Erinnerung an Barbara Frischmuth _ „bis nach hinten zur Seewiese, wo die Bergkette etwas zurücktritt“ Sophia Lunra Schnack, Schriftstellerin _ Wien 9.4.2025

Erinnerung an Barbara Frischmuth, Schriftstellerin  *5.7.1941 Altaussee   +30.3.2025 Altaussee

Erinnerung _ Sophia Lunra Schnack, Schriftstellerin

Liebe Sophia, welche Erinnerungen hast Du an Barbara Frischmuth als Kollegin? Gab es persönliche Begegnungen und wie hast Du diese erlebt?

Bei meiner ersten Begegnung mit Barbara Frischmuth war ich ein Kind. Ich hatte „Donna und Dario“ begeistert gelesen. Meine Großeltern wohnten im selben Ort wie sie und meine Großmutter hat daraufhin ein Treffen arrangiert. Barbara Frischmuth hat mir den Roman signiert und mich durch den Garten geführt…

Viel später, 2019, habe ich ihr Texte von mir geschickt. Ich dachte mir, mehr als nicht antworten, kann nicht passieren. Seither waren wir in Austausch und sie war am Anfang oft meine erste Leserin. Die Gespräche mit ihr haben einen großen Stellenwert für mich gehabt. Ich habe sie als Autorin in ihrem völlig von Trends unbeeinflussten Denken und Schreiben zwischen Realität und Traum sowie in ihrem aufrichtigen und geraden Menschsein sehr zu schätzen gelernt. Sie hat mich in meinen ersten literarischen Schritten begleitet und ich bin für diese schöne Begegnung ewig dankbar. Ich wünschte, wir könnten diesen Sommer noch um den See gehen, „bis nach hinten zur Seewiese, wo die Bergkette etwas zurücktritt.“

Was macht für Dich das Werk von Barbara Frischmuth aus und wie ist dieses in die österreichische Literaturgeschichte einzuordnen?

Barbara Frischmuth hat sehr viele verschiedene literarische Genres erfolgreich bedient und ist vor allem immer überzeugt und strikt ihren eigenen Weg gegangen. Als man ihr in Wien zu sehr versuchte vorzuschreiben, wie sie zu schreiben bzw. nicht mehr zu schreiben habe, ist sie weggezogen. Für mich ist es das Nebeneinander und das leise Ineinander von Natur, Traumwelt, Verstand, Realität und Politik, das ihr Schreiben ausmacht. Sie war ohne Radikalität Vordenkerin und ohne trendig zu sein hochaktuell.

Gibt es ein Lieblingsbuch von Ihr und warum dieses?

 „Die Mystifikationen der Sophie Silber“, weil ich seither mit Wassermännern schwimme, mit Feen wandere „Das Verschwinden des Schattens in der Sonne“, wegen Sätzen wie „als schliefe ich auf lauter Wörtern, deren Bedeutung mir erst im Traum einfallen würde“, „seit ich diese Sprache spreche, die die Seele als einen Vogel sieht“ oder „Im Wasser liegen, mit dem Salz auf der Zunge, und nur Himmel sehen durchs eigene Haar im Wind, und Farbe bekommen, Farbe, die nachts dann schmerzt und ans kühle Leintuch von seiner Hitze abgibt.“

Welche Inspiration hinterlässt Ihr Schreiben, Ihre Weltsicht, Ihr Künstlerinsein?

Ich möchte ihren Mut mitnehmen, mit dem sie ihre Vorhaben zielbewusst verfolgt hat, ohne sich von außen verunsichern zu lassen. Ihren kompromisslos eigenständigen Verstand, das belebte Betrachten von Natur bis in ihre kleinsten, teils für uns unsichtbaren Formen, ihren (Schreib-)tatendrang und die Erkenntnis, dass Traum und Realität, Feen und Politisches keine Gegensätze sind.

Gibt es ein Zitat/eine Textstelle von ihr, die Du uns noch mitgeben möchtest?

Gern aus ihrem letzten Erzählband „Die Schönheit der Tag- Nachtfalter“:

„Ich und die Schmetterlinge haben die schönsten Körper, die es gibt. Mein Haar, meine Augen, meine Brüste, und ihre Flügel, ihre Farben, ihre Zeichnungen, sagte sie sich als junges Mädchen.“

Vielen Dank für das Interview!

Barbara Frischmuth, Schriftstellerin 
*5.7.1941 Altaussee   +30.3.2025 Altaussee

Barbara Frischmuth, Schriftstellerin

geboren 1941 in Altaussee, studierte Türkisch, Ungarisch und Orientalistik und war seitdem freie Schriftstellerin. Die mehrfach ausgezeichnete Autorin lebte seit 1999 wieder in Altaussee. Zu ihren größten Erfolgen zählen die Romane „Die Klosterschule“ (1968), „Die Mystifikationen der Sophie Silber“ (1976) oder „Kai und die Liebe zu den Modellen“ (1979), aber auch ihre zahlreichen Gartenbücher. Zuletzt im Residenz Verlag erschienen: „Natur und die Versuche, ihr mit Sprache beizukommen“ (2021)„Schaufel, Rechen, Gartenschere“ in der Reihe „Dinge des Lebens“ (2023) und „Die Schönheit der Tag- und Nachtfalter“ (2025).    Der Residenz Verlag trauert um Barbara Frischmuth  31.3.2025

Sophia Lunra Schnack, Schriftstellerin

Sophia Lunra Schnack, Schriftstellerin

Zur Person_ https://www.sophialunraschnack.com/

Aktueller Roman: https://www.omvs.at/buch/feuchtes-holz/

Foto_Portrait Barbara Frischmuth: Franz Johann Morgenbesser

Fotos_Portrait Sophia Lunra Schnack: Walter Pobaschnig

Walter Pobaschnig 9.4.2025

https://literaturoutdoors.com

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