Liebe Luisa Celentano, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Kaffee aufsetzen, ins Badezimmer, Katzen füttern, Pflanzen gießen, Kaffee abholen, Nachrichten schauen und einen ungefähren Tagesablauf planen … anschließend die allerdringendsten Dinge erledigen, die anstehen, damit sie bei einem etwaigen künstlerischen Flow nicht im Hinterkopf rumoren oder am Gewissen nagen … Arbeitsplatz vorbereiten und zweiten Kaffee holen …

Jazzmusikerin, Gesangspädagogin, freischaffende Designerin/Grafikerin
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Focus auf Diplomatie, Differenzierung, Toleranz ohne Selbstsabotage und auf was die Menschen verbindet, nicht auf was sie trennt.
Auch und besonders was die Religionen angeht … ggf. das mögliche spirituelle oder kontemplative Erleben verstärkt aufzuzeigen und sich auf den gemeinsamen Nenner zu besinnen …
Das Bewusstsein darüber, welch radikaler Umwälzung es eigentlich bedürfte, um „unseren“ Planeten klimaterisch noch halbwegs zu retten …
Versuchen, nicht komplett vom Stromnetz abhängig zu sein und den inneren Frieden und den Humor zu bewahren
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Musik, der Kunst an sich zu?
Habe keine eindeutige Antwort, nur Reflexionen …
Authentizität, Vielfalt und vehementer die ureigene Handschrift entwickeln
Auf den persönlichen Finger- und dem ökologischen Fußabdruck achten
Taktiles einbauen
Verstärktes Sensibilisieren der Menschen für bestehende und drohende Gefahren unserer Lebens- und Glaubensformen
Das aktuelle Demokratiemodell kreativ verbessern helfen (um z.B. einer schlecht informierten und leicht manipulierbaren Masse entgegenzuwirken …)
Auf den Spuren dessen bleiben, was die KI niemals wird generieren können wie Emotionen, Bewusstsein, Empathie, Spiritualität, …
In der Musik z.B. herrscht von Musikkundigen und Hörbegabten bereits der Trend zurück zum Akustischen, digital Unverfälschten und zur Vinyl-Schallplattenproduktion, um verlorengegangene Klanganteile wiederzubeleben und die Dynamik … und die Sehnsucht der Menschen nach echter Manufaktur und nicht-digitaler sozialer Interaktion in allen Bereichen scheint mir ebenfalls immer evidenter …
Vielleicht sollte es einen mietbaren Gute-Nacht-Geschichten-VorleserInnen-Dienst geben von netten, sympathischen Menschen mit echten Büchern, die von alleine wieder verschwinden, sobald man eingeschlafen ist …:D
Was liest Du derzeit?
Zu meiner Schande muss ich gestehen: Es verstauben gerade zwei kleine Türme ungelesener Bücher in der Zimmerecke, weil ich im Sommer nicht dazu komme …
Aber eines der Bücher, die mich nach wie vor schon lange faszinieren und inspirieren, stammt von Joachim Ernst Berendt „Nada Brahma – Die Welt ist Klang“, in dem er z.B. Klänge aus der Natur und dem Universum, die wir nicht hören können, weil sie außerhalb unseres Hörspektrums liegen, beschreibt und hoch- oder runteroktaviert und somit hörbar macht wie z.B. Töne, die von den Planeten erzeugt werden … oder auch die vielen grundlegenden Funktionen des Ohres als erstes sich entwickelndes Organ beim Embryo, die er beschreibt, sind erstaunlich … oder der Übergang der noch hörbaren Schallwellen in nur mehr als Vibration fühlbare Schwingungen …
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Der Physiker Fritjof Capra sagte einmal über Berendt, er betrachte das Ohr als „Tor zur Seele …“ und Authentizität bedarf auch des aufrichtigen In-sich-Reinhörens … soziale Interaktion des Einander-Zuhörens … beim leisen Lesen hören wir angeblich unsere eigene Stimme …

Jazzmusikerin, Gesangspädagogin, freischaffende Designerin/Grafikerin
Vielen Dank für das Interview, liebe Luisa, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Musikprojekte und persönlich alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen: Luisa Celentano _
Jazzmusikerin, Gesangspädagogin, freischaffende Designerin/Grafikerin
Zur Person/über mich: Luisa Celentano
Jazzmusikerin, Gesangspädagogin, freischaffende Designerin/Grafikerin
In Sarno/Italien geboren, Emigration mit den Eltern nach Deutschland – Nach dem Abitur Praktika-/Lehr- und Studienjahre u.a. im Grafikstudio Elser in Heilbronn, der Accademia di Belle Arti P. Vannucci in Perugia – Studium Jazz- und Populargesang an der Uni für Musik und Darstellende Kunst in Graz – Studium Gesangspädagogik und Teilstudium Doktorat auf der Karl-Franzens-Uni der Musikologie in Graz – Langjährige Konzert-, Unterrichts-, Musikproduktions- und Ausstellungstätigkeit im In- und Ausland – mehrfache Preisträgerin in Design, Musik und Print – Titel Mag.art., BA – Autorin 2er illustrierter Sach- und Fachbücher
Foto: Portrait 1 _ Michael Nier; 2 _ privat.
Walter Pobaschnig 3/8/25