Bachmannpreis 2024 _ „Es ist famos, Literatur in dieser Weise zu inszenieren“ Henrik Szanto, Schriftsteller _ Hannover 12.6.2024

Bachmannpreis 2024 _  im Interview:

Henrik Szántó, Schriftsteller, Spoken Word-Künstler und Literaturvermittler, Bachmannpreis Nominierung 2024

Henrik Szántó, Schriftsteller

Lieber Henrik Szántó, herzliche Gratulation zur Nominierung zum Bachmannpreis! Was war Deine erste Reaktion dazu und auf was freust Du Dich besonders?

Vielen Dank! Ich hatte schon eine Weile auf Neuigkeiten gewartet und mit jedem weiteren Tag wich die Zuversicht der Sorge, es sei nichts geworden. Und dann: Mail von Mara Delius, Herzklopfen, geballte Faust und Wochen der Warterei, die auf einmal von den Schultern fließen. Ich habe die Nachricht immer wieder gelesen, bis das stadtweite Mittagsgebimmel losging (keine Sorge, die Mail kam um 11.53).

Seit Jahren verfolge ich den Bachmannpreis und freue mich sehr darauf, die anderen Nominierten und ihre Texte kennenzulernen – und meinen eigenen zu lesen.

Welche Bedeutung hat der Bachmannpreis heute?

Es ist schon famos, Literatur in dieser Weise zu inszenieren: Als Fernsehformat mit Jury, die natürlich auch gewissen archetypisierten Showlogiken folgt, die Dynamiken, die Meinungsverschiedenheiten und der Geist, der über allem schwebt und flüstert: „Das sind die aktiv gestalterischen Kräfte der deutschsprachigen Literatur.“

Ich schätze sehr, dass der Bachmannpreis eine Gelegenheit bietet, sich zu vernetzen, Perspektiven kennenzulernen und eine Eintrittskarte in neue Bereiche des literarischen Geschehens zu lösen.

Die Mischung aus arrivierten schriftstellerischen Persönlichkeiten und vergleichsweise noch wenig bekannten – darin liegt eine ungeheure Wertschätzung des Schreibens. Das gilt es zu würdigen.

Was ist Dir in Deinem Schreiben wichtig?

Neugier. Neugier auf Menschen, Neugier auf das Übersehene, die Suche nach dem, was droht, in den Ritzen zu verschwinden.

Ein achtungsvoller Umgang mit Schmerz, der nicht romantisiert oder verklärt, sondern ernst nimmt und ergründet, ob aus diesem Schmerz eine Hoffnung gewonnen werden kann.

Das mag naiv klingen – auch das Naive ist mir beim Schreiben wichtig. Es ist so einfach, zynisch zu sein. Das langweilt mich.

Was hast Du mit Ingeborg Bachmann gemeinsam?

Auch ich bewege mich gern in verschiedenen Textformen, am liebsten im erzählerischen Schreiben und in der Lyrik.

Ich vermute Gemeinsamkeiten in der Weise, wie wir auf Schmerz blicken – auch wenn die Schlussfolgerungen sich unterscheiden mögen.

Welche drei Dinge kommen unbedingt nach Klagenfurt nicht mit?

Ich habe eine gut sortierte und wohlbehütete Sammlung meiner treuesten Selbstzweifel, die lasse ich gerne zuhause.

Vielen Dank für das Interview, viel Freude und Erfolg in Klagenfurt!

Zur Person: Henrik Szanto, D/FIN/UK

Geboren 1988 in Frankfurt/Main, lebt in Hannover. Finnisch-britisch, liest auf Einladung von Mara Delius.

Henrik Szanto ist halb Ungar, halb Finne und lebt als Autor, Spoken Word-Künstler und Literaturvermittler in Hannover. In Schreibwerkstätten bereitet er Bühnen für neue und arrivierte Stimmen. Die Kernthemen seiner Arbeit sind Mehrsprachigkeit, Erinnerungsarbeit, Neugier und das Übersehene.

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Es hat 18 Buchstaben und neun davon sind Ypsilons, überarb. Neuauflage 2023, Lektora Verlag Paderborn
  • Im Gehege, In: Literatur und Kritik, Mai 2022, Otto Müller Verlag Salzburg
  • Entscheidungen und die Äxte, mit denen wir sie fällen, 2021, Lektora Verlag Paderborn

Auszeichnungen und Stipendien:

  • Arbeitsstipendium für Literatur 2022 des Landes Niedersachsen
  • Arbeitsstipendium 2021 der Stadt Wien
  • H.C.Artmann-Stipendium 2021 der Stadt Salzburg

https://bachmannpreis.orf.at/stories/3257240/

Bachmannpreis 2024 _ Tage der deutschsprachigen Literatur _ 26. bis 30. Juni 2024 Klagenfurt

https://bachmannpreis.orf.at/stories/3257422/

v.l. Heimo Strempfl (Robert Musil Literatur-Museum), Bettina Kugi (BKS Bank), Klaus Wachschütz (Technischer Leiter ORF Kärnten & Regisseur Ingeborg-Bachmann-Preis), Ursula Schirlbauer (ORF/3sat), Horst L. Ebner (Koordinator „Tage der deutschsprachigen Literatur), Karin Bernhard (ORF Landesdirektorin), Christian Scheider (Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee), Reinhard Draxler (Kelag), Inga Horny (Stadtmarketing Klagenfurt)

Nominierte _ Bachmannpreis 2024:

Kaska Bryla, A/POL

Semi Eschmamp, CH

Ulrike Haidacher, A

Jurczok, CH

Christine Koschmieder, D

Miedya Mahmod, D

Sarah Elena Müller, CH

Denis Pfabe, D

Johanna Sebauer, A/D

Tijan Sila, D/BIH

Tamara Stajner, A/SLO

Sophie Stein, D

Henrik Szanto, D/FIN/UK

Olivia Wenzel, D

Infos zum Bachmannpreis 2024_

https://bachmannpreis.orf.at/

Fotos_ Portrait: Marvin Ruppert; Präsentation Bachmannpreis_Johannes Puch

Walter Pobaschnig  6/24

https://literaturoutdoors.com

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