
Erinnerungen an Helena Adler _ Markus Grundtner, Schriftsteller

(Stephanie Helena Prähauser *1983)
Lieber Walter,
danke für deine Einladung zur Erinnerung und dein Bemühen um das Andenken an Helena Adler.
Von ihrem Ableben erfuhr ich, als ich „Eine Ehe in Wien“ von David Vogel las, und kurz zuvor an eine Stelle angelangt war, aus der sich ein Satz schmerzlich aus seinem Kontext herauslöste: „Da steht man urplötzlich der völligen Nichtigkeit aller Dinge gegenüber …“
Ich muss gestehen, ich kannte Helena Adler nicht persönlich, sondern nur über ihren Kunstnamen. Genauer gesagt, kannte ich sie, wie man sich oft im Literaturbetrieb kennt, über Social Media-Plattformen, ein „Gefällt mir“ hier, ein Kommentar unter einem Posting da, und leider schaffte ich es nie zu einer Lesung, weil alles Mögliche dazwischenkam.
Den unmittelbarsten Kontakt hatten wir, als wir 2022 gemeinsam auf der Longlist des Österreichischen Buchpreises standen, sie dann auf der Shortlist. Als ich einmal die nominierten Bücher sympathisch arrangiert in einer Buchhandlung entdeckte, schoss ich ein Foto, postete es auf Instagram und markierte die anderen AutorInnen. Es kam das eine oder andere „Gefällt mir“ zurück, von Helena ein Herz – nunmehr unsere einzige direkte Kommunikation. Obwohl, bei der Preisverleihung gab es dann noch ein kollegiales Zunicken aus der Ferne. Aber wahrscheinlich trickst mich hier nur meine Erinnerung aus.
So habe ich zwar nie mit ihr gesprochen, aber durch „Fretten“ ihre ureigene Erzählerinnenstimme kennengelernt. Diese Sprachmusik und Verspieltheit der Worte gibt es kein zweites Mal. Verlage schreiben in ihre Programme gern: „Ein Roman wie von …“ – bisher dachte ich, ich lese lieber den „Roman von …“ anstatt den „Roman wie von …“, unendlich traurig stimmt mich, dass es – ohne eventuell vorliegende Manuskripte oder Fragmente – keinen weiteren „Roman von Helena Adler“ geben wird und jedenfalls auch keinen „Roman wie von Helena Adler“ geben kann.
In der Erinnerung will ich nicht auf sie als bildende Künstlerin vergessen. Abgesehen von all der nun unerschaffen bleibenden Kunst und ungeschrieben bleibenden Literatur, ist aber eines das Allerschmerzlichste, es bleibt nun ein langes Leben mit ihrer Familie ungelebt.
Markus Grundtner, Schriftsteller
Wien, 8.1.2024
Herzlichen Dank für Deine Erinnerungen, lieber Markus!

Markus Grundtner, Schriftsteller
https://www.markus-grundtner.at/
Foto: Gianmaria-Gava
Helena Adler, Schriftstellerin +5.1.2024

(Stephanie Helena Prähauser *1983)
Geboren 1983 in Oberndorf bei Salzburg.
Lebte als Autorin und Künstlerin in der Nähe von Salzburg.
Studium der Malerei am Mozarteum sowie Psychologie und Philosophie an der Universität Salzburg.
Auszeichnungen:
2022 Shortlist Österreichischer Buchpreis
2020 Longlist Deutscher Buchpreis
2020 Shortlist Österreichischer Buchpreis
2020 Projektstipendium Literatur BKA
2018 Jahresstipendium Literatur, Salzburg
https://jungundjung.at/verfasser/adler-helena/ 6.1.2024
Bücher:
https://literaturoutdoors.com/2022/09/12/fretten-helena-adler-jung-und-jung-verlag/
Fotos Helena Adler_Eva Trifft/Jung und Jung
Grafik: Romana Fürlinger
Walter Pobaschnig 8.1.2024