
_ reenacting Romy Schneider
Liebe Mara, welche Bezüge, Zugänge gibt es von Dir zu Romy Schneider?
Eine große Gemeinsamkeit von Romy und mir ist wohl die Liebe zu Frankreich und der französischen Sprache. Paris ist, durch meinen längeren Aufenthalt dort, ein wenig Heimat für mich geworden… Zumindest das Gefühl, welches mich durchzieht, wenn ich wieder dort hinkomme ist sehr „heimelig“. Wenn ich nur daran denke, kribbelt es in meinem Bauch. Vielleicht werde ich es noch einmal schaffen länger dort zu leben.

Durch die Sissi-Trilogie bin ich (wie so viele Leute in Österreich) schon im Kindesalter Romy „begegnet“ und sie hatte damals bereits eine Faszination auf mich ausgeübt. Die Lockerheit und Authentizität mit der sie bereits diese Rolle verkörperte ist mitreißend – ihrer Schönheit nichts hinzuzufügen.

Die kämpfende und wandelbare „Romy“ die sich trotz widriger äußerer Umstände und seelischer Tiefen nicht geschlagen gibt, ist ein Vorbild. Es ermutigt mich vor allem im Bereich Schauspiel weiterzukämpfen bzw. auszuharren.



Gibt es einen Film von Romy Schneider, den Du hervorheben möchtest und warum?
Den Film „Christine“, Regie: Pierre Gaspard-Huit, Hauptrollen: Romy Schneider und Alain Delon

Abgesehen davon, dass mein Zweitname auch Christine ist und der Film in Wien spielt, schätze ich die Werke Arthur Schnitzlers sehr. Dieser Film basiert ja auf Schnitzlers Theaterstück „Liebelei“.

Wobei ich ehrlich sagen muss… Künstlerisch finde ich den Film nicht gelungen… Von Schnitzlers Dialogen ist wenig übriggeblieben und die Charaktere der Figuren sind ziemlich hohl. Aber auch (oder gerade) deshalb konnte ich noch besser nachvollziehen warum Romy genug hatte immer das süße Mädel zu spielen. Sie wollte zeigen, dass sie viel mehr kann. Welcher ambitionierte Mensch möchte sich schon auf ein Püppchen reduzieren lassen?



Spannend finde ich, dass dieser Film eine Art Wendepunkt darstellt. Romy lernt Alain Delon durch die Dreharbeiten kennen. Alain war Beispiel für einen ganz anderen Lebensstil – eine Art wild-boy – das hat sie bestimmt fasziniert.

Romy kommt in Kontakt mit der französischen Sprache und vor allem auch mit der französischen Filmwelt. Das Abenteuer Frankreich konnte beginnen.


-Ein Gedicht von Kurt Tucholksy, welches mir gekommen ist. Natürlich hat es einen anderen (geschichtlichen) Hintergrund aber irgendwie passt es für mich zum Thema Romys Geschichte und die Stadt Paris.

Park Monceau
Hier ist es hübsch. Hier kann ich ruhig träumen.
Hier bin ich Mensch– und nicht nur Zivilist.
Hier darf ich links gehn. Unter grünen Bäumen
sagt keine Tafel, was verboten ist.

Ein dicker Kullerball liegt auf dem Rasen.
Ein Vogel zupft an einem hellen Blatt.
Ein kleiner Junge gräbt sich in der Nasen
und freut sich, wenn er was gefunden hat.

Es prüfen vier Amerikanerinnen,
ob Cook auch recht hat und hier Bäume stehn.
Paris von außen und Paris von innen:
sie sehen nichts und müssen alles sehn.

Die Kinder lärmen auf den bunten Steinen.
Die Sonne scheint und glitzert auf ein Haus.
Ich sitze still und lasse mich bescheinen
und ruh von meinem Vaterlande aus.

Gab es Berührungspunkte zu Werk und Leben Romy Schneiders in Deinen bisherigen Schauspielprojekten?
Nein leider keine wirklich erwähnenswerten Punkte. Ich hoffe sehr, dass sich das noch ändern wird. Das einzige vielleicht… Bei einer meiner ersten Lesungen habe ich ein Gedicht von Kaiserin Elisabeth vorgetragen 😉

Wie siehst Du das Spannungsverhältnis von Leben und Schauspielberuf bei Romy Schneider wie an sich?
Ihre anfänglich möglicherweise naive Freude am Schauspielen hatte sich im Laufe der Jahre wohl verändert. Das Schauspielen wurde für Romy Schneider vermutlich zunehmend ein Kanal um ihr Privatleben bewältigen zu können. Sie konnte ihre riesige Bandbreite an Emotionen dort einsetzen, hinauslassen, benützen. Es ist faszinierend, wie sehr Romy sich im Film und somit für ihr Publikum öffnen konnte. Sie hatte sich damit schließlich verletzlich und angreifbar gemacht. Der Mut sich alldem auszusetzen – Respekt.

Ich verstehe absolut, dass sie in Interviews nicht über ihr Privatleben sprechen wollte. Man braucht als Mensch sein „Eigenes“. Warum sollte man sein ganzes Leben mit der Öffentlichkeit teilen?


Ich frage mich, wie es Romy in Zeiten von Social Media ergangen wäre…

Romy Schneider wechselte nach großen Schauspielerfolgen in den 1950er das Filmgenre wie das Land. Wie siehst Du die Möglichkeiten deines persönlichen Entwicklungsweges im Schauspielberuf?
Romy hatte wirklich Mut. Sie ist in ein fremdes Land gegangen um dort neu Fuß zu fassen. Eine innere Dringlichkeit, die durch diverse Umstände ausgelöst wurde (ihre Mutter, Deutsche Filmindustrie, Fans, Alain…), hatte ihr wahrscheinlich noch zusätzlichen Antrieb gegeben.

Dieser innere Motor, die Dringlichkeit, der Kampf mit dem Kopf über Wasser zu bleiben, kann in den besten Fällen Möglichkeiten eröffnen. Jedoch finde ich es auch wichtig zu lernen, sich an dem zu freuen was man schon erreicht hat. Das kann helfen. Habe zumindest die Hoffnung.

Und, ich habe nichts dagegen für meinen Beruf in ein anderes Land zu gehen. Ich will offenbleiben und mich nicht auf Etwas versteifen.

Was kann eine Schauspielerin von Romy Schneiders Werk und Leben mitnehmen?
Viel! Die natürliche, unaufgeregte, verspielte Spielweise. Locker und authentisch – auch in ihren Interviews wirkt sie nicht aufgesetzt. Ich denke, sie hat sich selbst nie zu ernst genommen. Sie war eine Zweiflerin und genau das macht sie in ihren Rollen so spannend. Der Mut zu Neuem, zu Herausforderungen – sie stellte sich ihren Ängsten. Ihre Neugier. Die Freude sich weiterzuentwickeln.
Ihre Art sich nicht ständig selbst inszenieren zu müssen sagt mir sehr zu.


Gibt es etwas typisch Wienerisches bei Romy Schneider?
Spontan fällt mir nichts Prägnantes ein. Ernst Marischka, der österreichische Regisseur war ein Wiener und hatte Romy soweit ich weiß unter seine Fittiche genommen. Die Filme wie Sissi, Christine etc. spielten vor allem in Wien und sie nannte sich angeblich gerne eine „Österreicherin“…

Was bedeutet Dir Wien/Österreich und welche Erfahrungen hast Du hier im Schauspielberuf gemacht?
Dafür, dass ich mir früher nie gedacht hätte so lange in Wien zu bleiben, bin ich schon recht lange hier und fühle mich wohl. Wien hat als Stadt viel zu bieten und ist trotzdem überschaubar, keine Mega-City.


Weitere gute Erfahrungen habe ich in der Steiermark und in Niederösterreich gemacht. Oftmals findet man am Land, in kleineren Städten noch sehr theaterhungrige Leute, scheint mir zumindest so.

Durch die vielen lieben und super KollegInnen die ich während meiner Ausbildung und bis jetzt kennenlernen durfte hatte ich (finalement – trotz Pandemie!) einen schönen und durchaus spaßigen Einstieg in den Schauspielberuf! Ob es immer Wien bzw. Österreich sein wird…? Vermutlich wäre ein Ortswechsel eines Tages spannend!



Wie siehst Du die Möglichkeiten als Schauspielerin in Wien/Österreich?
Eine gute Frage… Ich denke es ist wichtig zu wissen, wo man sich als Schauspielerin sieht… Theater, Film, Sprechen, Moderation,… Oder alles. Vielleicht gibt es auch eine Nische bzw. einen Bereich der einem besonders zusagt und wo es Nachfrage gibt. Ich merke, dass z.B. im Bereich Wissensvermittlung (Museen etc.) immer mehr Bedarf besteht – Wissen auf eine anregende, spielerische Art weiterzugeben. Es ist die Frage welchen Fokus man sich setzen möchte. Ich bin oftmals auf der Suche – vielleicht ist das etwas was mich mit Romy verbindet?
Zum Thema „klassisches Schauspiel“ – wenn ich aus einer der berühmten, österreichischen Schauspieldynastien stammen würde, oder gute Verbindungen dorthin hätte, wäre es wohl erheblich einfacher an Schauspieljobs zu gelangen. In unserem „Land der Berge“ ist es außerdem als einfache Österreicherin mit den Jobchancen meist noch mal schwieriger wegen der Aussprache… Manchmal wünsche ich mir, ich hätte bereits als Kind einen richtigen deutsch-deutschen Akzent zu sprechen gelernt (oder auch „Deutschisch“ wie wir es in der Familie nennen). Gerade für die Bühne ist das hierzulande von großem Vorteil. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden… Und: Dafüa konn i holt a no steirisch!

Oui. C’est la vie!

Was wünscht Du Dir für den Schauspielberuf?
Für den Schauspielberuf allgemein?
Dass man auch von außen die Arbeit, die man als Schauspieler hat, anerkennt und den Beruf nicht nur als „Tralala“ ansieht.

Für meinen Beruf persönlich, sozusagen, hätte ich bitte gern ein Stück vom Glück.


Was sind Deine kommenden Projekte?
Nachdem ich im Sommer für ein paar Wochen dem Schauspiel (nach außen hin) den Rücken gekehrt haben werde…

Die Wiederaufnahme „Reigen“ von Arthur Schnitzler mit dem wunderbaren Verein ergoarte unter der wunderbaren Regie von Peter Pausz auf Schloss Artstetten.

Ein eigenes Herzens-Projekt mit zwei Schauspielkolleginnen. „Der Verstorbene“ von René de Obaldia und zwei weitere Einakter, in Wien und der Steiermark.
…

Was möchtest Du Schauspielstudenten*innen mitgeben?
Ich habe gerade noch ein kurzes Gedicht von Christian Morgenstern gelesen:
„Lass dich nicht nach Menschenweise an den Tanz der Dinge binden.
Sprich: Verwirrt mir nicht die Kreise!
Alles andre wird sich finden.“


























































Was würdest Du Romy Schneider sagen, fragen wollen?
Was ihre zweite Berufswahl gewesen wäre… Bzw. eine etwas unsinnige Frage (ich nehme an, dass ich Romy mit DU anreden dürfte 😉): Wenn deine Eltern keine Schauspieler gewesen wären, hättest du dich trotzdem so stark für diesen Beruf interessiert?

Wie siehst Du die Umstände des Todes von Romy Schneider?
Da ich nicht „dabei“ war und auch zu Romys Lebzeiten noch nicht auf der Welt, fällt es mir schwer einen Kommentar abzugeben. Aber ich vermute, dass ihr früher Tod bestimmt den „Mythos Romy“ noch verstärkt hat. Wenn man daran denkt, dass Marlene Dietrich sich die letzten Jahre ihres Lebens der Außenwelt komplett entzogen hatte um als DER Star in Erinnerung der Menschen zu bleiben…In dem Punkt hatte Romy ihr wohl etwas „voraus“. Wenn der Ex-Mann Selbstmord begeht und der eigene Sohn vom Gartenzaun aufgespießt wird, sind die Nachwehen bei einem selbst bestimmt unfassbar schmerzvoll. Ob es Suchtmittelabhängigkeiten gab oder nicht etc. ist nicht wichtig.

Darf ich Dich abschließend zu einem Romy Schneider Achrostikon bitten?
R- avis
O- ffenherzig
M-utig
Y- eux brillants




_ reenacting Romy Schneider

Vielen Dank, liebe Mara, viel Freude und Erfolg für alle Projekte!
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