Lieber Thomas Liesinger, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Unterschiedlich. Montags und dienstags unterrichte ich Trompete in meinem kleinen Studio im 16. Bezirk. Davor oder danach übe ich meistens noch. An den restlichen Tage sind entweder Proben, oder Konzerte. Wenn wenig los ist, verwende ich die Zeit zum Komponieren.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Weniger oder besser reguliertes social media würde unserer Gesellschaft gut tun.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Musik, der Kunst an sich zu?
Ich finde Kunst hat eine ähnliche Aufgabe wie Journalismus. Gesellschaftliche Entwicklungen zu beobachten, kritisieren und kommentieren, ist vielleicht wichtiger denn je, in einer Zeit wo wir so stark von allen Seiten beschallt werden und der Egoismus wieder groß in Mode ist.
Was liest Du derzeit?
Bertolt Brecht – Flüchtlingsgespräche
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
„Der Pass ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustand wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustandkommen, auf die leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, aber ein Pass niemals. Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird.“
Vielen Dank für das Interview, lieber Thomas, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Musikprojekte und persönlich alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen: Thomas Liesinger, Musiker
Zur Person: Thomas Liesinger (Musiker), 1160 Wien
geboren 1987 in Bregenz, studierte Trompete an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Seit 2015 arbeitet er als freischaffender Musiker und Musikpädagoge in Wien. Im Mittelpunkt seiner künstlerischen Arbeit stehen freie Improvisation, die Erarbeitung zeitgenössischer Spieltechniken und die elektronische Prozessierung des Trompetenklangs. Besonderen Fokus legt er auf transdisziplinäre Projekte, wie zum Beispiel Mandelbox (zeitgenössische Musik und Tanz) und kit cut (freie Improvisation und bildende Kunst).
Fotos: Georg Cizek-Graf und Christoph Thorwartl
Walter Pobaschnig 27/5/25