

performing „Undine geht“ _ Donau/Wien _
„Undine geht“ Ingeborg Bachmann. Erzählung 1961.



















































performing „Undine geht“ _ Donau/Wien _
„Undine geht“ Ingeborg Bachmann. Erzählung 1961.
„Undine geht“ Ingeborg Bachmann. Erzählung 1961.
Ingeborg Bachmann_ Schriftstellerin (25.Juni 1926 Klagenfurt – 17.Oktober 1973 Rom)

Zum Projekt: Das Bachmann Projekt „Station bei Bachmann“ ist ein interdisziplinäres Kunstprojekt an den Schnittstellen von Literatur, Theater/Performance und Bildender Kunst.
Dabei kommt den topographischen und biographischen Bezügen eine besondere Bedeutung zu, indem Dokumentation, Rezeption und Gegenwartstransfer, Diskussion ineinandergreifen.
Künstler:innen werden eingeladen an diesem Projekt teilzunehmen und in ihren Zugängen Perspektiven zu Werk und Person beizutragen.

Liebe Linda Pichler, wie liest Du den Text „Undine geht“ von Ingeborg Bachmann? Welche Grundaussagen gibt es da für Dich?
Für mich handelt „Undine geht“ von einer Abzweigung, die auf einen Weg verführt, der parallel zu den geordneten Bahnen des Gewohnten verläuft. Es ist eine Flucht vor dem Leben, das man sich geschaffen hat, weil es sich so gehört. Irgendwann droht man nicht mehr zurückzukönnen aufs Alltagstrottoir- denn es gibt Geheimnisse, die schnüren dem Leben, wie man es kannte, oder sich selbst, wie man sich zu kennen glaubte, die Luft ab. Dann mag man verleitet sein zu fragen „Was hast du aus mir gemacht?“ statt „Was habe ich aus mir machen lassen? Und was hat mir daran gefallen?“





Wie siehst Du „Undine“?
Undine sehe ich als Vagabundin, als Gast im Leben anderer- sie umarmen sich, tauschen Vertraulichkeiten aus, doch letzten Endes bleibt Undine ungreifbar. Bekommt sie sich selbst zu fassen? Ist Undine sich dann am nächsten, wenn sie zurück ins Wasser geht? Ich glaube ja.




„Undine geht“ wurde vor gut 60 Jahren veröffentlicht. Was hat sich seit damals im Rollenbild von Frau und Mann verändert und was sollte sich noch ändern?
Heutzutage ist vieles im Wandel, das fängt schon bei unserer Vorstellung von Geschlecht an sich, von der Einsortierung in diese zwei Kategorien an. Ich sehe, dass diese Hinwendung zum Hinterfragen und neu Definieren auch in vielen Menschen Verunsicherung und sogar Hass auslöst. Ganz verstehen kann ich das nicht- nur weil jemand sagt „dieses Leiberl passt mir nicht, ich zieh das andere an“ oder „ich strick mir ein Neues“, heißt das ja nicht, dass mein eigenes Leiberl gestohlen oder beschmutzt wird. Ich wünsche mir, dass jeder Mensch ein selbstbestimmtes und authentisches Leben führen kann, wie auch immer das für ihn aussehen mag.


Der Monolog geht mit der patriarchalen Gesellschaftswelt schonungslos ins Gericht. Wie siehst Du die Situation patriarchaler Macht heute?
Seit 2023 sind in Österreich erstmals mehr Bürgermeisterinnen im Amt, als Männer mit dem Vornamen „Josef“. Das war eine Schlagzeile, ist das nicht skurril? Auch wenn auf kleine und größere Fortschritte verwiesen werden kann, sind Männer auch heute noch überrepräsentiert in entscheidungstragenden Positionen.


Der Text drückt auch viel Trauer über das Scheitern der Liebe und eines Miteinander der Geschlechter im persönlichen wie gesellschaftlichen Leben aus. Welche Auswege siehst Du da?
Vielleicht fragst du da die Falsche, ich ziehe das Scheitern dem Dulden vor. Manchmal muss etwas ordentlich kaputt gehen, bevor etwas Neues entstehen kann. Ich sehe uns nicht in der Verantwortung den Weg der Befreiung mit Bitten und Versprechungen wie „Wir sind doch auch Menschen“ oder „Ihr habt auch was davon“ auszuleuchten, und zu hoffen, dass, wenn wir nur freundlich genug lächeln, Männer ihn mit uns beschreiten werden. Nein, wir gehen ihn einfach. Die Männer, die ich schätze, die mir Gefährten sind und ich ihnen, haben ihre Prinzipien auf diesen Weg geführt und so begegnen wir uns.

Was kannst Du als Frau und Künstlerin von „Undine geht“ in das Heute mitnehmen?
Als Künstlerin bewundere ich Bachmanns feinsinnige Art die Welt und die Menschen um sie herum wahrzunehmen und ihre Trittsicherheit im Schreiben, die diese Eindrücke für uns fassbar machen konnte. Den Raum in sich zu finden für so viel Differenziertheit in der Betrachtung anderer Personen, das beeindruckt mich auch menschlich.





Was bedeutet Dir Natur?
Manchmal stelle ich mir vor, dass ich den Bus raus in ein Erholungsgebiet nehme, aber ich tue es dann doch recht selten- schade eigentlich! Naja, etwas davon haben wir ja auch in der Stadt, eingegrenzt und kuratiert aber doch! Das finde ich an Wien auch sehr erfrischend, die Blumen und die vielen Grünflächen.

Was bedeutet Dir das Element Wasser?
Im Fluss sein ist alles, im Sommer und überhaupt.

Wie lebst Du den Kreislauf der Jahreszeiten?
Ich versuche mich entweder an dem zu erfreuen was ist oder wenn mich das anzipft, dann an dem, was bald kommen und es ablösen wird.

Wie kann der moderne Mensch in Harmonie zur und mit der Welt leben?
Effizienter und schonender mit seinen und ihren Ressourcen umgehen.

Was braucht Liebe immer, um zu wachsen, blühen?
Großzügigkeit.

Was lässt Liebe untergehen?
Groll.

Wie war Dein Weg zum Schauspiel?
Der war an sich sehr klar, ich habe diesen Drang dorthin schon früh in der Kindheit verspürt.

Welche aktuellen Projektpläne hast Du?
Im Moment bereiten meine gute Freundin und Kollegin, Lara Bumbacher, und ich unsere nächste Drag Performance für das „From Kings to Queens“ Event am 04.10. vor. Das ist eine Nische der Performancekunst abseits vom Beruf, in der wir sehr frei und ausgelassen kreativ sein können! Über alles andere, was noch nicht liegt und pickt, schweige ich lieber!

Welches Zitat aus „Undine geht“ möchtest Du uns mitgeben?
In euren schwerfälligen Körpern ist eure Zartheit zu loben. Etwas so besonders Zartes erscheint, wenn ihr einen Gefallen erweist, etwas Mildes tut. Viel zarter als alles Zarte von euren Frauen ist eure Zartheit, wenn ihr euer Wort gebt oder jemand anhört und versteht.









Darf ich Dich zum Abschluss zu einem Akrostichon zu „Undine geht“ bitten?
Urquell
Nachtaktiv
Dickicht
Irrweg
Nymphengesang
Erlösung
Genügen
Einsamkeit
Heuchelei
Tränen



performing „Undine geht“ _ Donau/Wien _
„Undine geht“ Ingeborg Bachmann. Erzählung 1961.
Herzlichen Dank, liebe Linda!

8/24 Donau/Wien
Alle Fotos & Interview_Walter Pobaschnig