Liebe Jula Zangger, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Militärisch. Und glücklich ist er, der Tagesablauf, schwankt zwischen reinem und reinstem Wahnsinn, hat viele Amplituden.

Theaterintendantin Hof-Theater/Höf-Präbach
Ich habe ein kleines Kind, leite ein Theater, (das HOF-THEATER//HÖF-PRÄBACH in der Steiermark), und spiele im OFF Theater in Wien. Ich bin viel im Zug. Ich brate Gemüse und bügle meine Wäsche, wo auch immer es sein darf. Ich atme täglich frische Luft.

Um 17 Uhr am Weg zur Probe beschleicht mich immer ein völlig absurdes Gefühl, da schwankt die Erde. Weil schon ein ganzer Arbeitstag hinter mir liegt und jetzt erst die Hauptaufgabe beginnt. Das Wiedersehen mit den KollegInnen mobilisiert alle Kräfte.


Nachher, zuhause, würde ich mich am liebsten gleich mit Tasche und Mantel ins Bett legen, so müde bin ich. Aber da hilft die kleine Schwester der Tradition, die Gewohnheit, und ich schaffe es doch jeden Abend mit geputzten Zähnen in die Horizontale.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Wer ist wir/uns? Die Kunstschaffenden und ihre Konsumenten? Die Gesellschaft? Die Menschheit? Wer ist in dieser Frage inklusive?

Pauschal würde ich sagen: Das Ringen um Tugend.

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Theater/Schauspiel, der Kunst an sich zu?
Ja, wir stehen vor dem Aufbruch. Und wir stehen da ganz gern.

Ich glaube nicht, dass aktuell ein größerer Aufbruch stattfindet als gewöhnlich. Auch spüre ich keine Energie irgendeines Neubeginns in der Gesellschaft. Der Mensch hockt unmutig in der Ecke, die man ihm erlaubt hat, und kämpft in sensiblen Momenten mit dem Bewusstsein, dass Handlungen nötig wären.

Wenn wir es im Theater schaffen, uns nicht in Eitelkeiten zu verlieren – nicht in der Eitelkeit unsere Karrieren betreffend und nicht in der Eitelkeit, mit der wir behaupten, die Welt verändern zu können – dann können wir vielleicht wirklich einen Beitrag leisten, bescheiden, altmodisch und wichtig: ein Ort zu sein zur Zusammenkunft, an dem wir mit unseren Arbeiten eine Rampe legen fürs Gespräch.


Was liest Du derzeit?
Ich stehe täglich um 6 Uhr auf, um eine Stunde zu lesen und zu schreiben, bevor das Haus aufwacht. Dabei trinke ich sechs Tassen Kaffee und versuche, die Schrecken der Nacht loszuwerden.

Ich lese immer fünf Bücher gleichzeitig: Ein Sachbuch, einen Roman, Gedichte/Briefe, was Fremdsprachiges und einen Reiseführer.
Zur Zeit ist es „Anatomie des Schicksals“ vom Mediziner Johannes Huber,
„Deutschstunde“ von Siegfried Lenz,
„Wir haben es nicht gut gemacht“ (Briefwechsel Bachmann – Frisch, was ein bisschen weniger Mainstream ist, wenn man den Briefwechsel Bachmann – Celan noch im Hinterkopf hat),
„Humankind“ von Rutger Bregman und eine wirklich hässliche Reiseanleitung für Prag.
Dann kann der Tag beginnen. Mein Bücherregal hat eine sehr besondere Ordnung: es müssen in jedem Fach auch ein paar hervorragende Bücher liegen. Damit ich das Interesse nicht verliere und zur rechten Zeit das Richtige herausfische.

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Aus unserer aktuellen Arbeit, Kreusas Glücksrezept: „Ein einfach Herz und einen stillen Sinn“. Wenn ich es Ihnen mitgebe, muss ich mich nicht mehr selbst damit herumplagen.

Theaterintendantin Hof-Theater/Höf-Präbach
Vielen Dank für das Interview, liebe Jula, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Theater-, Schauspielprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Jula Zangger, Schauspielerin, Bernhard Ensemble Wien,
Theaterintendantin Hof-Theater/Höf-Präbach
Zur Person _ Jula Zangger, 1988 in Graz geboren, Besuch der Freien Waldorfschule Graz, Schauspielstudium am Mozarteum Salzburg, Ensemblepreis beim 23. Treffen deutschsprachiger Schauspielstudierender. Theaterarbeiten: Salzburger Festspiele, Maxim Gorki Theater, Wiener Festwochen, Theater//an der Rott, JDP Beograd, Bruckner Festival Linz, Volksschauspiele Telfs, Wald4tler Hoftheater, Stadttheater Bruneck, Theaterfestival Steudltenn, Steirischer Herbst. Dazwischen festes Ensemblemitglied am Stadttheater Pforzheim und Reinigungskraft im Reisebüro Müller in Pforzheim. Jula Zangger war JULA von JULALENA. Seit 2021 leitet sie das HOF-THEATER//HÖF-PRÄBACH und ist aktuell Mitglied des Bernhard Ensembles.
Jula Zangger wohnt in Präbach (Steiermark) und im 4. Bezirk in Wien
Homepage: https://www.jula-zangger.at/
HOF-THEATER// HÖF-PRÄBACH
AM KOHLBAUERHOF
Das HOF-THEATER//HÖF-PRÄBACH ist ein professionelles Theater mit ganzjährigem Spielbetrieb. Mit seiner idyllischen Spielstätte am Kohlbauerhof, nur 15km von Graz entfernt, versorgt es die Region mit neu gedachtem Volkstheater. Die Familie Taucher hat uns im Jahr 2016 auf ihrem Bio-Obstbetrieb herzlich willkommen geheißen und unterstützt den Theatergedanken seither in jeglicher Hinsicht. Das Theater wurde nach jahrzehntelanger Theaterarbeit in Graz (Theater Stuhlgang, SchaubühneGRAZ, Schwerpunkte der Theaterarbeit auf Inklusionsarbeit und Gebärdenübersetzung) von Christian Müller gegründet. Das Theater wird geleitet von Jula Zangger.
https://www.hoftheaterhoef.at/
Aktuelle Produktion mit Jula Zangger: „NATURAL.BORN.MEDEA“ das.bernhard.ensemble | DAS OFF THEATER _ Wien
Ein Mash-up inspiriert von Franz Grillparzers „Medea“ und Oliver
Stones „Natural Born Killers“

Premiere: Dienstag, 7. November 2023, 19:30 Uhr
Weitere Vorstellungen:
10., 11., 14., 17., 18., 21., 24., 25., 28. November
1., 2., 5., 8., 9. Dezember | jeweils 19:30 Uhr
DAS OFF THEATER | Kirchengasse 41, 1070 Wien
In NATURAL.BORN.MEDEA, einem Mash-up des bernhard ensemble, verwebt Regisseur Ernst Kurt Weigel die antike Tragödie „Medea“ von Franz Grillparzer mit Oliver Stones „Natural Born Killers“. Darin verliebt sich die von ihrem Vater missbrauchte und unterdrückte Medea in den elternlos aufgewachsenen Food-Lieferanten Jason. Frustriert von der Welt beschließen sie, sich zusammen an der Gesellschaft zu rächen und sich dabei in sozialen Netzwerken zu inszenieren. Auf der Suche nach Familie und sich selbst hinterlassen die beiden eine Blutspur durch die Welt. Das Publikum wird Zeuge eines Liebes-
und Überlebensdramas, bei dem die Figur Medea regelrecht zum Mythos oder Hype aufgeblasen wird. Die Unterdrückte, die Wehrlose, die Missbrauchte und
zugleich die Furie, die Lügnerin, die Unerwünschte – Wer ist Medea? Dieser
Frage geht das Stück ab der Premiere am 7. November 2023 im OFF THEATER Wien auf
den Grund.

Regie/Konzept: Ernst Kurt Weigel
Bühne/Kostüme: Julia Trybula
Choreografie: Leonie Wahl
Komposition: Bernhard Fleischmann
Performance: Yvonne Brandstetter, Rina Juniku, Anja Štruc, Jula Zangger,
Matthias Böhm, Kajetan Dick, Andrzej Jaślikowski
Regieassistenz: Alexe Schmid
Lichtdesign/Technik: Josef Morawek
Produktionsleitung: Monika Bangert
Social Media: Nadine-Melanie Hack
Presse: Alina Groer, SKY unlimited
Karten unter: digital: karten@off-theater.at
direct: +43 676 360 62 06
online: http://www.off-theater.at
Kartenpreise: € 25,- (normal)/€ 19,- (Senior:innen, Club Ö1)/
€ 15,- (Schüler:innen, Student:innen, Ö1 intro, IGFT-
Mitglieder)
Weitere Informationen: http://www.off-theater.at, http://www.bernhard-ensemble.at
das.bernhard.ensemble
das.bernhard.ensemble wurde 1997 gegründet. Bereits mit seiner dritten Theaterproduktion HAIN erhielt das junge Ensemble den Nestroypreis 2001 für die beste Off-Produktion, sowie Nestroy-Nominierungen für weitere Produktionen. Seit 2006 ist das OFF THEATER die ständige Spielstätte des Ensembles.
das.bernhard.ensemble erarbeitet sich seine Produktionen in freier Improvisation. In den Proben wird ein loses dramaturgisches Szenengerüst hergestellt. Während der Vorstellungen gehen die Performer:innen dann frei mit den Texten und Bewegungsabläufen um.

Das Markenzeichen des Ensembles ist das, von seinem Leiter Ernst Kurt Weigel entwickelte, Theaterformat „Mash-up“. Dabei werden internationale Kultfilme
mit österreichischen Theaterklassikern dramaturgisch verwoben. Es entstehen ganz neue, eigenwillige und zeitrelevant-kritische Abende. Zu den bekanntesten Mash-ups zählen WEIT.WAY.LAND (2011), WIENER.WALD.FICTION (2014
Nestroy nominiert), THE.BIG.LUMPAZI (2015), WELT.UNTER.MELANCHOLIA (2016),
TAXI.SPEIBER (2017), LILIOM.CLUB (2019 Nestroy nominiert),
THE.HELDENPLATZ.THING (2020), BLADE.UNWICHTIG (2021), JEDE(R).NOW (2022) und DIE.STUNDE.SHINING (2023).
Presse Info zu „NATURAL.BORN.MEDEA“ : Alina Groer SKY unlimited
Fotos „NATURAL.BORN.MEDEA“ : Walter Mussil
Fotos_Portrait Julia Zangger _ https://www.jula-zangger.at/galerie
Walter Pobaschnig _ 3.11.2023