
Liederabend „Mariana“ _Text, Komposition _ Birgit Radeschnig _
OFF Theater Wien 27.10.2022









Liebe Birgit, ich durfte am 27.10. Deinen Liederabend „Mariana – Ein Liederzyklus wegen Maria“ im Off Theater Wien besuchen und bin noch unter dem starken Eindruck dieses so mitreißend poetischen, sprachdynamischen wie rhythmischen modernen Requiems. Wie kam es zu dieser Produktion und Konzeption von Dir in Text, Komposition und Formation?
Der Liederzyklus als künstlerische Erzählform hat mich schon lange gereizt und eine erste Realisierung war lediglich eine Frage der Zeit und des würdigen Themas. Außerdem wollte ich schon lange mit dem Kontrabassisten Mathias Krispin Bucher zusammenarbeiten und als dann noch Florian Steinringer am Schlagzeug mit dabei war, war die Kargheit der Instrumentierung der ideale Boden für die musikalische Arbeit an meinen Textfragmenten zum Thema „Traumata in der Großelterngeneration“.




Wie Du mit Sprache und Stimme ein Thema, einen Text formst und performst, erinnert an literarische Traditionen der „Konkreten Poesie“ wie auch der „Wiener Gruppe“ experimenteller Poesie. Welchem Sprachkonzept siehst Du Dich verbunden?
Es ist eine unglaublich spannende Arbeit, textliche Information so weit zu reduzieren, dass sie in eine Liedform passt und trotzdem noch genügend inhaltliche Anhaltspunkte für das Publikum bietet. Alles Unnötige weg und das Notwendige erzählen zu lassen ist nicht nur rhythmisch, sondern auch sprachmelodisch extrem herausfordernd. Gefühlt gehe ich für einen solchen Schreibprozess eher ins Labor, als zum Laptop.






Du bist Sängerin, Kabarettistin, Musikerin, Autorin. Wie formte, formt sich Dein Musikstil?
Der Musikstil formt sich aus der Not heraus – ich war und bin äußerst übungsfaul und hab es deshalb nie zu musikalischer Virtuosität gebracht. Meine Kompositionen würde ich daher eher als „einfach“ beschreiben – oder „reduziert“, wenn es weniger stümperhaft klingen soll.










Wie gestaltet sich für Dich der Prozess der Verbindung von Text und Musik? Was ist zuerst da?
Der Text – sonst wüsste ich nicht, wo musikalisch anfangen.


Bei „Mariana“ trittst Du in einem kongenialen Trio mit dem Kontrabassisten, Sänger, Mathias Krispin Bucher, und dem Schlagzeuger, Sänger, Florian Steinringer, auf. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit und wie gestaltete sich die gemeinsame musikalische Erarbeitung des Themas?
Bei sämtlichen künstlerischen Kollaborationen steht für mich gegenseitige Sympathie im Vordergrund und vor allem bei der Aufarbeitung eines so persönlichen Themas war zwischenmenschliche Verbundenheit eine äußerst wichtige Komponente, aus der sich auch meistens automatisch ein gegenseitiges Verständnis auf musikalischer Ebene ergibt. Da im Fall von „Mariana“ sämtliche Musikstücke vor Probenbeginn von mir fertig komponiert und arrangiert wurden, war die gemeinsame Erarbeitung allerdings eher ein diktatorischer Prozess.


In Deinem Liedzyklus geht es um das Sterben einer Frau und schmerzhafte Erinnerungen an die Enge von Tradition und weiblicher Identität im Leben. Wie siehst Du dies bei „Maria“ und heute?
Bei „Mariana“ wird die Geschichte einer Frau erzählt, die in den Nachkriegsjahren ein traumatisches Erlebnis erfahren hat und an ihrem Lebensende davon eingeholt wird, weil es bis dahin nicht aufgearbeitet wurde. Zur Zeit meiner Großeltern war es noch kein Thema, nach traumatischen Erlebnissen psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen und dadurch kam es oft zu Verhaltensmustern, die wiederum die nächste Generation geprägt und beeinflusst haben. Heute gibt es für den Wunsch nach Aufarbeitung Möglichkeiten. Leistbarer müssten sie halt noch sein.

Deine musikalische Erzählweise ist eine sehr aufmerksame, dynamisch-eindringliche, die Reflexion, Kritik und Empathie verbindet. Das Zuhören ist gleichsam ein Miterleben und begeistert das Publikum. Wie entwickelst Du Deine Performance und wie gelingt Dir dieser Funkensprung zum Publikum?
Die Performance passiert und je weniger Vorsatz dahintersteckt, desto freier kann sie sich auch entwickeln. Ich wüsste auch gar nicht, wie man einen „Funkensprung“ zum Publikum plant.





Welche weiteren Auftrittsstationen gibt es für „Mariana“ und welche Projekte planst Du derzeit noch?
Am 02.11. gibt es „Mariana“ im Kleinen Theater in Salzburg und am 05.11. in den Kammerlichtspielen Klagenfurt zu sehen. Derzeit arbeite ich gemeinsam mit meiner Zwillingsschwester als Kabarettduo „RaDeschnig“ an unserem 6. Programm, das im März 2023 im Kabarett Niedermair Premiere feiern wird.









Wie sieht für Dich persönlich ein „Mariana“ Abend in Vorbereitung wie dem Danach aus?
Schlagzeug und Equipment ins Auto räumen, zum Auftrittsort fahren, Schlagzeug und Equipment aus dem Auto räumen. Soundcheck und Spannung. Sich vor der Vorstellung Fragen nach dem Verlauf der Vorstellung stellen. Nach der Vorstellung Fragen, wie die von Walter Pobaschnig, beantworten.




Herzlichen Dank für Das Interview und Deinen wunderbaren Liederabend, liebe Birgit, viel Freude und Erfolg weiterhin!

„Mariana – Ein Liederzyklus wegen Maria“ Birgit Radeschnig, Mathias Krispin Bucher, Florian Steinringer (2022)
Text, Komposition, Gesang: Birgit Radeschnig
Kontrabass, Gesang: Mathias Krispin Bucher
Schlagzeug, Gesang: Florian Steinringer
Kommende Termine:
- Mi.02.11. Salzburg _ Mariana – Ein Liederzyklus wegen Maria mit Mathias Krispin-Bucher, Florian Steinringer, Birgit Radeschnig _ Salzburg Kleines Theater
- Sa.05.11.Klagenfurt _ Mariana – Ein Liederzyklus wegen Maria mit Mathias Krispin-Bucher, Florian Steinringer, Birgit Radeschnig Klagenfurt Jazzclub Kammerlichtspiele
- https://www.radeschnig.net/
Interview und alle Fotos_Walter Pobaschnig 10/22