Liebe Bettina Balàka, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Da gibt es keine Regelmäßigkeit, das ist Fluch und Segen zugleich. Einerseits habe ich als Schriftstellerin viel Abwechslung, andererseits wenig Struktur. Es gibt Tage mit Recherchen, Interviews (führen oder geben), Unterrichten, Lesereisen usw., und dann gibt es die Tage, wo man richtig schreibt. Die plane ich streng und lasse mich nicht ablenken. Da es sich zwangsläufig um eine sitzende – oder allenfalls liegende – Tätigkeit handelt, sind mir sportliche Intermezzos wichtig (Fitnessstudio, Kraulen, Pilates, Yoga, Tanzen, viel Bewegung an der frischen Luft), das beugt auch gegen Schreibblockaden vor.

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Es ist in der Literatur und auch der allgemeinen Konversation Österreichs Usus, auf Österreich zu schimpfen. Jeder kann sich so für Thomas Bernhard halten und die Deutschen lieben es. Da sitzt man dann gemütlich in einem der bequemsten und sichersten Länder der Welt, nippt an seinem Welschriesling und gebärdet sich als Opfer unzumutbarer Verhältnisse. Für den Fall, dass uns irgendwann wieder eine Diktatur ereilen sollte, empfehle ich dringend, die Gegenwart zu genießen.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Literatur, der Kunst an sich zu?
Je schneller alles wird, desto wichtiger erscheinen mir Bücher. Anders als ein Reel oder TikTok-Video kann man ein Buch nicht in wenigen Sekunden erfassen. Solange man es nicht von vorne bis hinten gelesen hat, ist es Schrödingers Buch: Man weiß nicht, wie es aufgebaut ist und sich entwickelt, ob es enttäuscht oder die Erwartungen übertrifft, es ist eine Übung im langsamen Kennenlernen, im Auf und Ab, in Impulskontrolle und Geduld.
Was liest Du derzeit?
Ich lese gerade sehr viele Bücher von vergessenen österreichischen Schriftstellerinnen, da ich in Kooperation mit der Wienbibliothek und dem Haymon Verlag ab 2025 eine Reihe von Neuauflagen herausgeben werde. Wir starten mit dem sensationellen Buch „Eine Frau zwischen gestern und mogen“ von Doris Brehm aus dem Jahr 1957.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
„Wir unterschätzen das, was wir haben, und überschätzen das, was wir sind.“
Marie von Ebner-Eschenbach
Vielen Dank für das Interview, liebe Bettina, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Literaturprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Bettina Balàka, Schriftstellerin
Zur Person _ BETTINA BALÀKA, geboren 1966 in Salzburg, lebt als freie Schriftstellerin in Wien. Zahlreiche Auszeichnungen, zuletzt: Georg-Trakl-Förderungspreis für Lyrik, Kinderbuchpreis der Jury der jungen Leser*innen. Zuletzt erschienen: „Der Zauberer vom Cobenzl“, Roman, Haymon Verlag 2023, „Die glücklichen Kinder der Gegenwart“, Gedichte und Kurzprosa, Haymon Verlag 2024.
Aktuelle Buchneuerscheinung von Bettina Balàka:

Bettina Balàka, Die glücklichen Kinder der Gegenwart. Gedichte und Kurzprosa. Haymon Verlag.
160 Seiten, gebunden
22,90 € Preis inkl. Mehrwertsteuer
ISBN 978-3-7099-8218-1
https://www.haymonverlag.at/produkt/die-gluecklichen-kinder-der-gegenwart/
Foto_ Minitta Kandlbauer
Walter Pobaschnig _ 6.4.2024