Liebe Johanna Grillmayer, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Sehr ähnlich wie der anderer Angestellter mit Familie: Ich stehe gegen 6.30 Uhr auf, richte meinem Kind das Frühstück und die Schuljause, dann mache ich mich fertig und fahre mit der U-Bahn zur Arbeit. Nach Dienstschluss verlasse ich das Büro, gehe einkaufen, kümmere mich um Kind und Haushalt und koche im Wechsel mit meinem Mann das Abendessen. Ab und zu gehe ich in einen Yogakurs oder treffe mich mit Freund*innen. Bin ich nach all dem nicht zu müde beziehungsweise von weiteren Pflichten oder einem spannenden Buch in Beschlag genommen, greife ich manchmal zu Laptop oder Notizblock und schreibe.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Das Gleiche, was immer wichtig ist, würde ich sagen: Sicherheit, ein gewisser Grad an allgemeiner Zufriedenheit, Zusammenhalt und Zuversicht. Auch politische Visionen wären gut, was die Zukunft angeht, insbesondere unseren Umgang mit der Umwelt und Ressourcen. Es wäre wichtig, den Menschen angesichts der vielen Krisen ein wenig Hoffnung mitzugeben.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Ich bin nicht sicher, ob ich einen solchen Aufbruch und Neubeginn erkennen kann. Die Rolle von Kunst und Literatur ist es, zu sein. Sie dürfen keine Aufgabe im engeren Sinn zugeteilt bekommen, das erstickt und tötet sie. Kunst kann, aber muss nicht politisch sein. Sie kann, muss aber nicht, ein Weg zum Begreifen von Tatsachen und Umständen sein – ein Mittel zum Zweck darf sie hingegen niemals sein. Ich glaube, dass Kreativität allen Menschen mitgegeben worden ist, und dass alle auch imstande sein sollten, diese Kreativität auszuleben.
Was liest Du derzeit?
Lauren Groff: Die weite Wildnis
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Es gibt keine vernünftigere Regung als Liebe (Marlen Haushofer, Die Wand)
Vielen Dank für das Interview, liebe Johanna, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Johanna Grillmayer, Schriftstellerin, Journalistin
Zur Person_ Johanna Grillmayer
lebt mit ihrer Familie in Wien. Sie studierte Geschichte an der Universität Wien und arbeitet als Journalistin und Schritstellerin. Ihr Debütroman „That’s life in Dystopia“ ist im Oktober 2023 im Müry Salzmann Verlag erschienen, zwei Fortsetzungen sind in Arbeit.
Aktueller Roman von Johanna Grillmayer:

„Stellen Sie sich vor, eine Katastrophe hat die Menschheit ausgelöscht, bis auf eine Handvoll Überlebender. Darunter Jola, Anfang 20. Mit einer kleinen Gruppe etwa Gleichaltriger findet sie Zuflucht in einem leerstehenden Hotel. Ihre Tage sind mit Fragen des reinen Überlebens gefüllt, der Suche nach Lebensmitteln und Waffen, aber auch damit, bei Verstand zu bleiben. Kinder werden allmählich geboren, wie in einer Patchwork-Familie haben sie mehrere Mamas und Papas. Zunehmend fällt es Jola und den anderen schwer, sich damit abzufinden, dass es „dort draußen“ niemanden mehr geben soll. So beschließen sie, einen von ihnen zu einer Mission in die Welt hinauszuschicken – mit unerwarteten Folgen…
In ihrem geschickt zwischen den Zeitebenen jonglierenden Roman schildert Johanna Grillmayer die Neuorganisation des Lebens nach der großen Tabula rasa: Wie schießt man einen Rehbock? Und wie zerlegt man ihn? Worin die Kinder unterrichten? Wie eine Gesellschaft etablieren? Das liest sich spannend wie ein Krimi, obwohl oder gerade weil der Roman ohne postapokalyptische Action- und Horrorszenarien aus- kommt. That‘s life in Dystopia, lautet das lakonische Resümee einer der Überlebenden. Warum also nicht die Stunde Null als Chance sehen, die Dystopie als Utopie?“
„That´s life in Dystopia“ Johanna Grillmayer. Roman. Müry Salzmann Verlag.
432 S., 11.5×18 cm, gebunden mit Schutzumschlag ISBN 978-3-99014-246-2
€ 28,00
https://www.muerysalzmann.com/belletristik/thats-life-in-dystopia
Foto_ privat
Walter Pobaschnig _ 21.4.2024