
Erinnerung an Barbara Frischmuth, Schriftstellerin *5.7.1941 Altaussee +30.3.2025 Altaussee
Interview _ Jay M. Walther _Schriftstellerin, Regisseurin
Liebe Jay, welche Erinnerungen hast Du an Barbara Frischmuth als Kollegin? Gab es persönliche Begegnungen und wie hast Du diese erlebt?
Im Dezember 1994 habe ich zusammen mit Elisabeth Roters-Ulrich vom Literaturbüro NRW ein Symposium zur Hörspielarbeit von Schriftstellerinnen im Übersetzerkollegium in Straelen organisiert. Außer Barbara Frischmuth waren auch Marlene Streeruwitz und vom WDR die Dramaturin Angela di Ciriaco-Sussdorff eingeladen. Eine mir wichtige Idee war, die Vernetzung deutschsprachiger Schriftstellerinnen zu organisieren, verbunden mit einer Professionalisierung. Bis heute ist mir die kluge, zugewandte und besonnene Art von Barbara Frischmuth gewärtig. Sie hat am meisten zum Fortspinnen eines roten Fadens beigetragen und auch zum Entwickeln konkreter Schritte. Sie war konsequent engagiert. Und sie hat lebendig und bescheiden von ihrer Arbeit erzählt und später dann auch einen sehr persönlichen Bericht über ihre Hörspielerfahrungen geschrieben (Schriftstellerinnen im Gespräch. Eine Dokumentation). Dieser Bericht von ihr machte mehr Mut als Ratschläge. Barbara Frischmuth stand zu sich in Ruhe und Klarheit. Das hat mich begeistert.
Was macht für Dich das Werk von Barbara Frischmuth aus und wie ist dieses in die österreichische Literaturgeschichte einzuordnen?
Sie ist eine der wichtigsten österreichischen Schriftstellerin. Sie besaß die Fähigkeit sich mit den großen Themen intensiv zu befassen ohne in der Überhöhung zu landen und sie schrieb in Liebe über die kleinsten Dinge. Sie hatte in den Genres, in ihrem Wissen und Können ein breites Können.
Gibt es ein Lieblingsbuch von Ihr und warum dieses?
Ich erinnere ihre Eröffnungsrede der Salzburger Festspiele 1999 „Das Heimliche und das Unheimliche. Von den Asylanten der Literatur“ und ich habe den Roman ‚Die Klosterschule‘ (1968) mit angehaltenem Atem gelesen. Ich bin ja auch in dieser dumpfen autoritären Zeit groß geworden.
Welche Inspiration hinterlässt Ihr Schreiben, Ihre Weltsicht, Ihr Künstlerinsein?
Mich hat damals ihre Art des Engagements, ihre ruhige Kraft, Klarheit und ihr Wissen beeindruckt. Das imponierte mir sehr viel mehr als dieses ichbezogene Lautsein, das zu der Zeit anfing in Mode zu kommen.
Gibt es ein Zitat/eine Textstelle von Ihr, die Du uns noch mitgeben möchtest?
„Mein grundsätzliches Thema ist: Wie können Menschen miteinander leben, ohne sich gegenseitig den Schädel einzuhauen.“ Dazu gehört ein anderer Satz von Barbara Frischmuth: „Sich im anderen zu erkennen ist eine Übung, die den Blick auf unser Alltäglichstes wieder mit Staunen erfüllt.“
Vielen Dank für das Interview!
„Lieber Walter, hier das Meine über Barbara Frischmuth. Mir ist jetzt erst klar geworden, dass sie ja gar nicht so viel älter war, aber sie war schon ein ganzes Stück sicherer und hatte einen Weltblick. Also schau halt, ob es so passt.“ Herzliche Grüße aus Westfalen. Jay 7.4.25

*5.7.1941 Altaussee +30.3.2025 Altaussee
Barbara Frischmuth, Schriftstellerin
geboren 1941 in Altaussee, studierte Türkisch, Ungarisch und Orientalistik und war seitdem freie Schriftstellerin. Die mehrfach ausgezeichnete Autorin lebte seit 1999 wieder in Altaussee. Zu ihren größten Erfolgen zählen die Romane „Die Klosterschule“ (1968), „Die Mystifikationen der Sophie Silber“ (1976) oder „Kai und die Liebe zu den Modellen“ (1979), aber auch ihre zahlreichen Gartenbücher. Zuletzt im Residenz Verlag erschienen: „Natur und die Versuche, ihr mit Sprache beizukommen“ (2021)„Schaufel, Rechen, Gartenschere“ in der Reihe „Dinge des Lebens“ (2023) und „Die Schönheit der Tag- und Nachtfalter“ (2025). Der Residenz Verlag trauert um Barbara Frischmuth 31.3.2025

Jay M. Walther _Schriftstellerin, Regisseurin
Zur Person: http://www.jmonikawalther.de/index.html
Fotos_Portrait Barbara Frischmuth: Franz Johann Morgenbesser
Portrait Jay M. Walther: Barbara Dietl.
Walter Pobaschnig 7.4.2025