„Dass man keine Angst hat. Vorm Leben.“ Bernhard Bilek, Autor_ Wien 5.7.2022

Lieber Bernhard, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Analog zur Textzeile „So I start a revolution from my bed“ aus Oasis-Song „Don´t Look Back in Anger“,  koordiniere und übe ich ausgerüstet mit Laptop, Handy und aktueller Lektüre auf meinem Couchbett meine multiplen Aufgaben für den  von mir mitbegründeten Theatervereins „Wiener*innen Wahnsinn“ aus. Mein Aufgabenspektrum umfasst Autor, Regisseur-to-be, Produktions- und Kommunikationsleitung.

Zwischen diesen Identitätssprüngen esse ich viel proteinhaltige Nahrung und gehe dreimal die Woche zum Krafttraining ins Fitnesscenter, um das alles körperlich -um es auf Wienerisch zu sagen- „zu d`erheben und d`erstemmen“😉

Wichtig ist mir, dass jede Woche arbeitsfreie Wochenenden eingehalten werden.

Bernhard Bilek, Autor, Regisseur, Theatermacher, Kultur- und Kommunikationsmanager

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Den Augenblick genießen, an das Leben und nicht an Demagog*innen glauben.

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Theater/Film, der Kunst an sich zu?

„Das einzige Beständige ist der Wandel“, sagte Techno-DJ Sven Väth mal in einem TV-Interview und zitierte dabei den antiken griechischen Philosophen Heraklit. Deswegen finde ich es wichtig, loslassen zu können und auch loslassen zu müssen. Nichts ist von Dauer und Beständigkeit, am wenigsten das Leben. Wesentlich ist für mich die Solidarität mit meinen Mitmenschen, der Gemeinschaftssinn, denn wir alle sitzen im gleichen Boot der Endlichkeit unserer aller Leben. Wir sollen unsere Vielfalt akzeptieren, uns nicht gegenseitig das Leben schwer machen und uns gegenseitig ausgrenzen. Wir sollen uns auch nicht Leid, Gewalt und Grausamkeit zufügen wie leider aktuell ganz nah in der Ukraine geschieht. Denn da lassen die politisch Verantwortlichen nicht von alten Konzepten, Ideen und Fixierungen los.

Theater/Film bzw Kunst an sich können meiner Meinung nach keine kollektiven Konflikte und Dynamiken lösen, aber sie können auf fruchtbaren Boden fallen bei individuellen Menschen, die ihren Teil dazu beitragen können und diesen Trost, Hoffnung, Freude, Gemeinschaft und Inspiration spenden.

Ich finde es auch in Ordnung, wenn Kunst uns hilft unser Leben erträglicher zu gestalten und in manchen Fällen einfach eine synästhetische Erfahrung -gerne mit Irritationen- ist 😉 Ohne die filmischen Werke von David Lynch oder Madonnas musikalischen Backkatalog würde ich nicht leben wollen. Für mich gehören auch Drag Queens und Drag Kings zu den größten lebenden Künstler*innen, weil sie über ihr Zeichenrepertoire von Make-Up, Perücken, Kleidung und Körperformen die biologistischen Konstruktionen von Identität und Geschlecht so bildgewaltig subversiv unterwandern und dekonstruieren, die besonders Religionen und rechte Ideologien uns allen immer ideologisch aufzwingen wollen.

Was liest Du derzeit?

Ich lese immer gleichzeitig mehrere Sachen quer. Aktuell reicht mein Lesespektrum von einer Werkmonographie des britischen Regisseurs Ken Russell über von Kleists „Die Marquise von O“ und Hararis „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ bis zu allem, was ich filmhistorisch und -wissenschaftlich über den Stummfilmstar Rudolph Valentino in meinem Bücherregal finde.

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

„Der (Johnny) glaubt: Dass man für das Leben: Des für einen richtig ist: Kämpfen muss. (…). Der liebe Gott ist wurscht. Und der Himmel auch. Aber nicht des Leben. (…) Einfach die Beine in die Hand nehmen und dem Leben in die Arme werfen. Und drauf (scheißen): Was andere sagen. Die sind ja nur neidig: Weil´s Angst haben: Dass man keine Angst hat. Vorm Leben.“

(Mitzi in „Trümmerherz“, 6. Szene, Seite 18)

Vielen Dank für das Interview lieber Bernhard, viel Freude und Erfolg für Deine großartigen Theater-, Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!

5 Fragen an Künstler*innen:

Bernhard Bilek _ Autor, Regisseur, Theatermacher, Kultur- und Kommunikationsmanager

Foto_Matthias Heschl

1.7.2022_Interview_Walter Pobaschnig. Das Interview wurde online geführt.

https://literaturoutdoors.com

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