„Mozarts Musik ist Schönheit und reine Perfektion“ Hristina Susak, Komponistin _Wien/Berlin 13.10.2022

Hristina Šušak, Komponistin, Performancekünstlerin _ Wien _ Berlin

Liebe Hristina, wir treffen uns hier im Herzen Wiens am Stephansplatz zu einem Fotoshooting. Hast Du im Stephansdom bereits eine Aufführung Deiner Kompositionen gehabt?

Im Stephansdom hatte ich leider noch keine Aufführung, da zeitgenössische Musik nicht so oft in Kirchen gespielt wird. Es ist aber mein großer Wunsch, meine Musik in Zukunft auch in einer Kirche und vielleicht genau im Stephansdom aufzuführen und dazu habe ich schon manche Ideen.

Ich bin von der Akustik von Kirchen fasziniert, welche auch meiner Kompositionästhetik entspricht. Auch eine Kirche für sich bedeutet viel für mich.

Dein neuer Lebens- und Kunstmittelpunkt wird jetzt Berlin. Wann und wie bist Du in Berlin angekommen?

Seit Oktober 2021 unterrichte ich Tonsatz an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig. Jetzt beginne ich parallel mit dem postgradualen Studium „Meisterklasse Komposition“ beim weltberühmten Kompositen Mark Andre an der Hochschule in Dresden.

Es hat auch geklappt, dass mein Verlobter mit seinem Doktorat in Physik auch in Berlin anfängt und wir sind vor ein paar Tagen gemeinsam nach Berlin umgezogen.

Berlin ist derzeit einer der wichtigsten Orte für Komposition und für Kunst generell.

Ich bin mit Berlin auch emotional verbunden, da mein Papa dort im Deutschen Herzzentrum und an der Charité Univerisität seine Subspezialisierung gemacht hat und ich als Kind ihn sehr oft besucht habe.

An welchen Projekten arbeitest Du derzeit?

Derzeit habe ich viele spannende Projekte, was mich sehr glücklich macht. Der weltberühmte Komponist Toshio Hosokawa hat mich bereits für 2 Aufträge im Japan vorgeschlagen und im Dezember soll ich nach Tokyo fliegen! Da wird mein neues Stück von der noh-Sängerin (traditionelle japanische Stimme) Ryoko Aoki in Kioi Hall uraufgeführt. Im März wird auch mein weiteres Stück für Shakuhachi und Blockflöte in Yodobashi Kirche gespielt.

Weiters wurde ich auch von meinem derzeitigen Professor Mark Andre für zwei Projekte vorgeschlagen: mein Orchesterstück Τα Άχραντα Πάθη wirs im Semperoper von der Hochschulorchester der HfM Dresden aufgeführt und im Juni noch ein neues Stück vom MDR Orchester. Weitere Aufführungen habe ich z.B. diese Woche in Wien in der Alten Schmiede, nächste Woche in Leipzig im Rahmen vom Impuls Festival. Im Frühling kommen noch zwei Aufführungen vom Phace Ensemble im Wiener Konzerthaus, dann weiter vom Arditti Quartett, usw.

Wir sind jetzt am Weg zum Mozarthaus. Welche Bedeutung hat Mozart für Dich persönlich und als Komponistin?

Seit meiner Kindheit ist Mozart mein Lieblingskomponist aller Zeiten; nicht nur ein Lieblingskomponist, sondern auch eine Lieblingspersönlichkeit. Als ich klein war und auch später während meiner Schulzeit, wusste jeder, dass ich mit Mozart verheiratet war. 🙂

Die Schönheit und die reine Perfektion, gleichzeitig eine vollkommene Einfacheit, sind für mich in Mozarts Musik wie ein Axiom. „Wenn man etwas nicht einfach erklären kann, hat man es nicht verstanden“ sagte damals A. Einstein; dieses Konzept fühle ich auch immer wieder: wenn ich komponiere, wenn ich konzeptuelle Performances mache, wenn ich über Mathematik und Physik lese, oder wie auch immer im Alltag.

In der Musik Mozarts fühle ich mich wie Zuhause.

Welche weiteren Komponisten*innen sind für Dich bedeutsam?

Von den älteren definitiv Bach und Tschaikowsky: seine slawische Melancholie und besonders die Orchestration. Aus dem 20. Jahrhundert schätze ich sehr die Klangsprache vom Krzysztof Penderecki und György Ligeti und von den lebenden Komponistinnen identifiziere ich mich mit der Musik von Toshio Hosokawa, Mark Andre und Iris ter Schiphorst. Von allen drei habe ich auch eine große Unterstützung, wofür ich sehr dankbar bin. Ich glaube, manche Leute auf unserem Lebensweg sind einfach das Schicksal.

Hat Dich Wien als Komponistin inspiriert?

Auf jeden Fall. Ich bin nach Wien als junges Mädchen gekommen und in dieser auch musikalisch so traditionsreichen Stadt wurde mir die ganze Welt der zeitgenössischen Musik eröffnet. Am Anfang war es für mich sehr schwierig, solche große Änderungen in meiner musikalischen Denkart zu akzeptieren, aber dank meiner Professorin Iris ter Schiphorst, die mich nicht nur als Komponistin sondern auch als Person unterstützt hat, habe ich meine eigene Sprache und den Weg in die zeitgenössische Musik gefunden.

Wir spazieren jetzt über den Wiener Graben. Welche Orte schätzt Du in Wien besonders?

Vor allem das Mozarthaus. Als ich nach Wien umgezogen bin, war ich da sehr oft. Einmal habe ich zu meinen Eltern gesagt, ich besuche das Mozarthaus so oft wie die Kirche.

Meine Uni, MDW, ist auch einer der wichtigsten Orte in Wien für mich. Da habe ich mit siebzehn Jahren mit meinem Studium angefangen; da habe ich 9 Jahre verbracht; da bin ich als Komponistin, Künstlerin und Person aufgewachsen.

Ist der Herbst eine Jahreszeit, die Du persönlich und auch als Komponistin schätzt?

Jede Jahreszeit inspiriert mich im Moment, wenn sie kommt. Der Herbst ist wahrscheinlich meine Lieblingsjahreszeit. Da beginnt die Uni, beginnt das Chaos, aber gleichzeitig die Melancholie und das Konzept der Vergänglichkeit.

Was wirst Du an Wien vermissen?

Vor allem alle meine Freunde und Professorinnen, meine Uni, das Mozarthaus, kleine Straßen, und natürlich der starke Wiener Wind, welcher meine Frisur immer kaputt gemacht hat und worauf ich immer wieder geschimpft habe . 🙂

Hristina Šušak, Komponistin, Performancekünstlerin _ Wien _ Berlin

Herzlichen Dank für das Interview, liebe Hristina, alles Gute für Deine aktuellen Pläne und das Ankommen in Berlin!

„Vienna Calling“ _ Porträt in Wort und Bild_

im Gespräch und Fotoporträt_

Hristina Susak, Komponistin, Performancekünstlerin _ Wien_Berlin

https://hristinasusak.com/

Interview und alle Fotos_Walter Pobaschnig _10.10.2022

Walter Pobaschnig  10_22

https://literaturoutdoors.com

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