„Gesprächsoffen bleiben. Weitherzig, nicht hartherzig sein“ Mathias Jeschke, Schriftsteller _ Stuttgart 23.10.2022

Lieber Mathias, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Ich arbeite gemischtkalkuliert – in einer Teilzeitanstellung als Verlagslektor einerseits, als freier Autor andererseits – und habe jetzt eine sehr lange Phase ausschließlich im Home-Office hinter mir. Nun aber wird mich mein Weg für drei Tage die Woche wieder ins Verlagsbüro führen. Das ist auch deswegen nicht ganz schlecht, da ich mit dem Fahrrad fahre – die Bewegung hat mir doch spürbar gefehlt …

Mathias Jeschke, Schriftsteller

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Gesprächsoffen bleiben. Weitherzig, nicht hartherzig sein. Viel Geduld haben miteinander, doch auch – wo nötig – klare Grenzen setzen. Nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen, dennoch differenziert und konkret kommunizieren. Für mich persönlich ist die Trias aus Glaube, Liebe und Hoffnung eine gute, zukunftsweisende Lebensgrundlage, auch für das Miteinander in allen sozialen Zusammenhängen, in denen ich mich bewege.

Vor einem Aufbruch werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?

Wie immer und zu jeder Zeit – und welche Zeit wäre nicht in irgendeiner Weise exzeptionell – ist die Aufgabe der Kunst, auch der Literatur, der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten und sollte es nur dazu dienen, um festzustellen, ob überhaupt noch ein Lebenshauch in ihr ist. Die Kunst tut der Gesellschaft einen großen Gefallen, indem sie sie mit den ihr eigenen so besonderen, weil ungewöhnlichen Mitteln immer wieder beharrlich vor den Kopf stößt und sie damit aus dem Schlaf reißt, in den sie so gerne leichtfertig verfällt. Ästhetischer Kunstgenuss ist nicht möglich ohne das Element der Irritation, ohne, dass Menschen um wenigstens ein paar Neuronen-Mikrometer aus der Bahn ihrer alltäglichen Gewohnheiten geworfen werden und begreifen, dass sie umdenken müssen, wenn Frieden und Gerechtigkeit ihnen wirklich etwas bedeuten.

Was liest Du derzeit?

Mario Schlembach, „Heute graben“. Kremayr & Scheriau, Wien 2022

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

„Dann stieg A. in den Zug und es war mir sofort klar, dass es nur einen einzigen Zweck für Worte gab: sie! Meine Welt lag jetzt in ihren Augen.“ (Schlembach, S. 8)

Vielen Dank für das Interview lieber Mathias, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute! 

Sehr gerne, lieber Walter!

5 Fragen an Künstler*innen:

Mathias Jeschke, Schriftsteller

https://www.mathiasjeschke.de/

Foto_Wolfgang Irg

31.5.2022_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

https://literaturoutdoors.com

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