Station bei Undine – „Die Suche nach persönlicher Freiheit und Identität“ Anja Knafl, Schauspielerin, spoken word artist _Wien 17.9.2024

Anja Knafl, Schauspielerin, spoken word artist _Wien   _
 performing „Undine geht“
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„Undine geht“ Ingeborg Bachmann. Erzählung 1961.
Anja Knafl, Schauspielerin, spoken word artist _Wien   _
 performing „Undine geht“
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„Undine geht“ Ingeborg Bachmann. Erzählung 1961.

„Undine geht“ Ingeborg Bachmann. Erzählung 1961.

Ingeborg Bachmann_ Schriftstellerin (25.Juni 1926 Klagenfurt – 17.Oktober 1973 Rom)

Ingeborg Bachmann Rom 1962 _ Heinz Bachmann

Zum Projekt: Das Bachmann Projekt „Station bei Bachmann“ ist ein interdisziplinäres Kunstprojekt an den Schnittstellen von Literatur, Theater/Performance und Bildender Kunst.

Dabei kommt den topographischen und biographischen Bezügen eine besondere Bedeutung zu, indem Dokumentation, Rezeption und Gegenwartstransfer, Diskussion ineinandergreifen.

Künstler:innen werden eingeladen an diesem Projekt teilzunehmen und in ihren Zugängen Perspektiven zu Werk und Person beizutragen.

Liebe Anja Knafl,  wie liest Du den Text „Undine geht“ von Ingeborg Bachmann? Welche Grundaussagen gibt es da für Dich?

„Undine geht“ ist für mich ein tiefgründiger und bewegender Text, der die innere Zerrissenheit einer Frau in einer patriarchalen Gesellschaft eindringlich darstellt. Ich finde es faszinierend, wie Bachmann es schafft, die Emotionen und Kämpfe von Undine so authentisch zu vermitteln. Es ist eine kraftvolle Reflexion über Identität und Selbstwert.

Die Grundaussagen für mich sind: Die Suche nach persönlicher Freiheit und Identität. Die Kritik an gesellschaftlichen Normen, die Frauen in bestimmte Rollen drängen. Die Traurigkeit über unerfüllte Liebe und das Gefühl der Isolation.

Wie siehst Du „Undine“?

Ich sehe Undine als eine komplexe Figur, die sowohl Stärke als auch Verletzlichkeit zeigt. Sie ist ein Symbol für viele Frauen, die sich in einer Welt behaupten müssen, die oft gegen sie arbeitet. Ihr Streben nach Freiheit und Verständnis ist universell und zeitlos.

„Undine geht“ wurde vor gut 60 Jahren veröffentlicht. Was hat sich seit damals im Rollenbild von Frau und Mann verändert und was sollte sich noch ändern?

Seit der Veröffentlichung des Textes hat sich viel verändert – Frauen haben mehr Rechte und Möglichkeiten, aber es gibt immer noch tief verwurzelte patriarchale Strukturen. Es sollte weiterhin an der Gleichstellung gearbeitet werden, insbesondere in Bezug auf Machtverhältnisse in Beruf und Gesellschaft sowie im persönlichen Bereich.

Der Monolog geht mit der patriarchalen Gesellschaftswelt schonungslos ins Gericht. Wie siehst Du die Situation patriarchaler Macht heute?

Die patriarchale Macht ist nach wie vor präsent, wenn auch subtiler. Es gibt Fortschritte, aber viele Frauen kämpfen immer noch gegen Diskriminierung und Ungleichheit. Der Dialog über Geschlechterrollen muss fortgesetzt werden, um ein besseres Verständnis füreinander zu entwickeln.

Der Text drückt auch viel Trauer über das Scheitern der Liebe und eines Miteinander der Geschlechter im persönlichen wie gesellschaftlichen Leben aus. Welche Auswege siehst Du da?

Die Trauer über das Scheitern der Liebe spiegelt sich in vielen Beziehungen wider. Auswege könnten offene Kommunikation, Empathie und das Streben nach echtem Verständnis sein. Wir müssen lernen, uns gegenseitig zuzuhören und Raum für Verletzlichkeit zu schaffen.

Was kannst Du als Frau und Künstlerin von „Undine geht“ in das Heute  mitnehmen?

Als Frau und Künstlerin nehme ich aus „Undine geht“ den Mut mit, meine Stimme zu erheben und für meine Überzeugungen einzustehen. Der Text inspiriert mich dazu, authentisch zu sein und meine Erfahrungen in meiner Kunst auszudrücken.

Was bedeutet Dir Natur und das Element Wasser?

Natur bedeutet für mich einen Rückzugsort zur Selbstreflexion und Inspiration. Das Element Wasser symbolisiert Fluss, Veränderung und Emotionen – es erinnert uns daran, dass alles im ständigen Wandel ist.

Wie lebst Du den Kreislauf der Jahreszeiten?

Ich versuche, den Kreislauf der Jahreszeiten bewusst zu leben – durch Achtsamkeit gegenüber der Natur, durch Rituale oder einfach durch Spaziergänge im Freien. Jede Jahreszeit hat ihre eigene Schönheit und Lehren.

Wie kann der moderne Mensch in Harmonie zur und mit der Welt leben?

Der moderne Mensch kann Harmonie mit der Welt finden, indem er achtsam lebt, Ressourcen schont und respektvoll mit anderen umgeht – sowohl Menschen als auch der Natur gegenüber.

Was braucht Liebe immer, um zu wachsen, blühen?

Liebe braucht Vertrauen, Kommunikation und Zeit zum Wachsen. Sie blüht auf durch gemeinsame Erlebnisse und das Teilen von Träumen.

Was lässt Liebe untergehen?

Egoismus, Missverständnisse oder mangelnde Kommunikation können dazu führen, dass Liebe untergeht.

Wie war Dein Weg zum Schauspiel, zur Literatur?

Mein Weg zum Schauspiel war geprägt durch die besten Zufälle, die ich mir nur hätte wünschen können. Mein ehemaliger PKW-Fahrlehrer ist Schauspieler und hat mich mehr oder weniger dazu gebracht, mich mit dieser unglaublich vielfältigen Welt zu beschäftigen. Anfangs war es für mich als geborene Naturwissenschaftlerin noch sehr schwer, mich in dieser Welt der Künstler zurechtzufinden, doch nach ungefähr einem Jahr lernte ich sie kennen und lieben und möchte sie niemals mehr missen.

Welche aktuellen Projektpläne hast Du?

Aktuell arbeite ich an der Veröffentlichung meines ersten Romans, welcher Ende diesen Jahres das Licht der Welt erblicken wird, bereite mich auf mein Schauspielstudium an der Schauspielschule Krauss vor und habe viele Spoken Word-Auftritte und somit verbunden auch größere Projekte.

Welches Zitat aus „Undine geht“ möchtest Du uns mitgeben?

„Ich bin nicht nur das Wasser; ich bin auch das Land.“ Dieses Zitat spricht für mich die Dualität an – wir sind mehr als nur unsere äußeren Umstände.

Darf ich Dich zum Abschluss zu einem Akrostichon zu „Undine geht“ bitten?

Unter Wasser träumt sie still,

Nicht gefangen im eigenen Will‘.

Das Herz sehnt sich nach Licht,

In der Dunkelheit bricht es nicht.

Neue Wege will sie gehen,

Ein Leben voller Farben sehen.

Gefühle fließen wie ein Fluss,

4 Erinnerungen tragen ihren Kuss.

Hoffnung blüht im sanften Wind,

Träume wachsen – stark wie die von einem Kind.

Anja Knafl, Schauspielerin, spoken word artist _Wien   _
 performing „Undine geht“
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„Undine geht“ Ingeborg Bachmann. Erzählung 1961.

Herzlichen Dank, liebe Anja!

Anja Knafl und Walter Pobaschnig _
Donau/Wien 9/24

Alle Fotos & Interview_Walter Pobaschnig

https://literaturoutdoors.com 9/24

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