Liebe Anne Hashagen, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Ich arbeite in einer Bank, beschäftige mich also beruflich mit Zahlen, insbesondere der Finanzierung von Assets. Tagsüber bin ich also im Büro, abends widme ich mich – zumindest häufig – dem Schreiben. In den letzten dreizehn Jahren, seitdem habe ich meine private Leidenschaft fürs Schreiben (wieder-)entdeckt, habe ich sechs Bücher (Sachbuch und Fiktion) sowie einige Drehbücher geschrieben. Ein Buch zu schreiben ist schön – ein eigenständiges Projekt, Selbstverwirklichung im wahrsten Sinne. Allerdings mag ich nur das Schreiben selbst, alles, was danach kommt (Verlagssuche, Vermarktung) finde ich eher unangenehm. Der Buchmarkt ist kein Markt, den ich mag, das merkt man sicher auch beim Lesen meines Romans „Fucking Famous“ …

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Leben und leben lassen, weg von der Empörungskultur, Diskurs statt Erregung. Der Siegeszug der sozialen Medien hat Hauptanteil daran, dass sich ein Klima verbreitet hat, das die Gesellschaft so gespalten wie nie erscheinen lässt. Influencer nutzen Empörung als Mittel für Clickbait und Follower-Fishing, man überhäuft sich gegenseitig mit moralischen Belehrungen, aber digitale, moralische Indoktrination führt zu nichts, Erregung ohne Wirkung. Wichtig wäre auch, die Algorithmus-gesteuerten Plattformen einer schärferen Kontrolle zu unterziehen. Über fünfzig Prozent der jungen Menschen geben als Berufswunsch Content Creator an – „Berühmtwerden“ und Reichweite-Besitz werden stillschweigend und völlig ohne Hinterfragen als Nummer 1- Ziel akzeptiert, „Mach dich zur Marke“ ist das neue Mantra. Die Algorithmen fördern Penetranz, Trivialität und Trash zu Lasten von Qualität. Der Content Creator wird zum „Herrn“, der „Follower“ zum Knecht. Hyper-Narzissmus zur gewinnenden Ideologie. Über diese Themen schreibe ich in meinem Roman „Fucking Famous“. Ich habe mich sehr gewundert, dass es keinen satirischen Roman dieser Art bisher gab.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Ich denke, Literatur und Kunst können den Finger in Wunden legen. Belehrende Literatur, die Weltanschauungen oder dringende Botschaften vermitteln will, schätze ich nicht sonderlich. Ebenso wenig interessiert mich Wohlfühl-Literatur. Ich denke, Literatur erfüllt ihren Zweck am besten, wenn sie zum ausführlichen Nachdenken anregt, einen vielleicht sogar verärgert.
Was liest Du derzeit?
Ich lese (zum zweiten Mal) Faserland von Christian Kracht, der auch meinen Roman „Fucking Famous“ inspiriert hat. Ansonsten „Yellowface“ von R.F Kuang, da dieser Roman ähnliche wie meiner Social Media-Mechanismen und den Literaturbetrieb durchleuchtet.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
„Ich komme aus einfachen Verhältnissen. Meine Eltern haben zum Beispiel nur sehr wenig Follower“ (Zitatgeber unbekannt)
Vielen Dank für das Interview, liebe Anne, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich alles Gute!

5 Fragen an Künstler*innen:
Anne Hashagen, Schriftstellerin
Zur Person_ Anne Hashagen, Schriftstellerin.
Anne Hashagen erblickte in Wuppertal das Licht der Welt und liebte als Kind Astrid Lindgren, Enid Blyton und ganz besonders Michael Ende. Als promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin arbeitet sie als Bankerin im Finanzwesen. Ihre private Leidenschaft ist das Schreiben.
Ihr psychologischer Ratgeber Ja! 10 Regeln den Mann fürs Leben zu finden wurde u. a. bei 3nach9 vorgestellt und in mehrere Sprachen übersetzt. Es folgten ihre beiden Jugendbücher um die Figur Anton Pfeiffer, die von zahlreichen Literaturblogs empfohlen wurden. Ihr Roman Die Wette wartet als englisches Drehbuch auf Verfilmung. Das Sachbuch Ich denke, aber wer ist Ich? Neue Antworten auf die alte Frage nach dem Sinn des Lebens veröffentlichte sie zusammen mit dem Philosophieprofessor und Robotiker Riccardo Manzotti. Fucking Famous ist ihr sechstes Buch, ein zeitgeistiger Roman, in dem sie sich – inspiriert von existierenden Prominenten und eigenen Erfahrungen – satirisch, humorvoll aber auch bitterböse mit Social Media und dem Influencer-Phänomen auseinandersetzt.
Bibliografie
2024: „Fucking Famous – Wie ich zu einer Million Followern kam und dabei unendlichen Spaß hatte“
2021: „Ich denke aber wer ist Ich? Neue Antworten auf die alte Frage nach dem Sinn des Lebens“, zusammen mit Prof. Riccardo Manzotti
2018: „Die Wette“.
2013: „Anton Pfeiffer und der Hexensabbat“
2012: „Anton Pfeiffer und der Zauberkongress“
2011: „Ja! Zehn Regeln den Mann fürs Leben zu finden und zu heiraten“
https://www.solibro.de/autoren/hashagen-Anne.php
Aktuelles Buch von Anne Hashagen:

„Fucking Famous“
Wie ich zu einer Million Followern kam und dabei unendlichen Spaß hatte.
Sind eine Million Follower es wert, mit dem Teufel ins Bett zu steigen?
Lotte Hohenfeld, 39 Jahre, studiert, ambitioniert, attraktiv, hat die Nase voll. Nach gescheitertem Start-up ist auch ihr erstes Buch gefloppt. Höchste Zeit, dem Leben noch etwas Großartiges abzutrotzen. Aber wie? Freundin Tessa, eine IT-Beraterin, weiß die Lösung: berühmt werden! Gemeinsam rufen sie das Projekt „Lotte“ ins Leben. Mit Witz und Verstand, Lug und Trug, Deep Fake und einem falschen Adelstitel wird Lotte zur Celebrity, die tief in die Welt der Influencer und B-Prominenz eintaucht. Doch alles hat seinen Preis. Aber wie sagte Anna Delvey: „Prison is the new sex tape“ …
Deutschlands abgründigste Roman-Satire über Instagram & Co., schamlose Selbstdarstellung im Zeitalter der Algorithmen, Hyper-Narzissmus und das allgegenwärtige Mantra der Influencer: Mach dich zur Marke! (Presse Text _ Solibro Verlag)
https://www.solibro.de/buecher/Fucking-Famous
Anne Hashagen, Fucking Famous.
Wie ich zu einer Million Followern kam und dabei unendlichen Spaß hatte.
Solibro Verlag
2024 [cabrio Bd. 8] ● ISBN 978-3-96079-112-6 ● Broschur ● 21,5 x 13,5 cm ● 328 Seiten ● erscheint 29.5.24 ● 16.00 Euro (D)
als E-Book: eISBN 978-3-96079-113-3 (epub) ● 2024 erscheint ● erscheint 29.5.24 ● 9.99 Euro (D)
Fotos_privat
Walter Pobaschnig _ 2.6.2024