„Wir sind nicht allein auf der Welt“ Eva Paulin, Regisseurin, Künstlerin _ Luxemburg 25.12.2023

Liebe Eva Paulin, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Mein Tagesablauf hat sich durch die aktuelle Weltlage nicht verändert. Ich male und lese, treffe mit Menschen zusammen und versuche täglich etwas dazu zu lernen oder zu begreifen.

Eva Paulin,
Bühnen-, Kostümbildnerin, Regisseurin, Künstlerin

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Viele haben mit den sich häufenden Horror-Nachrichten der Kriege, die uns unentwegt erreichen, eine dünnere Haut bekommen. Ich schließe mich da nicht aus, aber es ist besonders wichtig uns jetzt bewußt mit der Evolution der Menschheit zu beschäftigen. Wir alle haben die Wahl aktiv unsere konstruktiven Gedanken in die Welt zu tragen. Wie wenig wir Menschen aus den historischen Parallelsituationen gelernt haben, ist unglaublich. Für jeden Einzelnen zählt es im Moment besonders in der Kommunikation unser emphatisches, verbindendes und heilendes Potential zu verstärken. Das geht am Besten durch  Austausch unserer Gedanken mit anderen, um auf  Desinformation zu reagieren.

Eva Paulin _ folgende

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Kunst an sich zu?

Ich glaube, dass die Informations- und Reizüberflutung es notwendig machen, sich zu positionieren. Stellung gegen bestimmte destruktive, gleichgültige Haltungen zu beziehen. Eine Form von Solidarität zu schaffen und das Bewusstsein für unseren Lebensraum, die Erde, zu stärken. Die Entwertung des Menschen und der Natur zugunsten des materiellen Profits lässt Gesellschaften untergehen.

Wir sollten nachdenken, umlernen und begreifen, wovon ein Mensch wirklich profitiert. Nämlich der Entwicklung und Verfeinerung der Sinne und der daraus folgenden Stärkung der Intuition, die uns verbindet, im Gegensatz zur so einflussreichen künstlichen Intelligenz, die oft in der Vereinfachung reduzierend wirkt. Die Aufwertung der Gefühle und Emotionen, der Wahrnehmung eines Menschen im Gegensatz zur künstlichen Intelligenz, ist dringlich.

Die Rolle der Kunst ist für mich unverändert. Sie soll berühren und uns motivieren Verantwortung für unser Denken und Handeln zu übernehmen. Wir sind nicht allein auf der Welt und es gibt so viele Menschen, die sich nach positivem Input sehnen, sich lieber konstruktiv verhalten wollen, als nur passiver Spielball einer Situation zu sein. Kunst  hat in Krisen-Zeiten eine große Verantwortung den Teil im Menschen zu nähren aus dem die Impulse zum Miteinander kreieren erwachsen.

Was liest Du derzeit?

Der Dirigent von Sarah Quigley

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

Erst die Erzählung eröffnet die Zukunft, indem sie uns hoffen lässt.

Bjung Chul Han

Vielen Dank für das Interview, liebe Eva, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!

5 Fragen an Künstler*innen:

Eva Paulin, Bühnen-, Kostümbildnerin, Regisseurin, Künstlerin

Zur Person _ Eva Paulin
Die Erfindertätigkeit meines Vaters führte uns nicht lange nach meiner Geburt nach Italien. So hatte ich das Glück zweisprachig und zweikulturig aufzuwachsen.

1973- 1983 Romanistik- und Orientalistik-Studium an der Universität Graz, und an derselben Universität Bühnenbild und Kostümkunde.
Freischafende Bühnenbildnerin von 1984 bis 1988 in Deutschland.
1988 Übersiedlung nach Luxemburg.

Seit 1990 auch Regisseurin. Seither über 50 Inszenierungen in Deutsch, Französisch und Luxemburgisch, an Theatern wie dem Théâtre des Capucins, dem TNL, dem Kasemattentheater, dem TOL und dem Théâtre d’Esch sowie einige Koproduktionen mit dem Theaterhaus Stuttgart und dem Trierer Stadttheater.

Meine Kinder sind 1982, 1988 und 1990 geboren. Deshalb hatte ich lange Phasen in denen ich mich ihnen ausschließlich widmete, ohne aber meine künstlerischen Bemühungen, die
der Motor meiner Existenz sind, aus den Augen zu verlieren.

Von 2011 bis 2017 habe ich mich gleitend hin zu einem neuen Berufsweg bewegt. 2016 war das Jahr meiner bisher letzten Inszenierung und ab 2011 wagte ich den Weg in die Malerei,
die von Kind an ein Herzenswunsch war.

2011 Wiederaufnahme meiner malerischen Tätigkeit. Mit Atelieraufenthalt in Kanada (Montréal). Ich hatte bisher 2 Künstler Residenzen (2012 und 2015- Print Museum
Grevnmacher und Walfer Kultur Schapp) in Luxemburg. Außerdem mehrere Solo und Kollektiv Ausstellungen in Barcelona, Berlin, Luxemburg, Montréal und Trier. Seit 2018 bin
ich Mitglied des Comités der Luxemburgischen Künstler Vereinigung ARCasbl.

Mein beruflicher wie auch privater Lebens-Weg führte mich bisher in verschiedene Länder und Kulturen (Österreich, Italien, Deutschland, Portugal, und Québec (Kanada). Ich bin dankbar für die Begegnung mit den Menschen in ihrer kulturellen und sprachlichen Vielfalt , die mein Leben durch ihre Offenheit und Freundschaft bereichert haben und mir dadurch unendliche Lernmöglichkeiten boten.

evapaulin.com

Fotos_privat

13.12.2023 _Walter Pobaschnig

https://literaturoutdoors.com

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