„Das gleiche wie immer, Geld und ein liebevolles, unterstützendes und manchmal ablenkendes Umfeld“ Andreas Thamm, Schriftsteller _ Nürnberg 21.9.2022

Lieber Andreas, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Mitte September 22: Früh um 7 raus, schnell was frühstücken, versuchen, das Baby zu füttern und rechtzeitig angezogen in den Fahrradanhänger zu verfrachten. Kurz zu Eingewöhnung in der Kita abhängen, heim, Mittagessen, Spielplatz, Abendessen, Sofa, Bett, oder so in der Art. In den Pausen, die das Baby durch seine zwei Nickerchen vorgibt: Homeoffice für das curt Magazin Nürnberg, Mails checken, Rechnungen schreiben oder bezahlen, Spülmaschine, Waschmaschine, Staubsaugerroboter in Tätigkeit versetzen, paar Zeilen am Roman schreiben, paar Zeilen an einem Artikel für ein Magazin/eine Zeitung schreiben, dies, das. Bald wird sich das zur Hälfte in Büro, zur anderen Hälfte in Care-Arbeit aufteilen, wiederum aufgeteilt mit meiner Partnerin, sodass sich in den kommenden Wochen ein neuer Tagesablauf etablieren wird. Und ich herausfinden muss, was ich wo reduzieren kann.

Andreas Thamm_ Schriftsteller, Journalist

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Das gleiche wie immer, Geld und ein liebevolles, unterstützendes und manchmal ablenkendes Umfeld. Mit guten Wünschen und Gottvertrauen kann man nicht heizen und allein ist alles noch viel mühsamer.  

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?

Literatur (Film und Theater und so mitgemeint) kann uns ja wie nichts anderes Perspektiven außerhalb unserer eigenen Lebenswelt eröffnen und uns damit bei unseren ewigen Versuchen in Empathie und Menschenfreundlichkeit unterstützen.

Andererseits fand ich die Literaten und Intellektuellen in den vergangenen Monaten im Postulieren, Fordern, Offenebriefeschreiben weder schlau noch hilfreich. Es tut dem Output von Künstler*innen nicht gut, wenn sie ihre Rolle zu wichtig nehmen. Unsere Aufgabe ist es am Ende Literatur zu machen, also Geschichten erzählen und das ist doch auch schon ganz viel.

Was liest Du derzeit?

– Jeff Chi: Who is the Scatman? Eine Graphic Novel über das Leben von John Larkin, besser bekannt als Scatman John, sehr berührend, sehr empfehlenswert.

Erich Kästner: Pünktchen und Anton. Ich hab irgendwie nie Kästner gelesen und finde es jetzt umso interessanter, mal zu kucken, wie der Sachen gemacht hat.

Amos Oz: Plötzlich tief im Wald

Jörg Alt: Widerstand! – Gegen eine Wirtschaft, die tötet. Das ist für eine Recherche.

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

All the beautiful things ever seen on our world have, of course, already been seen—are being seen at this instant and will always be seen—by our descendants, and by their doubles who have preceded and will follow them. Scions of a finer humanity, they have already mocked and reviled our existence on dead worlds, while overtaking and succeeding us.

Eliot Weinberger

Vielen Dank für das Interview lieber Andreas, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute! 

5 Fragen an Künstler*innen:

Andreas Thamm, Schriftsteller

Zur Person: Andreas Thamm, geboren 1990 in Bamberg, hat in Hildesheim Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus studiert. Lebt als Journalist, curt-Redakteur Autor und Suppenkoch in Nürnberg. Texte erschienen in: taz, ZON, SPON, Fluter, etc. Bei Magellan erschienen die Jugendromane „Heldenhaft“ und „Wenn man so will, waren es die Aliens“, in der Serie945756 der Roman „Unter Schluchten“. Andreas Thamm ist Kulturförderpreisträger und Arbeitsstipendiat des Freistaats Bayern 2020 und Kulturpreisträger der Stadt Nürnberg 2021.

 Foto_privat

20.9.2022_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

https://literaturoutdoors.com

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