Liebe Elena Winter, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Ich beginne den Tag schreibend und beende ihn schreibend. Zwischendurch schreibe ich. Oft Literarisches, meist jedoch Pressetexte, Blogs, Slogans und andere Auftragsarbeiten … Ich wünschte, es wäre umgekehrt.

freie Journalistin, Texterin und Redakteurin
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Ich finde es wichtig – jetzt und alle Zeit –, dass wir im Gespräch bleiben. Dass wir einander zuhören, unsere Werte immer wieder abklopfen und für sie einstehen, dass wir Verantwortung übernehmen und dass wir gut miteinander und mit der Welt umgehen. Die Literatur ist der ideale „Ort“, um all das zu lernen.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Eine große Frage. Was wird wesentlich sein … Zusammenhalt: klar. Empathie: sicher auch. Die Literatur, die Kunst an sich hat, denke ich, keine Rolle – und erst recht keine Aufgabe. Sie muss frei sein. Im besten Fall irritiert sie und stellt sie die Dinge infrage. Sie berührt uns auf unterschiedliche Weise. Sie weitet unseren Blick und lässt uns sagen: Sieh mal an, auch so kann die Welt sein! Zusammenhalt und Empathie kann die Kunst sicherlich fördern, auch Trost kann sie geben. Aber ohne es zu wollen oder zu sollen.
Was liest Du derzeit?
Patrick Holzapfel: Hermelin auf Bänken
George Saunders: Fuchs 8 (… zum 8. Mal)
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
„Zufällig glaube ich, einen Kuss zu geben und zu empfangen funktioniert ganz ähnlich wie ein Wort zu geben und zu empfangen – nur geschieht das Geben und Empfangen an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten; dennoch sind beides Versuche, zu berühren, berührt zu werden und erkannt zu werden, leidenschaftlich zu leben, menschlich zu sein.“ (A. L. Kennedy)
Ich finde, schöner kann man das Wesen des Schreibens und Lesens nicht auf den Punkt bringen.
Vielen Dank für das Interview, liebe Elena, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literatur- und so vielfältigen Textprojekte und persönlich alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen: Elena Winter, Schriftstellerin _
freie Journalistin, Texterin und Redakteurin
Zur Person/über mich: Elena Winter ist freie Journalistin, Texterin und Redakteurin. Sie lebt und schreibt in Berlin. Nach Publikationen in Literaturzeitschriften und Anthologien ist „Im Orbit“ ihre erste Romanveröffentlichung.
Website: www.elenawinter.net
Aktuelles Buch von Elena Winter:

Im Orbit, Müry Salzmann Verlag, Salzburg (März 2024, 176 Seiten, ISBN 978-3-99014-254-7, 24,00 €)
Wie in einer Weltraumkapsel fühlt sich Leonie Warmers in ihren vier Wänden: außerhalb von Raum und Zeit, geschützt vor dem, was sie umgibt. Tagsüber, in „der Company“, erträgt sie als Auszubildende die Anzüglichkeiten ihres Chefs. Nachts surft sie in Gesundheits-Foren, tauscht sich aus über Symptome, von stechenden Schmerzen im Fersenbein bis hin zu nächtlichem Schlafwandeln. Leonie fühlt sich fremd in ihrem Körper. Lässt sich vom Arzt ein Dutzend Elektroden auflegen. Irgendwas muss da doch zu finden sein? Das hofft auch ihre Mutter, wenn sie auf Dating-Plattformen nach einem neuen Mann sucht. Über ihren Vater weiß Leonie nicht viel mehr, als dass er Erbsensuppe hasste und ein Langweiler war. Leonie imaginiert ihn sich als Straßenmusiker, Lucky Luke, jedenfalls als eine „coole Sau“.
Dann wird die Umlaufbahn ihrer Kapsel durchkreuzt, von einer Obdachlosen, die ihr „Quartier“ vor Leonies Wohnungstür aufgeschlagen hat, vor allem aber von Torsten ohne h, ihrem Kollegen in der Company. Auf einmal beginnt Leonies Raumschiff zu schweben, völlig schwerelos …
https://www.muerysalzmann.com/belletristik/im-orbit
Fotos: privat; Verlag – Cover.
Walter Pobaschnig 11.3.2025
https:literaturoutdoors.com