„dass Kunst viele Bereiche der Unwissenheit eröffnet“ Zoe Gudovic, Künstlerin _ Wien 4.5.2023

Liebe Zoe Gudović, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Es ist sehr interessant, dass ich derzeit an einer Veranstaltung mit dem Titel „Rest is Resistance /Ruhe ist Widerstand“ arbeite und ständig aktiv bin und im Grunde brauche ich eigentlich wirklich eine Pause. Durch die Folgen der Korona fühle ich mich sehr müde, und es scheint, dass meine Energie nicht erneuert, sondern nur verschwendet wird. Ich kann also nur sagen, dass meine derzeitige Routine paradox ist. Jeden Tag arbeite ich, dann habe ich Widerstand gegen die Arbeit, also hänge ich mit meinen beiden Katzen Fibi und Kasja ab, die mir Ruhe und Freude schenken. Ich bin auch sehr aufgeregt, weil am 6. Mai die Veranstaltung Rest is Resistance in Floridsdorf stattfinden wird, die ich in Zusammenarbeit mit Olympionik*innen Productions und im Rahmen von SHIFT, einem Förderprogramm der Stadt Wien, organisiert.

Info : https://basiskultur.at/projekte_shift_v/

toilet art, Jukebox, ph. Đorđe Tomić Fotokratija
Zoe Gudović ist Künstlerin, Feministin, Aktivistin, Kulturmanagerin,
Produzentin und Organisatorin.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Unterstützung, Liebe, Verständnis, Zuhören und Anhören sind jetzt und immer wichtig. Ich habe den Eindruck, dass wir in diesen sehr unsicheren Zeiten, in denen wir von allen Seiten Angst um die Existenz, um den Planeten, um das Leben als solches verspüren, beginnen, uns zu isolieren. Ich denke, es geht darum, für uns selbst zu sorgen, aber noch wichtiger ist es, uns gegenseitig zu unterstützen. Als Einzelne können wir Ideen haben, und wir können Fortschritte machen, aber ohne eine Gruppe von Menschen können wir nichts verändern. Und deshalb ist das Zitat von Margaret Mead für mich immer wichtig: „Zweifle nie daran, dass eine kleine Gruppe aufmerksamer, engagierter Menschen die Welt verändern kann. Tatsächlich ist das das Einzige, was jemals geschehen ist.“

 Ich glaube, wir müssen die Angst durch gemeinsame Aktionen überwinden.

Zed Zeldich Zed, Queer respirator, ph. Branko Starčević

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Theater/Schauspiel, der Kunst an sich zu?

Ich habe den Eindruck, dass es immer einen neuen Anfang und ein neues Ende gibt. Wir verändern uns ständig und lernen natürlich auch. Derzeit passen wir uns auf neue Mischformen an: Sprache, Natur und Körper. Es ist ein ständiger Aufbau von etwas, das wir verändern, sehen und erreichen wollen. Der Anfang kann auch bedeuten, dass wir die Geschichte, die Vorfahren, die Menschen an der Peripherie, am Rande und die Unterdrückten nicht vergessen. Der Anfang lehrt uns, die Vergangenheit zu erfassen, die Gegenwart zu leben, in diesem Moment präsent zu sein, zu versuchen, uns selbst zu verändern und damit auch die bestehenden sozialen Muster, die uns zugewiesen wurden, nämlich die koloniale, patriarchalische, kapitalistische Matrix.

Die Kunst nimmt, wie das Leben selbst, hybride Formen und Formate an. Was mich immer wieder erstaunt, ist, wie Menschen durch Kunst Trost, Zugehörigkeit, Liebe und Lernen finden und wie manche Menschen Kunst als gefährlich empfinden. Der wachsende konservative Trend und das Erstarken rechter Ideologien halten Kunst für gefährlich, also haben wir wieder ein großes Problem mit der Drag- und Queer-Kultur, und wieder müssen und sollten wir die Menschen daran erinnern, dass Kunst viele Bereiche der Unwissenheit eröffnet, und wir sagen ganz klar: DRAG IS NOT A CRIME. Wenn wir es realistisch betrachten, ist alles, was wir derzeit erleben, eher ein Verbrechen.

Queer respirator, Sorbet Of Sadness, ph.Branko Starčević

Was liest Du derzeit?

Ich lese gerade “All about love” von bell hooks, und das Buch “Rest is Resistance” von Tricia Hersey.

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

„Zu wissen, wie man allein sein kann, ist von zentraler Bedeutung für die Kunst des Liebens. Wenn wir allein sein können, können wir mit anderen zusammen sein, ohne sie als Mittel zur Flucht zu benutzen“ – bell hooks

Vielen Dank für das Interview liebe Zoe, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute! 

5 Fragen an Künstler*innen:

Zoe Gudović ist Künstlerin, Feministin, Aktivistin, Kulturmanagerin,
Produzentin und Organisatorin

Zur Person _ zoe gudović ist eine lesbische Künstlerin, Feministin, Aktivistin, Kulturmanagerin, Produzentin und Organisatorin. Sie wurde in Belgrad, Jugoslawien geboren und lebt seit Oktober 2021 in Wien. Sie ist Redakteurin und Moderatorin der Radiosendung Ženergija. Seit dem 2022 können wir ihre Sendung einmal pro Woche live auf ORANGE 94.0 hören.

Aktuelle Veranstaltung:

PROJEKTE SHIFT V

Dissociation, toilet art, KloHäuschen, ph.Anja Uhlig

Fotos_Portrait – privat; weitere _am Foto genannt.

30.4.2023_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

https://literaturoutdoors.com

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