Station bei Milena _ „ungestüm, frech, bunt, frei!“ Katrin Koch, Sopranistin _Wien 13.6.2024

Station bei Milena Jesenska  und Franz Kafka _
Katrin Koch, Sopranistin _Wien_performing

80.Todesjahr _ Milena Jesenská (10.August 1896 Prag + ermordet 17.Mai 1944 KZ Ravensbrück) _Journalistin, Schriftstellerin, Übersetzerin

100.Todesjahr Franz Kafka * 3.Juli 1883 Prag
+ 3.Juni 1924 Kierling/Klosterneuburg (AUT) _ Schriftsteller

Fotos _ am Wohnort Milena Jesenskas in Wien bzw. im angrenzenden Pfarrhof_
Franz Kafka war hier im Sommer 1920 4 Tage zu Gast.

80.Todesjahr _ Milena Jesenská (10.August 1896 Prag + ermordet 17.Mai 1944 KZ Ravensbrück) _Journalistin, Schriftstellerin, Übersetzerin

100.Todesjahr Franz Kafka * 3.Juli 1883 Prag
+ 3.Juni 1924 Kierling/Klosterneuburg (AUT) _ Schriftsteller

Fotos _ am Wohnort Milena Jesenskas in Wien bzw. im angrenzenden Pfarrhof_
Franz Kafka war hier im Sommer 1920 4 Tage zu Gast.
Milena Jesenská (10.August 1896 Prag + ermordet 17.Mai 1944 KZ Ravensbrück) _
Journalistin, Schriftstellerin, Übersetzerin
Franz Kafka, Schriftsteller _
100.Todesjahr Franz Kafka * 3.Juli 1883 Prag+ 3.Juni 1924 Kierling/Klosterneuburg (AUT) _ Schriftsteller

Zum Projekt: Das Literatur outdoors Projekt „Station bei“ ist ein interdisziplinäres Kunstprojekt an den Schnittstellen von Literatur, Fotografie und Theater/Performance.

Dabei kommt den topographischen und biographischen Bezügen eine besondere Bedeutung zu, indem Dokumentation, Rezeption und Gegenwartstransfer, Diskussion ineinandergreifen.

Künstler:innen werden eingeladen an diesem Projekt teilzunehmen und in ihren Zugängen Perspektiven zu Werk und Person am biographischen bzw. werksgeschichtlichen Bezugsorten beizutragen.

Station bei Milena Jesenska  und Franz Kafka _
Katrin Koch, Sopranistin _Wien_performing

Liebe Katrin Koch, welche Zugänge gibt es von Dir zur Schriftstellerin/Übersetzerin und Journalistin Milena Jesenska wie zu Franz Kafka, Schriftsteller?

Bisher noch nicht so viele, ich habe mich erst vor Kurzem näher mit Franz Kafka und Milena Jesenska auseinandergesetzt.

Wir sind hier am Lebensort Jesenskas, an Kafka im Sommer 1920 4 Tage zu Gast war. Welche Eindrücke hast Du vom Haus/Umfeld hier?

Ich glaube dass diese Ecke der Lerchenfelderstraße, in der das Haus steht, vor über 100 Jahren viel mehr Vorstadt- als Großstadtcharakter hatte. Vor meinem inneren Auge sehe ich ein damals gemütliches und eher ruhiges Viertel, mit Marktständen, Greißlern und der wunderschönen Kirche Altlerchenfeld nebenan als soziales Zentrum. Heute dient die Lerchenfelderstraße zwar als häufig genutzte Verbindung zwischen Ottakring und dem Zentrum, doch wenn man genau hinschaut und hinspürt, lässt sich noch viel vom Charme vergangener Zeiten erahnen.

Wie siehst Du den Briefwechsel und die Beziehung beider?

Ich denke Kafka und Milena haben sich auf einer Ebene verstanden, die sich nicht allen Menschen eröffnet. Waren sie Lebensmenschen? Seelenverwandte? Kann man das überhaupt aus einer Briefsammlung herauslesen? Kafkas Sprache dringt beim Lesen tief ein, vorbei an vielen verschiedenen Schichten die man sich als Mensch aus verschiedensten Gründen zugelegt hat. Am Ziel angekommen zerlegt seine Sprache scheinbar bestehende Strukturen, reißt sie nieder und baut Neues auf – mit einer unvergleichlichen Eindringlichkeit aber auch als unerbittlicher Spiegel. Kafka war meiner Meinung nach ein sehr einsamer Mensch, der seine Sprache als seine eigene Welt um ihn herumbaute. Milena war wohl einer der wenigen Menschen, der eine Tür in diese Welt öffnen konnte, um für kurze Zeit darin zu verweilen.

Gibt es Textstellen, die Du hervorheben möchtest?

„Jetzt bin ich zwei Stunden auf dem Kanapee gelegen und habe wohl kaum an etwas anderes gedacht als an Dich. Du vergißt Milena daß wir doch nebeneinander stehn und dieses Wesen auf dem Boden anschauen, das ich bin; aber ich der dann zuschaut, bin dann allerdings wesenlos. (…) Wie kommt es Milena dass du noch immer nicht Angst oder Abscheu vor mir hast oder dergleichen? In was für Tiefen geht dein Ernst und deine Kraft!

(Prag, September 1920)

Was lässt Liebe wachsen, was Liebe untergehen?

Bereitschaft an sich selbst und an der eigenen Veränderung zu arbeiten und eine Verbindlichkeit zum Gemeinsamen lässt Liebe aus meiner Erfahrung wachsen. Ein Mangelerleben an unterschiedlichsten Stellen leitet den Untergang der Liebe ein.

Was macht für Dich die Schriftstellerin Jesenska und den Schriftsteller Kafka aus?

Im Vergleich zu Kafka, aus dem eine alte Seele zu sprechen scheint, nehme ich die Schriftstellerin Milena Jesenska ungestümer, frecher, jünger wahr. Ihre Sprache bahnt sich ihren Weg freier und bunter als die in jedem Wort Gewicht tragende Sprache Kafkas. Beiden gemeinsam scheint mir ein durch und durch Kennen des eigenen Wesens, eine daraus entstehende authentische literarische Sprache.

Wann bist Du erstmals mit den Texten Kafkas in Berührung gekommen und welche Aussagen gibt es da für Dich?

Meine erste Berührung mit Kafka war wahrscheinlich wie bei vielen die Pflichtlektüre von ‚Die Verwandlung‘ in der Schule. Obwohl doch schon einige Zeit her kam mir diese Geschichte im Laufe des Lebens immer wieder in Erinnerung und ist mir in verschiedenen Situationen durch den Kopf gegangen – von wie vielen Büchern kann man das behaupten? So eindringlich hat Kafka das im Körper des Ungeziefers Feststecken beschrieben, dass man diese Ohnmacht am eigenen Körper miterlebt. Das Gute daran ist, als Mensch kann man aus seinen Ohnmächten auch wieder rauskommen.

Wie hast Du Dich auf das Fotoshooting/die Performance vorbereitet?

Ich habe mich in die Briefe an Milena eingelesen und mich mit den Biografien der beiden intensiver auseinandergesetzt.

Gab es bisher schon Kafka Projekte für Dich?

Nein bisher noch nicht.

Wie musikalisch/rhythmisch schreibt Kafka?

Hm das ist eine schwierige Frage, ohne lange darüber nachzudenken ist das erste was mir spontan in den Sinn kommt eine Fuge von Bach. Unglaublich komplex und detailliert, aber im Gesamten von einer ungemeinen Klarheit und Schönheit.

Wie war Dein Weg zur Musik?

Musik war schon immer da in meinem Leben als ein Teil von mir, also kann ich nicht von einem Weg zur Musik sprechen sondern eher von einem Weg mit der Musik. Der geht wie fast alle Wege nicht nur gerade aus, sondern auch mal auf und ab und nimmt auch schon mal einen Umweg. Aber ich würde ihn auf jeden Fall immer wieder gehen.

Was sind Deine nächsten Projektpläne?

Neben einigen Messen und Konzerten möchte ich ein Projekt, das mir besonders am Herzen liegt hervorheben, nämlich eine (halb)szenische Schöne Müllerin mit Müllerin, die die Handlung durch andere Schubert Lieder ergänzt oder auch in den direkten Dialog mit dem Müllersgesellen tritt. Es gibt zwei mögliche Enden, das Publikum kann in der Pause abstimmen, wie es ausgeht. Den Abend haben wir bereits mehrfach gespielt und jedes Mal wieder freue ich mich wahnsinnig wenn ich mitbekomme, wie das Publikum in der Pause darüber diskutiert, wie es mit der Handlung weitergehen soll. Dann habe ich das Gefühl, ich habe meine Aufgabe erfüllt, die Musik ist bei den Menschen angekommen. Zu Hören im September in der Klimt Villa in Wien.

Darf ich Dich abschließend zu einem „Milena  Franz“ Akrostichon bitten?

Mutig

Inniglich

Lebensmensch

Eingeengt

Narrativ

Analytisch



Faszination

Ruhelos

Angst

Nachdrücklich

Zweifel

Station bei Milena Jesenska  und Franz Kafka _
Katrin Koch, Sopranistin _Wien_performing

80.Todesjahr _ Milena Jesenská (10.August 1896 Prag + ermordet 17.Mai 1944 KZ Ravensbrück) _Journalistin, Schriftstellerin, Übersetzerin

100.Todesjahr Franz Kafka * 3.Juli 1883 Prag
+ 3.Juni 1924 Kierling/Klosterneuburg (AUT) _ Schriftsteller

Fotos _ am Wohnort Milena Jesenskas in Wien bzw. im angrenzenden Pfarrhof_
Franz Kafka war hier im Sommer 1920 4 Tage zu Gast.
Katrin Koch und Walter Pobaschnig vor dem Wohnhaus von Milena Jesenska/Wien
im Wohnhaus Milena Jesenskas
an das Wohnhaus Milena Jesenskas angrenzender Pfarrhof

Alle Fotos&Interview _ Walter Pobaschnig 6/24

https://literaturoutdoors.com

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