6.30 Uhr mit meiner Familie. Vormittags ist momentan eine Mischung aus Homeschooling, Coaching, Organisation, Hausarbeit und Kochen angesagt. Nach einer nachmittäglichen Pause und etwas Gartenfrischluft geht es ins Atelier. Meistens von 16 bis 22 Uhr – ich kann die Ruhe und Konzentration dort dann durchaus auch schätzen.
Es ist eine Umdrehung unseres eigentlichen Arbeitsrhythmus, aber wir haben uns gut darin eingefunden.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Im Grunde alles, was eine Gemeinschaft, eine Gesellschaft immer schon braucht, wir werden darauf zurückgeworfen: Zusammenhalten, Rücksicht nehmen, aufeinander Achten, Geduld mit uns selber und anderen, Augenmaß, keine Hysterie aber Vernunft, Vertrauen, Verzeihen, Solidarität, Mut, Wachsamkeit, Zivilcourage und Humor.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Film, der Kunst an sich zu?
Die Kunst und das Spiel waren immer die treibenden Kräfte, das eigentlich Notwendige für uns Menschen. Ohne Kunst wäre Menschsein ein großer Stillstand und ohne Zukunft. Ich fasse hier diese Begriffe sehr weit, denn alles Lernen, Denken, Sich Ausdrücken, Sprache, Musik, Philosophie, Glaube und die forschende Neugierde gründet und spiegelt sich darin. Immer schon und von Anfang an und daran wird sich nichts ändern.
Ich habe schon Sorge, dass unsere Gesellschaft sich dieser Wurzeln nicht genug bewusst ist und falsche Prioritäten setzt. Die Frage bleibt, welche Räume und Möglichkeiten bestehen bleiben und welche entstehen werden.

Was liest Du derzeit?
Einige Bücher und Zeitschriften liegen griffbereit aber momentan fehlt mir oft die Zeit und die Muße zu lesen. Zur Zeit sind das: „Wald“ von Doris Knecht, die Anthologie „Fragmente – die Zeit danach“, „Die Entdeckung des Hugo Cabret“ von Brian Selznick – ein sehr schönes Buch nicht nur für Kinder über die Kunst des Filmemachens.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Das Satzfragment: „Meine Unruhe möchte ich mir bewahren“ begleitet mich schon das ganze Jahr. Es ist dem Buch „Wenn ich wir sage“ von Michael Köhlmeier entnommen und ich umkreise es in ambivalenter Weise die letzten Monate. Es hat auch die Serie „Alles in allem“, die im Sommer entstanden ist, geprägt.
Vielen Dank für das Interview liebe Evelyn, viel Freude weiterhin für Deine großartigen Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an KünstlerInnen:
Evelyn Kreinecker, Künstlerin
Evelyn Kreinecker
Foto_Kreinecker
1.12.2020_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.
W P kommt leider, leider nicht zu selbstkritischem Atem
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