Liebe Heike Meckelmann, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Ich lebe zwischen Deich und Meer, zwischen Alltag und Abgrund … zumindest auf dem Papier. Mein Tag beginnt früh, oft mit einem Spaziergang am Meer. Danach schreibe ich mehrere Stunden, meist an einem meiner Küstenkrimis. Der Rhythmus der Ostsee prägt auch mein Schreiben: mal ruhig wie Ententeich, mal ungestüm wie Sturmflut. Am Nachmittag kommen Struktur, Recherche und manchmal der ganz reale Wahnsinn eines Krimiplots … Mord, Lektorat, Möwengeschrei inklusive.



Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Echtheit. In einer Welt, die lauter, schneller und polierter wird, sehnen wir uns nach dem Unverstellten … nach dem ehrlichen Wort, der unverfälschten Geschichte. Ob im Dorfkrug oder in digitalen Räumen: Wir brauchen wieder mehr Zuhören, weniger Rechthaben. Und vielleicht öfter mal eine frische Brise um die Nase, die uns daran erinnert, dass wir alle Teil eines großen Ganzen sind.

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Literatur ist Wind … manchmal Rücken-, manchmal Gegenwind. Sie begleitet den Aufbruch nicht nur, sie provoziert ihn. Kunst zeigt, was fehlt, noch bevor wir es selbst spüren. Sie schafft Räume für Zwischentöne, die zwischen Schlagzeilen verloren gehen. Und sie hält fest, was sonst verweht: Identität, Erinnerung, Gewissen. Der Neuanfang braucht genau das … keine glatten Antworten, sondern wache Fragen.

Was liest Du derzeit?
Ich lese gerade „Der Salzpfad“ von Raynor Winn … eine Geschichte, die mich tief berührt. Die Verbindung zur Natur, das Gehen am Rand, buchstäblich wie metaphorisch … das ist für mich ein Buch wie ein Spaziergang am Ostseestrand bei aufziehendem Nebel: melancholisch, klar und überraschend tröstlich.

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
„Manchmal braucht es den Sturm, um das Ufer zu erkennen.“
Diesen Satz habe ich keinem großen Philosophen zu verdanken – er stammt aus einem meiner eigenen Krimis. Aber ich glaube, er beschreibt sehr gut, was Literatur kann: Uns schütteln, uns aufwühlen – und uns zeigen, wo wir stehen.
Literatur ist für mich ein Kompass:
Sie zeigt nicht immer den kürzesten Weg … aber oft den ehrlichsten.
Neben meinen Küstenkrimis erscheint im nächsten Jahr mein erstes Sinn Buch, das genau diese Gefühle beschreibt … ein ganz neuer Ton, ganz neue Wege. Und ein Roman ist gerade auf dem Weg, der alles verändern könnte.
Vielleicht, weil er tiefer geht. Vielleicht, weil er genau zur richtigen Zeit kommt.
Ich bin gespannt, wohin der Wind mich trägt … und wer mitliest.

Vielen Dank für das Interview, liebe Heike, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen: Heike Meckelmann, Schriftstellerin
Zur Person: Heike Meckelmann wurde in der Nähe von Elmshorn geboren und zog vor 35 Jahren auf die Insel Fehmarn. Sie ist Master und Bachelor im Handwerk und betrieb nach dem Studium der Betriebswirtschaft auf der Insel lange Zeit einen Handwerksbetrieb und eine Hochzeitsagentur. Lange Jahre arbeitete sie als Fotografin und nahm als Sängerin ein eigenes maritimes Album auf, bevor sie mit ihrer Familie eine Pension auf der Insel kaufte, die sie jetzt aufgab, damit sie sich nur noch dem Schreiben widmen kann. Seit 2016 arbeitet sie als freie Autorin auf Fehmarn und schreibt Kriminalromane, die überwiegend auf der Insel spielen und Reiseliteratur. Über 20 Jahre mit einem Fehmaraner verheiratet, bezeichnet sie sich durch und durch als Insulanerin, die ihre Insel genauso liebt, wie die Geschichten, die sie auf der Sonneninsel schreibt.
Aktueller Kriminalroman von Heike Meckelmann:

„Küstengeheimnis“ Heike Meckelmann, Krimi. Gmeiner Verlag
Als das Ehepaar Lore und Tim Ahlers von der Insel Fehmarn spurlos verschwindet, setzt ihre besorgte Nichte Nadja alles daran, sie zu finden. Verzweifelt bittet sie die Polizei um Hilfe, doch die Recherchen gestalten sich schwierig. Die einzige Spur führt Hauptkommissar Dirk Westermann und seinen Kollegen Thomas Hartwig zur Luxusjacht der Ahlers, die diese erst kürzlich verkauft haben. Aber stürmische Gewässer erschweren die Ermittlungen und ein Mord im Hafenbecken von Burgstaaken wirft weitere Fragen auf. Liegt die Wahrheit am Ende viel näher als gedacht? (Pressetext)
512 Seiten, 12,5 x 20,5 cm, Paperback, E-Book
ISBN 978-3-8392-0795-6
Print 16,– € / E-Book 9,99 €
https://www.gmeiner-verlag.de/buecher/titel/kuestengeheimnis.html
Weitere Bucherscheinungen von Heike Meckelmann im Gmeiner Verlag:
- Küstenschrei (2016)
- Lieblingsplätze Fehmarn (2016)
- Küstenschatten (2017)
- Küstendämon (2018)
- Küstenwolf (2019)
- Küstenlüge (2020)
- Küstensturm (2021)
- Küstenangst (2022)
- Ostsee Schleswig-Holstein (2022)
- Küstengruft (2023)
- Lieblingsplätze Fehmarn (2023)
- Küstenkiller (2024)
- Küstengeheimnis
- Küstenfeuer (Erscheint im Februar 2026)
- Der rote Faden Sinnratgeber (Erscheint im Frühjahr 2026)
Fotos: privat
Walter Pobaschnig 20/5/25