
Station bei Falco _
Originalschauplatz Wien _9_24



Falco, Sänger, Musiker (* 19. Februar 1957 Wien † 6. Februar 1998 Dominikanische Republik)










Zum Projekt: Das Projekt „Literatur outdoors“ ist ein interdisziplinäres Kunstprojekt an den Schnittstellen von Literatur, Theater/Performance und Bildender Kunst (Fotografie).
Dabei kommt den topographischen und biographischen Bezügen eine besondere Bedeutung zu, indem Dokumentation, Rezeption und Gegenwartstransfer, Diskussion ineinandergreifen.
Künstler:innen werden eingeladen an diesem Projekt teilzunehmen und in ihren Zugängen Perspektiven zu Werk und Person beizutragen.

Station bei Falco _
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Liebe Stefanie Elias, welche Bezugspunkte gibt es von Dir zu Falco?
Als Kind ist mir Falcos Musik ehrlich gesagt nicht so gelegen, wahrscheinlich habe ich sie auch noch nicht richtig verstanden. Das Musikvideo zu Amadeus, das regelmäßig bei Wurlitzer im Fernsehen lief, hat mir aber gefallen, weil es so bunt war. Erst später, in meinen Zwanzigern konnte ich mehr mit der Musik von Falco anfangen. Lustigerweise genau in der Zeit, als ich in Berlin gelebt habe. Da gab mir der Falco-Sound ein Gefühl von zu Hause und von Wien, das mir dort wohl abgegangen ist.

Was macht für Dich den Musiker, Künstler Falco aus?
Falcos Musik ist unverwechselbar – egal welcher Song, nach den ersten Takten ist sofort klar, wessen Werk das ist. Eine so einmalige künstlerische Handschrift zu entwickeln und sich trotzdem immer wieder neu zu erfinden ist schon wirklich hohe Kunst. Dazu noch diese spezielle Public Persona, die Falco verkörpert hat, ist definitiv prägend für eine ganze Epoche gewesen.



Gibt es Lieblingssongs?
Jeanny ist auf jeden Fall für mich ganz vorne dabei. Auch Ganz Wien und Egoist mag ich sehr …

Falco hat den U Bahn Knotenpunkt Wien-Karlsplatz als Mitte des Songs „Jeanny“ und „Ganz Wien“ gewählt. Welche Eindrücke hast Du von diesem Ort und dessen Umfeld?
Der Karlsplatz hat sich in der Zeit von meiner Kindheit bis heute komplett gewandelt. In den 80ern und 90ern war dort DIE Drogenszene unterwegs. Als Kind empfand ich es als sehr aufregend aber auch als angsteinflößend dort umzusteigen. Inzwischen wurden die Junkies von dort vertrieben. Suchtkranke Menschen im Stadtzentrum waren wohl für die Stadt Wien zu sichtbar und sicher nicht „attraktiv“ für Tourist:innen. Diese Tendenzen kann man seit einigen Jahren in ganz Europa beobachten. Nachdem ich in den letzten Jahren selbst bei einem Projekt mitarbeite, wo es um die Lebensrealitäten suchtkranker Frauen geht, betrachte ich den Karlsplatz mit etwas wehmütigen Augen. Denn Menschen am Rande der Gesellschaft einfach nur zu vertreiben, löst in keinster Weise deren Probleme.

Wien ist geprägt von Falcos größten beruflichen Erfolgen und privatem Glück wie auch den Schattenseiten beider. Wie siehst Du den Künstler und Menschen Falco?
Seine dunklen Seiten waren auf jeden Fall immer sehr präsent. Selbst in den Momenten seiner größten Erfolge hatte er immer etwas Düsteres an sich. Die Frage, ob diese innere Zerrissenheit erst den einzigartigen Künstler ausgemacht hat, oder ob er sich so selbst und seinem Glück im Weg gestanden ist, beschäftigt mich.





Träume, Sehnsucht, Erfolg wie Enttäuschung, Angst finden in Kunst wie Leben Falcos eindringlichen, intensiven Ausdruck. Wie gehst Du mit diesen Lebensthemen künstlerisch und persönlich um?
Ich bemühe mich sehr, mich von Enttäuschungen nicht zu lange aufhalten zu lassen. Mit der Zeit gewöhnt man sich im Kunstbetrieb auch daran, dass es immer wieder Rückschläge gibt, Chancen, die vielversprechend ausgesehen haben, sich doch zerschlagen und Hoffnungen enttäuscht werden. Es ist zwar jedes Mal wieder bitter, aber ich versuche mich immer so schnell wie möglich zurück aufs Pferd zu schwingen.

Wie hast Du Dich auf das Jeanny-Shooting vorbereitet? Wie siehst diesen 80thies-Hit und seine Interpretationsgeschichte?
Ich habe mir das Musikvideo angeschaut und versucht mich ganz auf den Sound und die Story einzulassen. Die Erzählweise des Songs und die Bilder – beispielsweise von Falco in der Zwangsjacke erregen schon Gänsehaut. Darum hat mich dieser Song auch schon immer sehr beeindruckt. Aus heutiger Sicht finde ich es aber trotzdem nicht unproblematisch, dass sexuelle Gewalt an Frauen hier ausschließlich aus Täterperspektive dargestellt und verharmlost wird. Aber Falco hat den Beitrag zur Debatte geleistet, den er zu der damaligen Zeit als Künstler leisten konnte und das muss man ihm anrechnen.


Im Falco Song „Junge Römer“, dessen Video 1984 im nahen Palais Auersperg im Rosenkavaliersaal und auf der Feststiege gedreht wurde, geht es um Lebensfreude, Lebenslust. Was bedeutet dies für Dich heute?
Das Lied steht für mich auch für Genuss, dionysische Freuden, Rausch, Nächte die nicht enden und das Feiern ohne einen Gedanken an das Morgen. Inzwischen ist diese Art die Nächte durchzumachen nicht mehr Teil meines Alltags und es wäre mir wohl auch zu anstrengend 😉 aber ich kann mich schon daran erinnern, wie jung und frei und unbesiegbar man sich dabei gefühlt hat.

Du bist Schauspielerin, Sängerin, Model. Hättest Du Dir ein Projekt mit Falco vorstellen können und wenn ja, welches?
Puh, schwer zu sagen. Ich bin in erster Linie Theaterschauspielerin und Puppenspielerin. Die Schnittmenge zu Popmusik ist da nicht so offensichtlich. Aber Falcos Style würde mich zu schon zu ver- und entrückten, düsteren und schrillen Puppen inspirieren. Ich kann mir vorstellen, dass diese so spezielle Kunstform auch Falco gefallen hätte.



Es ist ein großartiger 80thies Style, den Du zum Fotoshooting hier gewählt hast. Welche Schwerpunkte hast Du da ausgewählt und was bedeutet Dir Mode, Style?
80ies Style ist ja gerade wieder sehr in Mode. Ich habe mich für dieses Shooting aber absichtlich gegen schreiende Neonfarben und Girlie-Accessoires entschieden und mehr die maskuline Linie, angelehnt an Helmut Langs Stil, gewählt. Das fand ich spannender. Mode und Style bedeuten mir viel, ich habe auch eine Ausbildung in diesem Bereich gemacht. Für mich ist es eine Möglichkeit die Persönlichkeit auszudrücken, wobei mir klassische gerade Linien und zeitlose Klassiker mehr liegen, als bunte, kurzlebige Trends und Schnickschnack.

Was sind Deine derzeitigen Projektpläne?
Momentan gerade stecke ich mitten in meinem ersten Regieprojekt. Mit dem Gedanken Regie zu führen, gehe ich schon länger schwanger und ich habe mir bewusst Zeit gelassen, bis ich mich darüber getraut habe. Nun ist es soweit.

Was kannst Du als Künstlerin von Falco mitnehmen?
Die volle Aufgabe für die eigene Kunst – sich immer weiterentwickeln zu wollen, sich ständig neu zu erfinden. Diese Kompromisslosigkeit und Ernsthaftigkeit beeindrucken mich.

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Darf ich Dich abschließend zu einem Akrostichon bitten?
Jeansjacken-Mädchen
Entführt von
Achtziger Jahre Dude!
Newsflash berichtet – und trotzdem:
Niemand wird sie finden!
(nachzuschauen auf) Youtube

Vielen Dank, liebe Stefanie!

Karlsplatz/Wien 3/24
Alle Fotos&Interview Walter Pobaschnig, 9_24