„Ein kühler Kopf und ein warmes Herz“ Oscar Jockel, Dirigent und Komponist _ Bretstein/A _Berlin 25.11.2023

Lieber Oscar Jockel, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?

Dirigiermodus: jeder Tag eine neue Wundertüte des Lebens

Komponiermodus: sehr ritualisiert – 6h aufstehen, 2 Stunden draußen im Wald sein, Duschen und Kaffee, Arbeiten 9-13h, Mittagessen, Wanderung /in der Natur sein / Lesen, 17.30h Abendessen, Arbeiten 18-23h

Oscar Jockel, Dirigent und Komponist

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?

Ein kühler Kopf und ein warmes Herz.

Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Musik, der Kunst an sich zu?

Ich kann nur für mich sprechen und nicht für die Gesellschaft. Kunst und Musik hat so viele verschiedene Rollen und Funktionen, wie es Künstler*innen gibt. Es gibt Kunst, die politisch oder unterhaltend oder horizonterweiternd oder erzählend oder bildend oder berauschend und vieles mehr ist. Wichtig ist, dass man sich im Klaren über sich selber und über den Kontext ist, in dem man Kunst macht. Als Dirigent erfülle ich die verschiedensten Funktionen, was mir große Freude bereitet. Als Komponist will ich hingegen nichts anderes als mit Musik und Klang einfach nur Musik und Klang zu machen. Ich will keine Message in meinen Kompositionen transportieren. Durch diesen Entzug und durch die Fokussierung auf die Sache an sich, erschaffe ich viel mehr Erfahrungsräume, wo man im Fremden sich selber begegnet.

Was liest Du derzeit?

Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur, von Andrea Wulf

Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?

Grace (Kae Tempest)

And when I stopped looking for me

I was able to find you

Right there where everything is, transcendent

I can feel myself opening up, getting closer

Oscar Jockel, Dirigent und Komponist

Vielen Dank für das Interview, lieber Oscar, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Musikprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute! 

5 Fragen an Künstler*innen:

Oscar Jockel, Dirigent und Komponist

Zur Person  Oscar Jockel, Dirigent und Komponist

Oscar Jockel ist Dirigierassistent bei den Berliner Philharmonikern für Kirill Petrenko und ist für zwei Jahre Dirigierstipendiat der Karajan-Akademie, nachdem er im Dirigierwettbewerb in der Philharmonie Berlin im Oktober 2021 um das »Siemens Conductors Scholarship« als ein Gewinner hervorging. Neben der Assistenz des Chefdirigenten in Konzert und Oper umfasst das Aufgabenfeld auch die Leitung eigener Konzertprojekte zusammen mit den Akademist*innen der Berliner Philharmoniker.

Ebenfalls 2021 errang Oscar Jockel in der Philharmonie de Paris eine Stelle als Dirigierassistent beim Ensemble intercontemporain und dessen Leiter Matthias Pintscher.

In der Saison 2023/24 folgt er Einladungen zu der PKF – Prague Philharmonia, dem Tonkünstler[1]Orchester Wien, dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn, dem Wiener Concert-Verein und leitet die Uraufführungen eigener Kompositionen mit der Karajan-Akademie und der Sinfonietta Leipzig.

In der vergangenen Spielzeit gastierte er bei den Osterfestspielen Salzburg in einer Produktion in der Felsenreitschule sowie im Gewandhaus zu Leipzig, der Sächsischen Staatskapelle Dresden bei den Internationalen Schostakowitsch Tagen in Gohrisch, dem Eröffnungskonzert des Internationalen Brucknerfests 2022 in Linz, den Berliner Symphonikern, dem Beethoven Orchester Bonn, dem Münchner Rundfunkorchester und dem Ensemble intercontemporain in Paris.

Für sein bisheriges Schaffen als Komponist und Dirigent erhielt Oscar Jockel den Herbert von Karajan Preis, der ihm im Rahmen der Salzburger Osterfestspiele 2023 überreicht wurde. Zu seinen jüngsten und aktuellen Kompositionsaufträgen zählen u.a. Werke für die Berliner Philharmonie, den Wiener Musikverein, das Gewandhaus zu Leipzig, das Bruckner Orchester Linz, die Camerata Salzburg, das Quatuor Diotima (Brucknerhaus Linz), ein Musiktheaterwerk sowie eine Zusammenarbeit mit Westbam (Salzburger Osterfestspiele und Mendelssohn-Orchesterakademie des Gewandhauses Leipzig). 2020/21 wurde er zum ersten Composer in Residence des Brucknerhauses Linz ernannt.

Als Dirigent und Dirigierassistent, unter anderem von Sir Simon Rattle, Esa-Pekka Salonen, Reinhard Goebel oder Hartmut Haenchen, arbeitete er bereits mit dem Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks, der Sächsischen Staatskapelle Dresden, dem Philharmonia Orchestra in London, dem Klangforum Wien, dem Bruckner Orchester Linz, dem Verbier Festival Chamber Orchestra, der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, dem Bundesjugendorchester oder dem Cyprus Symphony Orchestra zusammen.

In der Järvi Conducting Academy 2018 in Estland wurde er von Paavo Järvi sowie seinem Vater, Neeme Järvi, unterrichtet und erhielt 2019 ein Conducting Seminar Fellowship des Tanglewood Music Center mit dem Boston Symphony Orchestra, Andris Nelsons und Stefan Asbury. Nachdem er im

Sommer 2021 als Conducting Fellow der American Conducting Academy beim Aspen Music Festival einen Aspen Conducting Prize gewann, erhielt er eine Wiedereinladung für 2022.

2021 wurde Oscar Jockel als Stipendiat des Deutschen Musikrates in die Förderung des Forum Dirigieren aufgenommen.

Fotos_ 1 Lucas Jockel; 2 Tom Schweers; 3 Oliver Erenyi; 4 Tom Thiele; 5 Wolf Silveri.

Walter Pobaschnig _ 13.11.2023

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