
Esther Hebein, Künstlerin, Schriftstellerin _
Öl, mit Akzenten in Acryl. folgende



Liebe Esther, wie sieht jetzt dein Tagesablauf aus?
Mein Tagesablauf unterliegt keinem festgefahrenen Schema. Bis auf ein paar Rituale, die für mein Wohlbefinden wichtig sind, wie z.B. ein gutes Frühstück, meist am Nachmittag ein herrliches selber gekochtes Essen mit einem Glaserl Wein. Ansonsten richte ich mich sehr flexibel nach den Dingen, die ich erledigen muss für meine täglichen existentiellen Bedürfnisse. Die Zeit, die übrig bleibt, gehört meiner ausgeübten künstlerischen Tätigkeit, wie z.B. Schreiben und Malen. Schreiben in Stille – Malen mit Musik, meist Flamenco. Aber auch die Zeit, in der ich nicht direkt künstlerische Werke „schaffe“, ist geprägt von einem Blick auf die künstlerische Komponente der Dinge, die ich gerade mache. Ob das Garteln in meinem wilden Terrassen-Garten, meine geliebten Solitär-Reisen und Wanderungen, das Zubereiten genussvoller Speisen und vieles mehr – ich glaube, fast alles ist für mich Vorbereitung und Erforschung der Möglichkeiten künstlerischen Ausdrucks.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Im Überholgalopp der Zeit halte ich es für das Wichtigste, seine eigene Individualität zu bewahren, sie zu verteidigen. Wir müssen uns wieder einlassen auf Reflexion, auf das Hinterfragen der Dinge, auf die eigene geistige Auseinandersetzung damit. Das heißt auch auf das Zulassen von seelischer Bewegung. Das Zulassen von Sinnlichkeit, die nicht nur im sexuellen Eros, sondern in allen Komponenten unseres Seins liegt und sich mit einer generell entwickelten Beurteilungskraft die Waage halten sollte.
Ich erachte es für eine vorrangige Aufgabe unserer Gesellschaftspolitik, die Grundlagen für eine Bildung des Geistes in Bezug auf ethische Werte im Zeichen des Friedens zu schaffen.

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Kunst an sich zu?
Die ethische Entwicklung einer Gesellschaft schreitet in dem Maße voran, in dem ihr die Vielfalt von Kunst und Kultur ermöglicht und nahegebracht wird. Kunst, egal aus welcher künstlerischen Provenienz sie stammen mag, pocht sehr tief auf die Fähigkeit des Menschen, aus einer vorgegebenen, eingemeißelten Wahrnehmungsschiene heraustreten zu können.
Kunst verlangt die Dualität zwischen ihrem Erschaffer und der Person, die sie aufnimmt, in sich einlässt und ihre eigenen Empfindungen anregt. Die Vielfalt des künstlerischen Ausdrucks eröffnet die Anregung zu eigenständigem Denken. Ich glaube, dies sind die wesentlichen Aspekte für die Bedeutung von Kunst in jeder Lebensphase eines Menschen. Sie kann ein Wegbereiter sein für die Hinwendung zum Frieden, der sich nur durch die Öffnung des Geistes und des Herzens manifestieren kann.

Was liest du derzeit?
Meist lese ich Schriften, die mit meinem aktuellen Interesse zu tun haben. Zur Zeit gerade über die sizilianische Wassergöttin Nestis, mit der ich verglichen wurde.
Und außerdem im Moment:
“La libertà viaggia in treno“ (von Federico Pace) – ein poetisches Buch über das Reisen mit dem Zug. Erstens, um mein Italienisch nicht einschlafen zu lassen und zweitens, weil auch ich immer und überall hin mit dem Zug reise.

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest du uns mitgeben?
Zeit – Zenit
Ein einziger Buchstabe macht aus dem Wort „Zeit“ das Wort „Zenit“.
Kann ein einziger Gedanke das Wort „Krieg“ in das Wort „Frieden“ verwandeln?


Vielen Dank für das Interview, liebe Esther, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Kunst-, Literaturprojekte und persönlich alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen: Esther Hebein, Künstlerin, Schriftstellerin
Zur Person: Esther Hebein, Künstlerin, Schriftstellerin
geboren 1951 in neumarkt/steiermark, 26 jahre protokollantin/referentin in bayern, heute malerin/dichterin in kaernten
Ausstellungen :
zyklus ‚zeit ist’ – il tempo è – malerei, lyrik, fotografie
Stadtpfarrturm Klagenfurt und Schloss Krastowitz, Klagenfurt
Ausstellung Kultur Stadt Villach/unikART im Dinzlschloss Villach
„Zwischenräume-Kunst als Brücke der Wahrnehmung“
Literatur:
– zahlreiche lyrik- und prosa-veröffentlichungen in anthologien
und in kulturzeitschriften
– lesungen – lyrik und prosa –
in klagenfurt, schwetzingen/de, wien, villach
– literaturpreise:
*christine busta-lyrikpreis – österreichischer schriftstellerverband
*lyrikpreis literaturpodium deutschland
*3. preis: lyrikwettbewerb – bibliothek deutschsprachiger gedichte
Alle Fotos: Esther Hebein
Walter Pobaschnig 17.4.2025
https:literaturoutdoors.com