
Erinnerung an_ Barbara Frischmuth, Schriftstellerin *5.7.1941 Altaussee +30.3.2025 Altaussee
Interview _ Christina Jonke_Schriftstellerin, Regisseurin _ Klagenfurt
Liebe Christina, welche Erinnerungen hast Du an Barbara Frischmuth als Kollegin? Gab es persönliche Begegnungen und wie hast Du diese erlebt?
Von Angesicht zu Angesicht bin ich der großen Barbara Frischmuth nie begegnet, wohl aber durch den Filter einer Kameralinse in dem einen oder anderen filmischen Porträt, in denen immer eine Frau zu sehen war, die Kritik mit wohlwollendem Blick auf die Menschen übte. Wohltuend klar formuliert ohne bemüht intellektuellem Habitus. Eine Literatin, die zum Vorbild taugt.
Was macht für Dich das Werk von Barbara Frischmuth aus und wie ist dieses in die österreichische Literaturgeschichte einzuordnen?
Ihre Erzählweise, zum Beispiel in Romanen wie „Die Ferienfamilie“, aber auch in ihrem Monolog „Rabenmutter“ erscheint locker, leichtfüßig und ist doch in ihrer Struktur artifiziell, auf den Punkt durchdacht. Kompliziertes einfach darstellen, ohne dass der tiefgehende Gedanke verlorengeht – das ist eine Kunst, die sie meisterhaft beherrschte und die zutiefst berührt. Als österreichische Literatin wird sie für mich immer als weibliche Vorreiterin der Avantgarde bleiben, aber für diese Art von Klassifizierung gibt es viele Literaturwissenschafter_innen, die sich darin berufen fühlen.
Welche Inspiration hinterlässt ihr Schreiben, ihre Weltsicht, ihr Künstlerinsein?
Barbara Frischmuths Literatur ist für mich geprägt vom Willen, die „Dinge“ beim Namen zu nennen, klar und eindeutig Stellung zu beziehen und zwar immer zugunsten von Offenheit, Weitsicht, Willkommenskultur, Humanismus.
Gibt es ein Zitat/eine Textstelle von Ihr, die Du uns noch mitgeben möchtest?
„Couragiertheit ist selten angeboren, sondern muss erlernt werden.“ (Zitat aus Der Standard, 14.5.2024, „Was ist Mut? – Barbara Frischmuth zum Thema Zivilcourage und die steten Tropfen, die den Stein höhlen“)
Vielen Dank für das Interview!

*5.7.1941 Altaussee +30.3.2025 Altaussee
Barbara Frischmuth, Schriftstellerin
geboren 1941 in Altaussee, studierte Türkisch, Ungarisch und Orientalistik und war seitdem freie Schriftstellerin. Die mehrfach ausgezeichnete Autorin lebte seit 1999 wieder in Altaussee. Zu ihren größten Erfolgen zählen die Romane „Die Klosterschule“ (1968), „Die Mystifikationen der Sophie Silber“ (1976) oder „Kai und die Liebe zu den Modellen“ (1979), aber auch ihre zahlreichen Gartenbücher. Zuletzt im Residenz Verlag erschienen: „Natur und die Versuche, ihr mit Sprache beizukommen“ (2021)„Schaufel, Rechen, Gartenschere“ in der Reihe „Dinge des Lebens“ (2023) und „Die Schönheit der Tag- und Nachtfalter“ (2025). Der Residenz Verlag trauert um Barbara Frischmuth 31.3.2025

Zur Person: Christina Jonke_Schriftstellerin, Regisseurin _ Klagenfurt
https://www.texte.jonkeonline.at/
Fotos_
Portrait Barbara Frischmuth: Franz Johann Morgenbesser
Foto_Portrait: Christina Jonke _ privat
Walter Pobaschnig 2.4.2025