Liebe Carina Koller-Stockinger, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Ziemlich durchgetaktet. Nach dem Aufstehen spiele mit meinem Sohn (3), versorge ihn und bringe ihn in den Kindergarten. Danach begebe ich mich an meinen Arbeitsplatz als Leiterin eines Kreativteams.
Am Nachmittag nutze ich die Zeit für meine erste Albumproduktion mit „hope will lead”, während Mann und Kind an der frischen Luft sind. Wir gehen alle früh schlafen, da unser Tag oft schon um 5:30 Uhr beginnt.
Die Wochenenden nutzen wir vorwiegend, um in den Tag hineinzuleben, zu garteln und wenn es sich ergibt, Musik zu schreiben oder zu produzieren.

und Illustratorin
Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Auf sich selbst zu schauen. Aber nicht in einem egoistischen, sondern essenziellen Sinne!
Es ist erschütternd, wie tief der Keil in unserer Gesellschaft bereits steckt. Nicht zuletzt durch Algorithmen, die uns in Bubbles separieren, die sich einander nur zum sinnlosen Wortgefecht öffnen, um sich anschließend wieder in feindselige Koexistenz abzukapseln.
Der Fokus sollte daher dort liegen, wo Veränderung möglich ist, nämlich auf einem selbst. Damit dieser sich erst schärfen kann, wäre die Loslösung von Ablenkungen in allen Lebenslagen ein guter Ansatz, dem ich selbst viel zu wenig nachkomme, mich aber täglich bemühe. Auf diesem Nährboden sollte sich dann (fast) alles wieder dezentralisieren.
Die fortschreitende Monopolbildung und der damit entstandenen Macht durch gewisse Lobbys sind meiner Meinung nach das Kernproblem unserer Gesellschaft, da sie echte Demokratie gefährden. Und: es fehlt die Einheit der breiten Masse.
Wo zu viel Macht in den Händen der falschen (meist narzisstisch oder psychopathisch veranlagten) Menschen liegt, wird es leider dann auch so richtig gefährlich.
Es wäre also vorrangig zu erkennen, dass uns alle viel mehr verbindet als trennt, um sich geeint für einen so nötigen Umbruch stark zu machen.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Musik, der Kunst an sich zu?
Jede*r Künstler*in begegnet dem Thema anders. Problematisch finde ich es eigentlich nur dann, wenn sich billigen Mitteln ohne Tiefe und Message bedient wird, nur weil es kommerziell funktioniert. Denn das sind am Ende des Tages wiederum farb-und rückgratlose Produkte, die wertvollen Speicherplatz in den Köpfen der Rezipient*innen belegen – also Teil der Ablenkungskultur sind.
Die Aufgabe der Kunst war seit jeher der Spiegel der Gesellschaft zu sein. Und zwar ohne AI-Filter – ehrlich und oft unangenehm, mit schonungslosem Licht in dem man jede Pore sieht.

Auch finde ich gut erfassbare Ideen von Utopien schön und wichtig, denn nur auf Missstände hinzuweisen ist deprimierend und birgt am Ende des Tages Hoffnungslosigkeit, die wir alle aktuell wirklich NICHT brauchen können. Auch intime, ergreifende und aufwühlende Erkenntnisse gehören für mich zu dem Kulturgenuss, den ich mir selbst gerne zuführe, da sie das Mindset bereichern können und bei der nötigen Selbstreflexion helfen, die uns wiederum klarer sehen lässt.
Diese Werke müssen aber auch gefunden und gehört werden, damit sie Veränderung erwirken können. Haltet also eure Augen und Ohren offen!
Was liest Du derzeit?
Das Gewicht der Worte
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Zwar nicht aus dem obigen Buch aber leider aktuell wieder passender denn je:
„Krieg ist Frieden. Freiheit ist Sklaverei. Unwissenheit ist Stärke.“

und Illustratorin
Vielen Dank für das Interview, liebe Carina, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Musik-, Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Carina Koller-Stockinger, Singer-Songwriterin
und Illustratorin
Zur Person _ Carina Koller-Stockinger released ihre Musik unter dem Namen „Hope Will Lead“. Und kann es denn eine bessere Zeit für diese Band geben als das Jetzt? Das Medium ist die Botschaft. Der Sound bleibt durch sphärische Wolken aus Celli und Synth-Pads sowie der elastischen, unbeugsamen Stimme der Frontfrau alias Hope unverkennbar. Man könnte als Genre-Kästchen – wenn das denn wichtig wäre – „Adult Pop“ ankreuzen. Ihre Texte stellen die großen Fragen des Jetzt mit sanfter Klarheit, Verve und Nachdruck. Neben Hope bilden Patrick Koller, David Dornig, Dorian Windegger, Roman Richter sowie Anna Starzinger und Thomas Milacher das Kernteam hinter ihren Produktionen.
Seit ihrer Gründung 2015 sind Hope Will Lead mit ihren Singles auf vielen Kanälen zu hören – von FM4 über 88.6 bis Radio Orange, vom Donauinselfest bis zum „Wir sind Wien“-Festival (womit auch die Frage ihres Herkunfts- und Wirkungsorts geklärt wäre).
2025, nach einem intensiven Reifeprozess, soll ihr erstes Album veröffentlicht werden.
Mehr zur Band „Hope Will Lead“ unter
hopewilllead.com
@hopewilllead
YouTube.com/c/hopewilllead
Fotos_ 1 u. 3 Nikolaus Ostermann; 2 Sebastian Tóth.
Walter Pobaschnig _ 3.4.2024