Liebe Inés Urach, wie sieht Dein Tagesablauf aus?
Ein verständnisloser Naturgeräusch-Wecker läutet um 6.20 Uhr und schmeißt mich sanft aus dem Bett. Mein Tag bzw. die Woche ist ausgefüllt und kontrastreich – es gibt zwei Jobs die auf mich warten – zum einen bin ich künstlerisch selbständig und zum anderen angestellt.

Passend dazu möchte ich gerne auf die aktuelle Ausstellung – „Kann man davon leben?“ im Künstlerhaus Klagenfurt, übrigens noch bis zum 12.04.2024 zu sehen – aufmerksam machen.
https://www.kunstvereinkaernten.at/aktuell.html
Am Nachmittag bin ich dann in meinem Studio ARTe in Klagenfurt, dort wo Kreativität und Stille zu finden sind – an dem Ort wo ich male, drucke, zeichne, denke, beobachte, hinterfrage, erkenne, finde und mich erfinde und mich ständig weiterentwickle.
Die Kunst legt weder an Wochenenden noch an Feiertagen einen Stop ein und das ist auch gut so.


Inés Urach (folgende)



Was ist für uns alle jetzt besonders wichtig?
Ich denke es geht nicht um das „jetzt wichtig“, sondern was ist „immer schon“ für uns alle wichtig.
Positives Denken ist grundsätzlich eines der wichtigsten Eigenschaften, denn nur mit positiven Gedanken kann man Kraft schöpfen, Lösungen finden und gute Ergebnisse erzielen.
Jeder Mensch sollte die wichtigen Dinge im Leben für sich erkennen, selbstreflektiert sein, die Umwelt und Mitmenschen wahrnehmen, miteinander kommunizieren und lachen, die Natur spüren und hören, Ansichten hinterfragen, digitale Pausen gönnen, kreativ werden und die Herausforderung suchen.
Ich denke es ist wichtig, sich täglich mit Dingen zu beschäftigen, die Freude bereiten und den „Energieräubern“ möglichst wenig Beachtung schenken.




Vor Aufbruch und Neubeginn werden wir alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird das Wesentliche sein und welche Rolle kommt der Kunst an sich zu?
Die Ontogenese drückt aus, dass sich Lebewesen ständig Veränderungen aussetzen müssen, dieser Wandel nennt sich Evolution.
Unser aller Leben ändert sich ständig, besteht nicht nur aus „schwarz oder weiß“ – das Leben besteht vielmehr aus Selbsterfahrung, Selbstfindung und Selbstbestimmung.
Zur Rolle der Kunst:
Diese Veränderungen zwingen auch KünstlerInnen dazu, Tag für Tag, bei jedem neu angefangenem Kunstwerk neue Wege zu gehen.
Es war und ist (!!) für jeden Künstler ein „Muß“ von Routinen abzuweichen, da sonst die eigene, so wichtige Weiterentwicklung verhindert wird. Zudem müssen KünstlerInnen subversiv bleiben, provozieren, irritieren und konfrontieren.



Was liest du derzeit?
„Der Ruf der Stille“ von Michael Finkel und „Die Knochennadel“ von Andreas Gruber. (man sollte auch „abstrakt“ lesen)

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
„Die Kunst gehört zu den Funktionen der Menschheit, die dafür sorgen, daß Menschlichkeit und Wahrheit fortbestehen, daß nicht die ganze Welt und das ganze Menschenleben in Haß und Partei zerfällt.“ (Zitat: Hermann Hesse, Nobelpreisträger 1946)

Vielen Dank für das Interview, liebe Ines, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
Ich möchte mich für die Möglichkeit der Wortgebung und den sehr schönen philosophischen Nachmittag recht herzlich bedanken.
5 Fragen an Künstler*innen:
Inés Urach, Künstlerin
Zur Person _ Inés Urach, Künstlerin
Ausbildung: 2013 – 2017: Studium an der Freien Akademie der Bildenden Künste in Klagenfurt am Wörthersee, AT
Juli 2017: Diplomausstellung „DA.DA.IST“ in Velden am Wörthersee, AT
2018 – 2020: Meisterklasse bei Dozent Luka Anticevic
Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen
Ausstellungen im In- und Ausland siehe Homepage Inés Urach.
„INSIDE ME – HAVE A LOOK“
Die Philosophie der Romantik und die Phantasie sind verloren gegangen, die Menschen verarmen seelisch und wir sollten uns nicht nur auf die Informationen für unsere Entscheidungen beschränken, die durch den Verstand zur Verfügung stehen – da setze ich meinen Pinsel an.
Der Prozess des Erstellens ist mir ebenso wichtig wie das Ergebnis.
Bei meinen Werken stellt nicht der Gegenstand das Motiv dar, sondern sein gedanklicher Inhalt.
Was ist sichtbar? Was verbirgt sich?
Ein Kunstwerk weckt erst Interesse, wenn es sich nicht unmittelbar erklären lässt.
Dadurch bleibt die Möglichkeit, seine eigene Wahrnehmung neu zu interpretieren und die malerische Umsetzungsform als Erlebnisform zu entdecken.
Ich beschäftige mich in meinen Arbeiten unter anderem mit dem Dialog zwischen Papier und Malerei.
Das Interessante daran für mich ist, dass Papier so gewöhnlich scheint. Wir alle verwenden es jeden Tag, aber wir nehmen es nicht wirklich als Material wahr, es ist für viele nur ein nützlicher Informationsträger.
Doch Papier ist viel mehr als das, ein unterschätzter Rohstoff, jahrhundertealt, mit vielen Charaktereigenschaften.
So wird dieses Material zur Materialität meiner Bilder und die Information zur abstrakten Struktur.
Inés Urach
Fotos_ Inés Urach
Walter Pobaschnig _ 8.4.2024