Liebe Gabriele, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Ich lebe abwechselnd in Wien und in einem kleinen Dorf in der Steiermark, und wie mein Tag verläuft hängt davon ab, wo ich gerade bin, aber nach dem Aufwachen und dem Kaffeetrinken lese ich die Nachrichten, recherchiere, höre Musik und mache mir Notizen. Vormittags schreibe ich, mittags gehe ich für ein, zwei Stunden in den Wald, wenn ich im Dorf bin, oder ich ziehe mir zur Entspannung eine Folge der Serie „Sturm der Liebe“ rein, wenn ich in Wien bin. Nachmittags schreibe ich weiter, gebe Nachhilfe, bossle herum oder tue etwas im Garten. Am Land gehe ich früh schlafen, in Wien habe ich abends oft Besuch oder gehe ins Theater oder essen.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Ich glaube, der zumindest zeitweise persönliche Rückzug aus einer Welt des Egoismus, der Krisen und der Kriege ist für alle wichtig. Das heißt nicht, den Kopf in den Sand zu stecken, sondern zu versuchen, sich Nischen zu schaffen, in denen man allein oder mit anderen gut leben kann, auch wenn man sich dessen bewusst ist, dass draußen die Hölle los ist.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Ich denke, es ist wichtig, sich der Veränderungen, die passieren, bewusst zu sein, sie zu reflektieren und neue Visionen zu entwickeln. Kunst, die meiner Meinung nach oft aus einem Mangel heraus entsteht, kann gesellschaftliche Mängel aufzeigen, alte Narrative und Muster hinterfragen, Grenzen überschreiten, neue Utopien und Bilder schaffen,…, und die Literatur kann zudem Sprache geben – dort, wo sie fehlt.
Was liest Du derzeit?
Ich lese vor allem österreichische Literatur, zur Zeit „Die Infantin trägt den Scheitel links“ von der wunderbaren Helena Adler, die eine große literarische Stimme ist, auch wenn sie so früh verstarb.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Émile Cioran sagte: „Ich träume von einer Welt, in der man für ein Komma stirbt.“ Das ist allemal besser als für eine Fahne oder für Geld sterben zu wollen.
Vielen Dank für das Interview, liebe Gabriele, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen: Gabriele Vasak, Schriftstellerin
Zur Person/über mich: Gabriele Vasak, Jahrgang 1963, geboren in Wien und aufgewachsen in verschiedenen Orten in Österreich, lebt und arbeitet heute in Wien und einem kleinen Dorf in der Steiermark. Die steten Wechsel ihres Lebensmittelpunkts haben sie als einen heimatlosen und für diverse Lebensentwürfe offenen Menschen geprägt.
Schon lange vor ihrem Studium der Germanistik und Romanistik galt ihr Hauptinteresse der Literatur und dem Schreiben. Erste Publikationen erschienen bereits in ihrer Schulzeit in „Neue Wege“, entscheidende Förderung erhielt sie später von ihrem Mentor, dem Poeten Gert Jonke.
Ihr Debütroman „Mauersegeln“ (Milena Verlag, 1998) wurde von der Kritik als ein Stück intelligente und stilsichere Literatur zur Arbeitswelt gelobt. Es folgten fünf weitere Romane, zwei Lyrikbände und Publikationen in Literaturzeitschriften, thematisch um Arbeit, Krankheit und Liebe angesiedelt.
Ihr bislang letzter Roman „Ich bin die ich bin“ (Gabriele Vasak, 2022 ) erzählt das Leben dreier Frauen, die von einer rätselhaften Krankheit befallen sind und radikal-individuelle Wege der Bewältigung ihres Leidens suchen und finden. Auf Ö1 wurde er von Christa Nebenführ so vorgestellt: „Der Roman kann als existenzphilosophische Antwort auf die Frage des Lebens mit einer nie zur Gänze erfassbaren Krankheit gelesen werden.“
Aktueller Roman:

Das Buch mit dem Coverbild von der wunderbaren Künstlerin Michaela Grass ist als Kindle Ausgabe oder als Hardcover nach PM an mich erhältlich.
Weitere Informationen zur Autorin unter www.gabriele-vasak.at
Fotos: privat/Verlag.
Walter Pobaschnig 17/11/25