
Erinnerungen an Helena Adler _ Andreas Unterweger, Schriftsteller

(Stephanie Helena Prähauser *1983)
Lieber Andreas Unterweger, welche Erinnerungen hast Du an Helena Adler, Schriftstellerin (Stephanie Helena Prähauser + 5.1.2024 *1983)?
Helena Adler und ich sind uns nur einmal länger persönlich begegnet, bei einer Lesung im Literaturhaus Graz. Ihr Roman „Fretten“ war praktisch zeitgleich mit meinem, „So long, Annemarie“, erschienen. Die Wege der Bücher kreuzten sich öfter als unsere, etwa in „Die Presse“ oder in „schreibART“, dem Empfehlungsprogramm des österreichischen Außenministeriums.
Nach der Lesung waren wir mit Klaus Kastberger und anderen im Brandhof essen. Steffi und ich saßen uns gegenüber, beide bei Knödel mit Ei, und tauschten uns innig über äußerst Unliterarisches wie Fragen des Schulsystems und die verschiedenen Grade der Müdigkeit aus – worüber Eltern sich eben so unterhalten …
Als ich später hörte, dass sie ihren Auftritt in Klagenfurt aus gesundheitlichen Gründen absagen musste, habe ich ihr gute Besserung gewünscht, mit fünf Rufzeichen. Das Wünschen hat nicht geholfen. Es ist so traurig.
Wann, wie begegnete Dir der erste Text von ihr und welche Wirkung hatte dieser auf Dich?
Die Lesung der Geburtsszene aus „Fretten“ im Literaturhaus Graz hat mich schwer beeindruckt. Der Text war wütend und verletzlich zugleich, bei aller Emotionalität fein komponiert und verband subjektive Authentizität mit dem Ausdruck eines geradezu archetypischen Größeren. Außerdem hatte er mehrere witzige Momente.
Was zeichnete Ihr Schreiben für Dich aus? Welches literarische Erbe hinterlässt sie und wie ist dies in der österreichischen Literatur einzuordnen?
In Österreich gibt es die Tradition einer Art literarischen Wutredens, das Furor mit hochartifizieller Sprache und Sprachmusik verbindet. Thomas Bernhard, Elfriede Jelinek oder Peter Handke mögen einer/einem da unter anderem in den Sinn kommen. Ein solcher Sprachgestus wird von jüngeren Schreibenden hierzulande immer wieder gerne angestrebt, aber selten erreicht. Die Autorin Helena Adler sehe ich als eine der wenigen, der es gelungen ist, diese Tradition um einen neuen, unverwechselbaren Tonfall zu erweitern.
Wie hast Du Helena Adler als Kollegin erlebt?
Als äußerst freundlich, bodenständig, empathisch … Wie gesagt, wir sind uns leider nicht öfter als einmal wirklich begegnet, aber sie erschien mir in jeder Hinsicht als Lichtblick im Literaturbetrieb.
Andreas Unterweger, Schriftsteller,
Herausgeber der Literaturzeitschrift manuskripte_ Graz
https://andreasunterweger.wordpress.com/category/manuskripte/
http://www.andreasunterweger.at/
Graz, 12.1.2024
Herzlichen Dank für Dein Interview, lieber Andreas!

Helena Adler, Schriftstellerin +5.1.2024

(Stephanie Helena Prähauser + 5.1.2024 *1983)
Geboren 1983 in Oberndorf bei Salzburg.
Lebte als Autorin und Künstlerin in der Nähe von Salzburg.
Studium der Malerei am Mozarteum sowie Psychologie und Philosophie an der Universität Salzburg.
Auszeichnungen:
2022 Shortlist Österreichischer Buchpreis
2020 Longlist Deutscher Buchpreis
2020 Shortlist Österreichischer Buchpreis
2020 Projektstipendium Literatur BKA
2018 Jahresstipendium Literatur, Salzburg
https://jungundjung.at/verfasser/adler-helena/ 6.1.2024
Bücher:
https://literaturoutdoors.com/2022/09/12/fretten-helena-adler-jung-und-jung-verlag/
Interview:
Fotos Helena Adler_Eva Trifft/Jung und Jung
Foto_ Portrait Andreas Unterweger _ privat
Grafik: Romana Fürlinger
Walter Pobaschnig 12.1.2024
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