Lieber Fabian, wie sieht jetzt dein Tagesablauf aus?
Ich wache zwischen zwei und drei Uhr nachts auf, weil mich eine geheime Macht vom Schlafen abhält, oder weil ich nüchtern werde. Ich weiß nicht, was ein gesunder Schlafrhythmus ist, deshalb kenne ich jeden Fleck an meiner Decke persönlich. Gegen sechs Uhr fällt mir vielleicht ein Gedicht ein, oder ich sehe mir zum tausendsten Mal Apocalypse Now an, bis ich endlich wieder einschlafen kann. Spätestens um elf Uhr wache ich wieder auf, öffne die Kühlschranktür und schließe sie wieder enttäuscht. Das wiederholt sich drei- bis viermal, bis ich es schaffe das gesamte Pfand in einer riesigen Tasche zu meinem Lieblingsdiscounter zu bringen. Zum Frühstück gibt es Bohnen mit Speck und ein Helles, manchmal auch Heringshappen. Dazu höre ich Deutschlandfunk, oder lese Hesse, weil ich um diese Uhrzeit keine Musik ertrage. Danach mache ich ein Schläfchen und träume von einem besseren Leben. Um achtzehn Uhr werd ich meistens wieder wach, trinke ein paar Gläser Rotwein und rauche. Ab circa neunzehn Uhr beginne ich zu schreiben, bis ich währenddessen einschlafe. Dann beginnt alles von vorne.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Jede*r sollte einen ausreichenden Vorrat an alkoholischen Getränken und anderen Genussmitteln zuhause haben. Unbedingt alle Rechnungen bezahlen, damit man es schön warm und kuschelig hat und man soviel lesen und oder Filme sehen kann, wie man will. Da ich keine Familie, Frau oder Kinder habe, kann ich zu allem anderen nichts sagen.
Vor einem Aufbruch und einem Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Schauspiel, Theater, Film, der Kunst an sich zu?
Der Mensch wird sich all dem anpassen, und somit auch die Kunst. Wir werden Mittel und Wege finden um weiter zu existieren. Das haben wir schon immer.
Was liest du derzeit?
Hesse, Houellebecq, Berg, Camus, Tucholsky
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest du uns mitgeben?
„Wir halten den Tod, die Armut und körperliche Schmerzen für unsre hauptsächlichsten Feinde. Wer weiß aber nicht, daß dieser Tod, den einige das Schrecklichste aller Schrecknisse nennen, von andern der einzige Hafen gegen die Stürme dieses Lebens, das höchste Gut der Natur, die einzige Stütze unsrer Freiheit, das allgemeine und schnelle Heilmittel gegen alle Übel genannt wird?“
(Michel de Montaigne)
Vielen Dank für das Interview lieber Fabian, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an KünstlerInnen:
Fabian Lenthe, Schriftsteller
Foto_privat
26.11.2020_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.