
Erinnerung an Barbara Frischmuth, Schriftstellerin *5.7.1941 Altaussee +30.3.2025 Altaussee
Erinnerung _ Rhonda Lamberty, Schriftstellerin
Liebe Rhonda, welche Erinnerungen hast Du an Barbara Frischmuth als Kollegin? Gab es persönliche Begegnungen und wie hast Du diese erlebt?
Ich bin Barbara Frischmuth nach ihrer Lesung zum Buch „Woher wir kommen“ im Musilhaus in Klagenfurt begegnet und hatte die Möglichkeit, mich kurz mit ihr unterhalten. Sie war erstaunt und erfreut zugleich, als ich sie auf ihren frühen Roman „Amy oder Die Metamorphose“ ansprach.
„Sie kennen Amy?“ Als hätten wir in der Figur eine gemeinsame Bekannte.
Was macht für Dich das Werk von Barbara Frischmuth aus und wie ist dieses in die österreichische Literaturgeschichte einzuordnen?
Sie ist eine der wichtigsten literarischen Stimmen Österreichs mit einem hervorragenden Gespür für die Kunst des Erzählens. Bewundernswert ist die Eigenständigkeit ihrer Werke innerhalb der deutschsprachigen Literatur, die Beständigkeit ihres literarischen Schaffen über einen Zeitraum von mehr als 50 Jahren und die thematische Vielseitigkeit ihrer Bücher.
Gibt es ein Lieblingsbuch von Ihr und warum dieses?
Ja, „Amy oder Die Metamorphose“ aus der märchenhaft-phantastischen Sternwieser Romantrilogie, weil es mir meine Deutschlehrerin zur bestandenen Matura geschenkt hat. Ich gehöre zu jenen Geburtsjahrgängen, die sowohl den Autorinnen als auch den feministischen Literaturvermittlerinnen aus der Generation vor uns viel zu verdanken haben: in literarischer und gesellschaftlicher Hinsicht.
Welche Inspiration hinterlässt Ihr Schreiben, Ihre Weltsicht, Ihr Künstlerinsein?
Ich schätze das Verwurzelte und Polyglotte in ihrem Werk, ihr Sprachgefühl für sinnliche Details, oft auch die kühnen Kompositionen in der Dramaturgie, die bewegenden Schicksale und den glasklaren Blick auf die Gesellschaft und den Raum, den sie dem Fantastischen gegeben hat. Die Summe daraus bildet einen fruchtbaren Boden für das eigene Schreiben.
Gibt es ein Zitat/eine Textstelle von Ihr, die Du uns noch mitgeben möchtest?
Ja, gerne. Ich habe eine Textstelle ausgewählt, die meiner Meinung nach zeigt, dass ihr Werk geschaffen ist, um die Zeit zu überdauern. Außerdem sind deine LeserInnen jetzt bestimmt neugierig auf Amy geworden 😉
„All den Dingen nicht anheimzufallen, die, zur Schau gestellt werden in den Auslagen, Glasfenstern, Schauvitrinen, immer nur eines durchs innere Ohr gellen lassen: Will mich haben! So gewohnt den Füßen die Schritte, so ungewohnt scheint die ständige Aufforderung zur Inbesitznahme den Augen, den Ohren, dem Kopf. Die Sprache der Dinge, die mit tonlosen Schreien einander überbietend, ihre Oberflächen zeigen. Und diese Sprache dringt ein, weil da Sinne sind, die an ihn noch nicht stumpf wurden. Die Menschen aber strömen aneinander vorbei, blicklos in den meisten Fällen, jedoch wenn ein Blick einen anderen streift, spricht auch er diese Sprache, wenngleich mit anderen Pronomen: Ich will dich haben!“
Aus „Amy oder Die Metamorphose“, Roman 1980
Vielen Dank für das Interview!

*5.7.1941 Altaussee +30.3.2025 Altaussee
Barbara Frischmuth, Schriftstellerin
geboren 1941 in Altaussee, studierte Türkisch, Ungarisch und Orientalistik und war seitdem freie Schriftstellerin. Die mehrfach ausgezeichnete Autorin lebte seit 1999 wieder in Altaussee. Zu ihren größten Erfolgen zählen die Romane „Die Klosterschule“ (1968), „Die Mystifikationen der Sophie Silber“ (1976) oder „Kai und die Liebe zu den Modellen“ (1979), aber auch ihre zahlreichen Gartenbücher. Zuletzt im Residenz Verlag erschienen: „Natur und die Versuche, ihr mit Sprache beizukommen“ (2021)„Schaufel, Rechen, Gartenschere“ in der Reihe „Dinge des Lebens“ (2023) und „Die Schönheit der Tag- und Nachtfalter“ (2025). Der Residenz Verlag trauert um Barbara Frischmuth 31.3.2025

Rhonda Lamberty, Schriftstellerin
Zur Person: Rhonda Lamberty, Schriftstellerin https://www.facebook.com/rhonda.lamberty/
Foto_Portrait Barbara Frischmuth: Franz Johann Morgenbesser
Fotos_Portrait: Rhonda Lamberty: Georg Weinseiss
Walter Pobaschnig 10.4.2025