„Das Theater muss lebendig bleiben“ Ina Jaich, Regisseurin, Schauspielerin _ Wien 11.5.2023

Liebe Ina Jaich, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Vom Bett auf die Yogamatte rollen, meine Glieder auseinanderziehen, Kaffee, schreiben, Musikhören und ab in den vollgestopften 46er ins Theater, Proben, Technikbesprechung, am Petersplatz die Kutschen anschauen, wieder ins Dunkel, weiter. Am Abend nochmal den Text durchgehen und vielleicht noch jemand treffen und eine Runde spazieren. Es ist das erste Mal, dass ich an einem Projekt als Schauspielerin und Regisseurin arbeite. Das ist spannend, aber auch ein ausgefülltes Leben.

Ina Jaich, Regisseurin, Schauspielerin _
aktuelle Produktion „DAIMON. DIE NAMENLOSE“ WERK X-Petersplatz, Wien 1010.
Spieltermine _Premiere: Dienstag, 16.05.2023 & Mittwoch 17.05.2023.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Ich glaube, dass wir den Bezug zu uns selbst nicht verlieren. In uns hineinhören und spüren, was wir wirklich brauchen. Unterscheiden zu dem, was uns vielleicht suggeriert wird, was wir brauchen sollen.

Und realisieren, wenn uns die Angst leitet, die ja auch gerade so viele von uns haben.

Zuzuhören, für einander da zu sein und zu spüren, dass man nicht alleine ist. Das ist immer wichtig.

„DAIMON. DIE NAMENLOSE“

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Theater/Schauspiel, der Kunst an sich zu?

Ich glaube, dass es tatsächlich wichtig ist, sich zu positionieren und Stellung zu beziehen. Auch wenn man denkt, dass man selber nichts ausrichten kann und an vielem zweifelt, so wie ich. Es gibt so viele Brandherde gerade und Menschen, die betroffen sind. Wenn man den Missstand benennt und nicht wegsieht, ist es immerhin ein Anfang. Und darin, dass gerade so Vieles offen liegt, besteht auch eine Chance!

„DAIMON. DIE NAMENLOSE“

Ich glaube, wir brauchen die Kunst, es ist etwas zu tiefst Menschliches. Den Raum für das Irrationale, die Überforderungen, die ungelebten und unterdrückten Gefühle und Gedanken. Und das in etwas Eigenständiges, Lebendiges zu transformieren. Etwas, das nagt, tröstet oder aufweckt, je nachdem oder alles zusammen.

Das Theater muss lebendig bleiben.

„DAIMON. DIE NAMENLOSE“ Live-Musik, Komposition: Antonia Dering

Was liest Du derzeit?

Momentan nur meinen Text, den ich gerade probe. Das ist ein 15 seitiger Monolog, da bleibt nicht viel Zeit für andere literarische Ausflüge.

Die Premiere von „DAIMON. Die Namenlose“ ist am 16.05.2023 im Werk X Petersplatz. 

Danach freue ich mich sehr über Empfehlungen, her damit!

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

Gibt Mama Opa Opium, bringt Opium Opa um.

Einer meiner Lieblingssätze aus unserem Stück, in dem es um Trauma, Isolation aber auch um eine große Lebenslust geht. Bringt mich jedes Mal zum Lachen, ist doch gut!

Vielen Dank für das Interview liebe Ina, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Theater-, Film-, Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute! 

5 Fragen an Künstler*innen:

Ina Jaich, Regisseurin, Schauspielerin

Ina Jaich, Regisseurin, Schauspielerin

Zur Person_

Ina Jaich | Regie, Schauspiel

1984 in Stuttgart geboren. Nach ihrem Schauspielstudium an der akademie für darstellende kunst adk-ulm arbeite sie an verschiedenen Theatern im europäischen Raum, wie HAU – Hebbel am Ufer Berlin, Thalia Theater in Hamburg, Stadttheater Gent / NTGent oder dem WERK X-Petersplatz in Wien und mit Filmregisseur*innen wie Christian Klandt, Rainer Kaufmann, Sophie Linnenbaum oder Alexei Popogrebski. 2020 arbeitete sie mit Luk Perceval und Steven Heene in Gent.

Für ihre Rolle im Kinofilm „Viva Forever“ von Sinje Köhler wurde sie für den Förderpreis Neues Deutsches Kino in der Kategorie Schauspiel des Filmfest München nominiert. Sie war Protagonistin des Festivaltrailers der Diagonale’21 – Festival des österreichischen Films unter der Regie von Jennifer Mattes, sowie Dramaturgin 2022 im Rahmen des partizipativen Projektes „Moving the Forum“, das sich kritisch mit der Stiftung Humboldt Forum auseinandersetzte.

Für den rbb – Rundfunk Berlin-Brandenburg konzipierte und spielte sie 2021 die Hörspiel-Performance „Funken der Liebe“ auf Grundlage des Hörspiels „SOS … rao rao … Foyn“ von Friedrich Wolf zum 90-jahrigen Jubiläum des Haus des Rundfunks Berlin.

www.castupload.com/actors/ina-maria-jaich

Aktuelle Produktion „DAIMON. DIE NAMENLOSE“ _ von Christian Kühne

Ina Jaich, Regisseurin, Schauspielerin _
aktuelle Produktion „DAIMON. DIE NAMENLOSE“ WERK X-Petersplatz, Wien 1010.
Spieltermine _Premiere: Dienstag, 16.05.2023 & Mittwoch 17.05.2023.

Isoliert in ihrer Wohnung, begibt sich eine Frau* auf die Suche nach einer neuen Form des Seins, die unabhängig ist von allen Prägungen, Erfahrungen, äußeren Bildern und Einflüssen.
Sie glaubt, diesen Zustand im Wahnsinn zu finden, der ihr schon einmal in einer Klinik genommen wurde. Auf der Suche nach neuen Bildern einer anderen Existenz stellt sie ihre Identität in Frage, ihr Geschlecht und ihre Rolle in der Gesellschaft. Während dieses Prozesses erblindet sie.
Ihr einziges Werkzeug ist eine Kamera, die ihren Blick ersetzt.
Von den Gespenstern ihrer Vergangenheit eingeholt, bemächtigt sie sich dieser. In ihrem radikalen Kampf um Autonomie, nimmt sie auch den Zerfall ihres Selbst in Kauf. Wird die Namenlose am Ende, wenn sie sich von allem gelöst hat, bestehen?

Der im Stück benannte „Bildverlust“ wird als zentrales Thema aufgegriffen.
Als Resultat der Bilder, die uns konstant umgeben und die unser Selbst- und Fremdbild sowie die Idealisierung und Stereotypisierung dieser wesentlich mitbestimmen.
Ist es möglich, aus der Spirale von (Wahn-)Vorstellungen und Projektionen sowie den damit verbundenen seelischen Verletzungen auszubrechen, diesen Mustern eigene Bilder entgegenzusetzen? Oder bleiben diese stets nur Reaktionen auf augenscheinliche Wahrnehmungen und Erinnerungen und somit unweigerlich mit jeder (optischen) Vorgabe verknüpft? Können die Grenzen der Bilder in unseren Köpfen lediglich verschwimmen oder tatsächlich aufgehoben werden? Was passiert, wenn wir nicht mehr dem entsprechen, was von uns erwartet wird?

Um eine neue Perspektive einnehmen zu können, treten die anderen Sinne in den Vordergrund. Musik, Geräusche, die Magie der Sprache, Bewegung sowie das körperliche Erspüren des Raumes als Widerstand führen zum Aufreißen scheinbarer Sicherheiten und Strukturen.

„DAIMON. Die Namenlose“ bewegt sich an der Schnittstelle zwischen Theater, Literatur und Film. Inspiriert von Sylvia Plath, Ingmar Bergman, Virginia Woolf und Anderen, beschäftigt sich die Inszenierung mit Trauma, psychogener Blindheit, Identität und der Möglichkeit eines freien, selbstbestimmten Lebens im Spannungsbogen von Verzweiflung und Euphorie.

Ina Jaich | Regie, Schauspiel (rechts) _ Jennifer Mattes | Regie, Bühne, Kostüm, Video


„DAIMON. DIE NAMENLOSE“ _ von Christian Kühne

Uraufführung. Eine Produktion von zij in Kooperation mit WERK X- Petersplatz

Inszenierung: Ina Jaich, Jennifer Mattes

Text: Christian Kühne

Live-Musik, Komposition: Antonia Dering

Bühne, Kostüm, Video: Jennifer Mattes

Mentoring: Luk Perceval

Dramaturgie, Regieassistenz: Laura Brechmann

Recherche: Zeynep Alan

Produktionsleitung: Magdalena Stolhofer

WERK X-Petersplatz, Wien 1010. Spieltermine _Premiere: Dienstag, 16.05.2023 & Mittwoch 17.05.2023.

Beginnzeit: 19.30 Uhr

DAIMON. Die Namenlose

Fotos _Produktion: Arthur Summereder; Portrait Ina Jaich:  Urban_Ruths; Portrait Ina Jaich und Jennifer Mattes: Sebastian Grimberg

10.5.2023_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

https://literaturoutdoors.com/

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