Erinnerung an Barbara Frischmuth _ „sie ging ihren eigenen Weg. Ob jemand hinsah oder nicht“ Rotraut Schöberl, Schriftstellerin, Buchhändlerin _ Wien 6.4.2025

Erinnerung anBarbara Frischmuth, Schriftstellerin  *5.7.1941 Altaussee   +30.3.2025 Altaussee

Interview _  Rotraut Schöberl, Schriftstellerin, Buchhändlerin

Liebe Rotraut, welche Erinnerungen hast Du an Barbara Frischmuth als Kollegin? Gab es persönliche Begegnungen und wie hast Du diese erlebt?

Ach, das Leben einer der großen österreichischen Schriftstellerinnen, die mich mein ganzes buchhändlerisches Leben begleitete, lässt sich für mich nicht kurz zusammenfassen… 

Sie war seit 1968 eine der interessantesten, vielseitigsten Frauen der Literaturwelt für mich, sie ging ihren eigenen Weg. Ob jemand hinsah oder nicht, nie suchte sie Öffentlichkeit. 

Ich habe Barbara Frischmuth das letzte Mal anlässlich ihrer Geburtstagsfeier, die der Residenzverlag in Wien organisierte, getroffen und mit ihr über Literatur, Gartenarbeit und Literatur geplaudert.

Was macht für Dich das Werk von Barbara Frischmuth aus und wie ist dieses in die österreichische Literaturgeschichte einzuordnen? 

Ihre große Vielfältigkeit ist beeindruckend, das hat unsere Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler wunderbar ausgedrückt:

„Die Weltoffenheit, ein feiner Sinn für Absurdität in Identitätszuschreibungen und hegemonialen Weltdeutungsansprüchen bei einem gleichzeitigen unglaublich tollen Gespür für Stil und Erzählen machen Barbara Frischmuths Werk zeitlos.“

Besser kann ich es auch nicht ausdrücken.

Gibt es ein Lieblingsbuch von Ihr und warum dieses?

Eigentlich mag ich den Begriff ‚Lieblingsbuch‘ gar nicht (ich habe mindestens hundert, wenn nicht mehr – und die Liste wird immer wieder erweitert), aber bei Barbara Frischmuth gibts das (fast) tatsächlich: ‚Die Klosterschule‘ erschien zu Beginn meiner Buchhandels-Lehrzeit und hat mich in vielerlei Hinsicht berührt, beschädigt und angeregt.

Und ich gestehe, ihre Gartenbücher liebe ich: sie beinhalten ja auch viel mehr als ‚nur’ Naturgedanken.

Welche Inspiration hinterlässt Ihr Schreiben, Ihre Weltsicht, Ihr Künstlerinsein? 

So polyglott und sprachgewaltig, so behutsam, liebevoll und selbstbestimmt, weltoffen und multikulturell wie sie war, nimmt sie, glaube ich, einen sicheren Platz im Kanon ein – und bleibt durchaus Vorbild für schreibende Frauen.

Gibt es ein Zitat/eine Textstelle von Ihr, die Du uns noch mitgeben möchtest?

„Wo immer man einen Schnitt macht, bleibt eine Wunde, aber manchmal fördert der Schnitt auch das Wachstum.“

aus ‚Natur und die Versuche, ihr mit Sprache beizukommen.‘  2021, Residenz Verlag 

Vielen Dank für das Interview!

Barbara Frischmuth, Schriftstellerin 
*5.7.1941 Altaussee   +30.3.2025 Altaussee

Barbara Frischmuth, Schriftstellerin

geboren 1941 in Altaussee, studierte Türkisch, Ungarisch und Orientalistik und war seitdem freie Schriftstellerin. Die mehrfach ausgezeichnete Autorin lebte seit 1999 wieder in Altaussee. Zu ihren größten Erfolgen zählen die Romane „Die Klosterschule“ (1968), „Die Mystifikationen der Sophie Silber“ (1976) oder „Kai und die Liebe zu den Modellen“ (1979), aber auch ihre zahlreichen Gartenbücher. Zuletzt im Residenz Verlag erschienen: „Natur und die Versuche, ihr mit Sprache beizukommen“ (2021)„Schaufel, Rechen, Gartenschere“ in der Reihe „Dinge des Lebens“ (2023) und „Die Schönheit der Tag- und Nachtfalter“ (2025).    Der Residenz Verlag trauert um Barbara Frischmuth  31.3.2025

Rotraut Schöberl, Schriftstellerin, Buchhändlerin

Zur Person _  Rotraut Schöberl, Schriftstellerin, Buchhändlerin… ist in Reichenau/Rax geboren, hat im Höllental schwimmen und in Wien schreiben & lesen gelernt. Zu der Liebe zur Literatur kam die Liebe zum Theater hinzu.

Im Jahre 1994 erfüllten sich Rotraut Schöberl und Erwin Riedesser ihren lange gehegten Traum von der eigenen Buchhandlung: Das Leporello öffnete seine Tore für alle diejenigen, die wie Schöberl und das Team Leporello ohne gute Literatur nicht leben wollen.

​Die nächsten Jahre waren geprägt von der Mitarbeit in diversen Gremien sowie Jurytätigkeiten im Dienste des Buches. Rotraut Schöberl erfreut sich laufender Präsenz in den österreichischen Medien wie z.B. jeden Dienstagmorgen im Cafe-Puls, dem österreichischen Frühstückfernsehen, mit Büchertipps.

​Anfang 2021 übergaben Rotraut Schöberl & Erwin Riedesser ihr Leporello an die Medici Gruppe, die mit der Wagnerschen Buchhandlung in Innsbruck, den Buchhandlungen in Salzburg, Hallein und Wien den Leporellogeist engagiert weiterführt. 

https://www.frauschoeberl.at/ueber-mich

Blog_Rotraut Schöberl_ „Über Bücher, Reisen und Natur. Und Katzen!“

https://www.frauschoeberl.at/blog/categories/buchtipps

Fotos_Portrait Barbara Frischmuth: Franz Johann Morgenbesser

Portrait Rotraut Schöberl: 1) Walter Pobaschnig 2) privat.

Walter Pobaschnig 6.4.2025

https://literaturoutdoors.com

Hinterlasse einen Kommentar