Liebe Clara Montocchio, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Das ist nicht so leicht zu verallgemeinern, er ändert sich ständig! In letzter Zeit denke ich oft über Rituale und Gewohnheiten nach und möchte versuchen, mir mehr gesunde oder hilfreiche Gewohnheiten anzutrainieren. Aber im Allgemeinen bestehen meine Tage aus Singen und Musizieren, Songs schreiben, auf die Uni gehen, Kochen (wenn Energie und Muße da sind) und Essen, Unterrichten, diverse Proben und Konzerte und Stepptanzen. Dazu kommt natürlich sämtlicher administrativer Kram, den ich nicht so gern mache, und leider meist auch zu langes auf social media versumpern.
Dazwischen versuche ich, mir möglichst bewusst Zeit für Familie, Partner, Freund:innen zu nehmen. Ein großes Projekt dieses Jahr ist die Arbeit an meinem ersten Solo-Album “My Vreemde Kind”, das im Herbst erscheinen soll. Damit einher kommen viele verschiedene spannende und schöne Tätigkeiten vom Aufnehmen bis zur Merchgestaltung (z.B. Linoldrucke selbst designen und drucken).

Sängerin, Schauspielerin, Tänzerin, Komponistin
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Irgendwann lernt man (oft auf schmerzhaftem Wege), dass man die anderen nicht wirklich beeinflussen kann. Ich kann also nur für mich sprechen. Neben Gesundheit sind mir sicher Beziehungen am Wichtigsten (dazu gehört auch die Beziehung zu mir selbst, ein nie endender Weg). Ich arbeite gern an ihnen, versuche dazuzulernen und zu wachsen. Ich glaube, dass ich auch mit der Musik eine sehr enge Beziehung habe, das “Kunst-Schaffen” scheint sehr eng verstrickt mit meinem Ich zu sein, was auch oft zum Nachdenken anregt.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Musik, der Kunst an sich zu?
Ich hab das Gefühl, die ganze Welt ist schon ganz lange in Aufbruchstimmung, nur gesellschaftliche und politische Muster machen es schwer auszubrechen. Bis wirklich eine Art von Neubeginn möglich ist, muss etwas Riesiges passieren hab ich das Gefühl, wir haben`s in der Pandemie gespürt, und jetzt wirkt die damalige Stimmung, das Gefühl des „Alles Muss Sich Ändern“, nur noch wie eine leise Welle, die schon längst verklungen ist. Jetzt gerade bringen wieder viele kleine und große Wellen unser Boot ins Schwanken. Welche Veränderungen das wirklich bringen wird, weiß man meist erst im Nachhinein. Zu versuchen, in die Zukunft zu sehen, ist nicht so leicht, aber doch wichtig für uns als Menschen.
Musik und Kunst waren schon immer Ventil oder eine Art Spielwiese für die verrückten und verbotenen (Zukunfts-) Träume, die wir alle haben, ein buntes Stück Glas durch das wir unsere Welt, unsere Zukunft betrachten können, im Schutze der irren Farben und getarnt durch das gebrochene Licht. Toll ist es, wenn ein Mensch durch Kunst etwas tief in sich spürt, etwas das sich regt, das zur Veränderung aufruft, und vielleicht ist dieses Gefühl so stark, dass dieser Mensch tatsächlich etwas für sich, für den Umkreis, für die Welt tut.
Was liest Du derzeit?
Ich hab gerade “Endling” von Jasmin Schreiber gelesen, davor “All The Light We Cannot See” von Anthony Doerr. Beide fand ich schön und traurig/ergreifend bzw. auf ihre eigene Art leider sehr aktuell (ersteres spielt im Jahre 2041, zweiteres 1948…). Vielleicht als nächstes etwas realitätsferneres zur Beruhigung?
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben? Vielleicht weil Samara Joy das gestern im Konzerthaus so schön und berührend gesungen hat: “Peace is for everyone.” (Horace Silver).
Vielen Dank für das Interview, liebe Clara, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Musik, Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Clara Montocchio _ Sängerin, Schauspielerin, Tänzerin, Komponistin
Zur Person _ Clara Montocchio, Wienerin mit südafrikanischen Wurzeln, spannt als Sängerin, Schauspielerin und Tänzerin sowie Komponistin gekonnt Brücken zwischen verschiedenen Genres und Kunstrichtungen. In einer musikalischen Familie aufgewachsen, konnte sie sich von ihren Anfängen in der Klassik übers Musiktheater schließlich als aktives Mitglied der österreichischen Jazz- und Klezmer/”World Music”-Szenen etablieren. Aktuell studiert sie Popgesang (IGP) an der Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien. Im Herbst 2024 erscheint ihr Debut Folk-Pop Album „My Vreemde Kind“.
https://www.claramontocchio.com/
Foto_ Theresa Pewal
Walter Pobaschnig _ 11.4.2024