„Theater öffnet Möglichkeitsräume“ Theater-Kollektiv Traktor Reaktor _ AT 6.7.2024

Liebes Team vom Theater-Kollektiv Traktor Reaktor, wie sieht jetzt Euer Tagesablauf aus?

Die Proben für unsere aktuelle Produktion „Mondmilch trinken, immer und jetzt / dein Solarplexus ist mir egal“ (Eine Koproduktion von klagenfurter ensemble, Theater KOSMOS Bregenz und den Bregenzer Festspielen in Kooperation mit der Österreichischen Theater@llianz.), welche am 1. August 2024 bei den Bregenzer Festspielen Premiere feiert, laufen gerade auf Hochtouren.

Neben unserer Arbeit als Darsteller*innen, Regisseur, Videokünstlerin und Choreografin, übernehmen wir als Team auch diverse Aufgaben hinter den Kulissen, um unsere Produktion und unser Dasein als Theaterschaffende sichtbar zu machen und einen außergewöhnlichen Theaterabend auf die Bühne zu bringen.

Theater-Kollektiv Traktor Reaktor:
Benjamin Kornfeld (D)
Schauspieler & Kulturmanager
Claudia Carus (D)
Schauspielerin & Kulturmanagerin 
Simona Sbaffi (CH)
Schauspielerin
Alexander Mitterer (IT)
Schauspieler, Regisseur, Autor
Gyan Ros Zimmermann (ECU)
Schauspieler
Josef Maria Krasanovsky (AUT)
Regisseur & Autor
Johanna Hainz (AUT)
Schauspielerin

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Zentral für die Arbeit für uns vom Team von TraktorReaktor ist die Weiterentwicklung einer diskursiven zeitgenössischen darstellenden Kunst, in der es um die Ergründung von gesellschaftlichen Strukturen und daraus resultierenden Trends, politisch-sozialen Dynamiken und Tabubereiche geht.

Menschen, die unter die Räder, die auf „den Hund“ kommen, sind nicht immer am gesellschaftlichen Rand und ganz weit weg – die sind auch wir, das sind einfach alle. Wir dealen ja nicht so offensichtlich mit dem „Teufel“, wir dealen ja mehr mit uns selber und unserem Gegenüber, beim Liebe machen, beim Wählen, beim Verzweifeln, beim Protestieren, beim Spenden…

Cancel-Culture, Verteilungsfragen, individuelle Überforderung, Generationskonflikte, Terrorismus, Rechtsradikalismus, Klimawandel, Identitätskrisen, Sprachgebrauch … um nur einige zu nennen.

Unsere Gegenwart ist für mich eine enorme Zeit des Wandels. Und dieser Wandel spielt ja in alle Ebenen der Gesellschaft hinein. Auch im ganz privaten Umfeld sind die Themen der Veränderung permanente Dauerbrenner.
Und die Standpunkte, wie man sich zu den Themen verhalten soll, liegen oft meilenweit voneinander entfernt. Wir müssen ja nur auf die aktuelle EU-Wahl schauen, um zu sehen – all die Themen brennen und wir werden nicht daran vorbei kommen uns damit auseinander zu setzen.

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei dem Theater/Schauspiel, der Kunst an sich zu?

In unserem Stück „Mondmilch trinken, immer und jetzt / Dein Solarplexus ist mir egal“, geht es um die unzähligen kleinen und großen Deals, die wir alle Tag für Tag mit uns selbst verhandeln müssen. Der alltägliche Kampf ums Dasein, der manchmal dystopische Ausmaße des Untergangs annehmen kann.

Die auftretenden Themen und Figuren sprechen mit uns, sie lassen uns nicht alleine, sondern sind ganz bei uns – manchmal näher, manchmal entfernter  – es ist eben nicht egal, dass Zuschauer*innen da sind, sondern im Miteinander öffnet Theater im Wahrnehmen, Erfahren einen Möglichkeitsraum, in dem spontan und überraschend Berührung im Innersten stattfindet und sich vielleicht Reflexion, Veränderung ereignet.

Unser Stück verfolgt keine stringente Handlung, sondern öffnet Inhalt um Inhalt, Figur nach Figur, Situation um Situation, Zustand um Zustand der existentiellen und gesellschaftlichen Gegenwart. Eine Szenen-, Bilder- und Themenexplosion, welche die Frage ins Theater wirft: Was, Wer, Wie, Wo will man sein?

Wir wünschen uns zwischen Bühne und Publikum eine Begegnung auf Augenhöhe. Eine Begegnung, in der sich das Theater nicht anmaßt, moralisch zu belehren und thematisch modische Trends simpel wiederkäut.
Sondern eine Begegnung, in der uns Theatermacher*innen und Bühne in eine Welt entführen, die uns überrascht, aufwühlt, zornig macht und berührt.

Was liest Ihr derzeit?

Ehrlich gesagt bleibt uns neben unserer intensiven Probenzeit, bis auf die aktuelle Tagespresse und schnellem Herumscrollen auf Social Media, momentan keine Zeit uns anderweitig groß in literarische Stoffe zu vertiefen.

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtet Ihr uns mitgeben?

„Irgendwie bin ich ja auch da, auch wenn das den Weltraum nicht interessiert, dass ich mal zwei Sekunden da war. Aber mich, mich, mich interessiert es.“

Aus „Mondmilch trinken, immer und jetzt / dein Solarplexus ist mir egal“

Vielen Dank für das Interview, liebes Theaterkollektiv TraktorReaktor, viel Freude und Erfolg weiterhin für Eure großartigen Theater-, Kunstprojekte und persönlich alles Gute! 

5 Fragen an Künstler*innen: Theaterkollektiv TraktorReaktor,

Zum Kollektiv: Seit Ende des 18. Jahrhunderts wird der „Traktor“ für verschiedenste Aufgabenbereiche mit einem gemeinsamen Ziel eingesetzt: durch Kraftaufbringung soll ein Ist-Zustand verändert werden.  Als „Reaktor“ wird ein abgegrenzter Raum bezeichnet, in dem unter definierten Bedingungen bestimmte Reaktionen ablaufen. 

Das Kollektiv TraktorReaktor versteht sich als eine Aggregation von Künstler*innen.

Seit 2016 arbeiten die Mitglieder in diversen Konstellationen in unterschiedlichen Ländern – Albanien, Argentinien, Deutschland, Ecuador, Liechtenstein, Rumänien, Slowenien, Österreich – im Bereich darstellender Kunst zusammen.

Die Zusammensetzung des Kollektivs deckt eine große Bandbreite an Kompetenzen ab: Bühnenbild, Choreografie, Dramaturgie, Kulturmanagement, Lehrtätigkeit an Universitäten und Akademien, Produktion, Regie, Schauspiel, Tanz, Workshoptätigkeit.

Zentral für die Arbeit von TraktorReaktor ist die Weiterentwicklung einer diskursiven zeitgenössischen darstellenden Kunst, in der es um die Ergründung von gesellschaftlichen Strukturen und daraus resultierenden Trends, politisch-sozialen Dynamiken und Tabubereiche geht.

Mit der Gründung des Kollektivs geben die Künstler*innen ihrer langjährigen Zusammenarbeit eine sichtbare Identität.

Claudia Carus (D)
Schauspielerin & Kulturmanagerin 

Josef Maria Krasanovsky (AUT)
Regisseur & Autor

Johanna Hainz (AUT) Schauspielerin

Benjamin Kornfeld (D)
Schauspieler & Kulturmanager

Alexander Mitterer (IT)
Schauspieler, Regisseur, Autor

Simona Sbaffi (CH)
Schauspielerin

Gyan Ros Zimmermann (ECU) Schauspieler

https://www.traktorreaktor.com/

Aktuelle Produktion: „MONDMILCH TRINKEN“
von Josef Maria Krasanovsky
Schauspiel (2024) Uraufführung

PREMIERE: 1. August 2024 – 20.00 Uhr
BREGENZER FESTSPIELE


Koproduktion mit dem klagenfurter ensemble und dem Theater KOSMOS. In Kooperation mit der österreichischen Theaterallianz Kugeln schwitzen zu Gymnastik, Köchinnen mischen Mondmilch, übergewichtige Papageien kämpfen um Gerechtigkeit und Klimacowboys schießen Ballons in den Himmel.

Das neue Stück des in Salzburg geborenen Autors und Regisseurs Josef Maria Krasanovsky verdichtet die Fragen der Gegenwart zu einem temporeichen, absurden Bilderreigen. Die unter den Rädern, die auf den Hund kommen, sind nicht immer am gesellschaftlichen Rand und ganz weit weg – die sind auch wir, das sind einfach alle. Die Menschen, die Tiere, das Klima, der Weltraum, die eigenen und geliehenen Meinungen. Wir dealen ja nicht so offensichtlich mit dem Teufel, wir dealen vielmehr mit uns selbst und unserem Gegenüber, beim Liebemachen, beim Wählen, beim Verzweifeln, beim Protestieren, beim Spenden …

Aus dem Wettbewerb der Österreichischen Theaterallianz 2023 mit dem vorgegebenen Thema »Deal or no deal«, angelehnt an Carl Maria von Webers Der Freischütz, ging Josef Maria Krasanovskys Mondmilch trinken als Siegerstück hervor. Die Koproduktion mit dem klagenfurter ensemble und dem Theater KOSMOS in Bregenz wird anschließend auch an den weiteren Spielstätten der Theaterallianz zu erleben sein.

Mit Claudia Carus, Johanna Hainz, Sophie Hewig, Benjamin Kornfeld, Sascha Schicht, Valentin Späth

Inszenierung | Bühne | Kostüme Josef Maria Krasanovsky 
Licht Stefan Pfeistlinger
Video Dominika Kalcher
Ton Konrad Überbacher
Choreografie Silvia Salzmann

https://bregenzerfestspiele.com/de/programm/mondmilch-trinken

Weitere Spieltermine:

Kosmos Theater Bregenz:
12.,14.,15.,19.,20.,21. September 2024
klagenfurter ensemble:
28., 28. September +
02.,03.,04.,05.,09.,10.,11.,12. Oktober 2024
Phönix Theater Linz:
16.,17. Oktober 2024
Schauspielhaus Salzburg:
14.,15. Februar 2025
Schauspielhaus Wien:
21.,22. Februar 2025
Theater am Lend Graz 28.Februar + 01. März 2025

Fotos _  Theater-Kollektiv Traktor Reaktor

Walter Pobaschnig _ 4.7.2024

https://literaturoutdoors.com

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