Bachmannpreis 2024 _ „Im Schreiben dort hingehen, wo es ambivalent wird“ Tamara Stajner, Schriftstellerin _ Wien 11.6.2024

Bachmannpreis 2024 _  im Interview:

Tamara Stajner, Schriftstellerin, Violinistin, Bachmannpreis Nominierung 2024

Tamara Stajner, Schriftstellerin, Violinistin,
Bachmannpreis Nominierung 2024

Liebe Tamara Stajner, herzliche Gratulation zur Nominierung zum Bachmannpreis! Was war Deine erste Reaktion dazu und auf was freust Du Dich besonders?

Danke vielmals! Es war neun Uhr. Gerade hatte ich meine Sportsachen angezogen, da kam die Mail von Brigitte Schwens-Harrant. Meine Hände zitterten und so sorgte an dem Morgen erstmal die Nominierung für einen hohen Puls, nicht das Laufband.

Danach musste ich an die vielen Sommer in Slowenien denken, als das Schuljahr gerade zu Ende ging und im Fernsehen der Bachmannpreis übertragen wurde. Ich habe immer zugeschaut, ohne viel zu verstehen. Also war ich erstmal sehr gerührt, jetzt selbst auf dieser Bühne zu lesen. Ich wollte es so vielen Menschen mitteilen! Durfte aber nicht. Paul, mein Mann, bekam also den ersten großen Jubel ab. Gleich meldeten sich aber auch meine Nerven – beim Bachmannpreis zu lesen ist ja ein Rodeo.

Ich freue mich jedenfalls, Teil eines Jahrgangs, einer Gruppe zu sein, die sich bestimmt gegenseitig motiviert und vielstimmig ist.

Welche Bedeutung hat der Bachmannpreis heute?

Das Setting ist schon mal einmalig: Eine Kärntner Stadtkulisse am See, eine Fachcommunity, untergebracht in verschiedenen Hotels, eine Bubble, die sich Tag für Tag in einer von Medien und Publikum vollbesetzten Arena versammelt. Die Zuschauer an den Bildschirmen. Die oft skurrilen Dynamiken, die sich daraus entwickeln. Und trotzdem die Transparenz, die dieses Vortragen und Nachdenken über Texte in der Öffentlichkeit hat.

Bachmannpreis ist Bachmannpreis: Mir bedeutet er sehr viel. Ich halte es nicht für selbstverständlich, dass ich da lesen darf, dass mein Text und ich als Autorin diese Aufmerksamkeit erfahren. Das ist bei Weitem nichts Gewöhnliches. Ich habe Respekt davor.

Bereits der Klagenfurter Literaturkurs, an dem ich vor zwei Jahren teilnahm, war für mich unglaublich bereichernd. Wir konnten uns mit tollen – im Stil und im Umgang ganz verschiedenen Autor:innen – austauschen und bekamen den Zugang zu den Bachmannpreis-Lesungen und dem Reigen drum herum. Daraus wurden Freundschaften.

Was ist Dir in Deinem Schreiben wichtig?

Hinzugehen, wo es ambivalent wird. Da finde ich meistens, was ich fürs Schreiben brauche. Auch Humor und doppelbödige Verwandlungen.

Was hast Du mit Ingeborg Bachmann gemeinsam?

Die Beatrixgasse 26. Sie wohnte von 1946 bis 1949 dort. Das ist im dritten Bezirk, damals noch im sowjetischen Sektor von Wien. Während meines Studiums 2006 bis 2012 ging ich wöchentlich dahin, weil mein Bratschenprofessor in der Beatrixgasse 26 lebte und der Unterricht meistens bei ihm zuhause stattfand. Ein leises Haus mit üppigen Laubbäumen im Innenhof. Auch der hintere Eingang zur Universität für Musik und darstellende Kunst (mdw) liegt z.B. gegenüber den Romanschauplätzen von Malina in der Ungargasse.

Welche drei Dinge kommen unbedingt nach Klagenfurt nicht mit?

Meine beiden Bratschen und das Rosshaar. Irgendwer muss ja die Wohnung hüten!

Vielen Dank für das Interview, viel Freude und Erfolg in Klagenfurt!

Danke Dir!

Tamara Stajner, Schriftstellerin, Violinistin,
Bachmannpreis Nominierung 2024

Zur Person: Tamara Stajner, A/SLO

Geboren 1987 in Novo mesto, Slowenien. Lebt in Wien, liest auf Einladung von Brigitte Schwens-Harrant.

Tamara Stajner wurde 1987 in Novo mesto geboren und wuchs in Krsko auf. Seit 2006 lebt sie in Wien. Sie schloss ihr Master-Studium im Konzertfach Viola an der mdw Wien ab. Derzeit promoviert sie in Musiktheorie.

Sie war Gastdozentin u.a. an der MUK Wien, KU Graz sowie dem Williams College (USA). Sie erhielt START-Stipendien für Musik und darstellende Kunst (2015) sowie für Literatur (2020) des BMKÖS. Mitglied der Jungen Akademie der Wissenschaften und der Literatur (Mainz). 2022 war sie Stipendiatin des 25. Klagenfurter Literaturkurses. 2024 gewann sie den Lyrikpreis Meran.

Veröffentlichungen/Auswahl:

  • 2023: Raupenfell, Roman, Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg
  • 2022: Schlupflöcher, Gedichte, Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg
  • Beiträge in Zeitschriften und Sammelbänden (Auswahl)
  • Wunderwerk Text, Mackinger Verlag (Anthologie), 2023
  • Lichtungen (eine Serie von acht Lyrikpartituren), 2022-2023
  • 365 x Freud, Klett-Cotta (Anthologie), 2022
  • Lichtblicke, Philipp Reclam (Anthologie), 2022
  • Das Buch vom Drehen und Wenden der Blätter, Das böhmische Dorf (Anthologie), 2022
  • Gesund schreiben 2021, Braumüller Verlag (Anthologie)

Auszeichnungen und Stipendien:

  • 2024: Lyrikpreis Meran
  • 2022: Stipendiatin des 25. Klagenfurter Literaturkurses im Rahmen des Ingeborg-Bachmann-Preises 2022
  • 2021: Literaturpreis der Ärztekammer für Wien „Gesund schreiben“ 2021 (Longlist)
  • Aufnahme in die Junge Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz
  • 2020: START-Stipendium für Literatur des BMKÖS
  • 2015: START-Stipendium für Musik und darstellende Kunst des BMKÖS

https://bachmannpreis.orf.at/stories/3257233/

Bachmannpreis 2024 _ Tage der deutschsprachigen Literatur _ 26. bis 30. Juni 2024 Klagenfurt

https://bachmannpreis.orf.at/stories/3257422/

v.l. Heimo Strempfl (Robert Musil Literatur-Museum), Bettina Kugi (BKS Bank), Klaus Wachschütz (Technischer Leiter ORF Kärnten & Regisseur Ingeborg-Bachmann-Preis), Ursula Schirlbauer (ORF/3sat), Horst L. Ebner (Koordinator „Tage der deutschsprachigen Literatur), Karin Bernhard (ORF Landesdirektorin), Christian Scheider (Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee), Reinhard Draxler (Kelag), Inga Horny (Stadtmarketing Klagenfurt)

Nominierte:

Kaska Bryla, A/POL

Semi Eschmamp, CH

Ulrike Haidacher, A

Jurczok, CH

Christine Koschmieder, D

Miedya Mahmod, D

Sarah Elena Müller, CH

Denis Pfabe, D

Johanna Sebauer, A/D

Tijan Sila, D/BIH

Tamara Stajner, A/SLO

Sophie Stein, D

Henrik Szanto, D/FIN/UK

Olivia Wenzel, D

Infos zum Bachmannpreis 2024_

https://bachmannpreis.orf.at/

Fotos_ Portrait: Andrej Grilc; Präsentation Bachmannpreis_Johannes Puch.

Walter Pobaschnig  6/24

https://literaturoutdoors.com

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