Lieber Alexander Mitterer, wie sieht jetzt Dein Tagesablauf aus?
Die letzten paar Monate waren/ sind äußerst arbeitsintensiv. Im Moment spiele ich noch die letzten Vorstellungen von „Kunst“ von Yasmina Reza an der Neuen Bühne Villach, gleichzeitig habe ich die Einreichungen für Theater Kaendace Graz bei Stadt, Land und Bund ausgearbeitet. Theater Kaendace plant nächstes Jahr drei Uraufführungen von drei jungen Autorinnen. Die Leading Teams und die Ensembles stehen, das Geld dafür hoffe ich wird von den Subventionsgebern bewilligt.
Seit Anfang Oktober laufen die Proben für „Mein Hundemund“ von Werner Schwab, wofür ich für die Regie zeichne. Ein wahnsinnig spannendes Stück, das den ZuschauerInnen einiges abverlangt. Dafür werden sie aber durch eine hohe Theaterqualität entschädigt. Premiere ist am Samstag, 04.11 2023 im ARTist’s Graz. https://art.ists.at/events/mein-hundemund-von-werner-schwab-premiere/

Was ist jetzt für uns alle besonders wichtig?
Besonders wichtig ist für uns alle, dass wir beim täglichen Irrsinn, dem wir dauernd ausgesetzt sind, in unserer Mitte bleiben, uns und unseren Mitmenschen gegenüber wohlwollend verhalten und Friedensarbeit leisten, mit dem was wir tun, in Gedanken und Worten. Meine Theaterarbeit ist für mich immer auch Friedensarbeit.
Vor einem Aufbruch und Neubeginn werden wir jetzt alle gesellschaftlich und persönlich stehen. Was wird dabei wesentlich sein und welche Rolle kommt dabei der Kunst an sich zu?
Dieser Aufbruch und Neubeginn ist schon lange spürbar. Wir werden uns verabschieden müssen von vielen Normalitäten. Wir müssen offen bleiben für alles Neue, das uns begegnen wird, aber wir dürfen das Neue auch nicht unhinterfragt hinnehmen. Die Kunst darf sich nicht mehr als verlängerter Arm der Mode verstehen, sondern als Ausdruck zutiefst menschlicher Bedürfnisse. Kunst sollte sich auch nicht in den Dienst künstlicher Intelligenz stellen, sondern wieder mehr den Menschen, Flora und Fauna und die Natur als Themenfeld wiederentdecken.
Was liest Du derzeit?
Im Moment lese ich gerade „Was man von hieraus sehen kann“ von Mariana Leky. Bin erst am Anfang, aber die ersten paar Seiten waren bereits positiv verwirrend.
Welches Zitat, welchen Textimpuls möchtest Du uns mitgeben?
Den Textimpuls gebe ich nicht aus dem gerade gelesenen Buch. Der Textimpuls soll von Werner Schwab aus seinem Hundemund kommen:“Unser Gras ist tot, ganz tot, so tot wie du. Das Gras hat sich vollkommen verabschiedet. Alle Gräser haben heute eine moderne Kultur. Nur du stirbst an den faulen Krankheiten, an denen niemand mehr sterben kann.“
Vielen Dank für das Interview, lieber Alexander, viel Freude und Erfolg weiterhin für Deine großartigen Theater-, Film-, Kunstprojekte und persönlich in diesen Tagen alles Gute!
5 Fragen an Künstler*innen:
Alexander Mitterer, Regisseur, Schauspieler
Zur Person _ Alexander Mitterer, Regisseur, Schauspieler, geb.1968 in Bruneck/Südtirol, absolvierte sein Schauspielstudium 1993 am Konservatorium der Stadt Wien. Engagements u.a. an der Gessneralle Zürich, Bühnen Graz, Stadttheater Klagenfurt, klagenfurterensemble, Künstlerhaus Wien, Neue Bühne Villach sowie bei renommierten Festivals wie Steirischer Herbst, Styriarte, Volksschauspiele Telfs, Komödienspiele Porcia.
2005 Gründung von Theater Kaendace gemeinsam mit Klaudia Reichenbacher. Zahlreiche Engagements in Film-, Funk- und Fernsehproduktionen.
Regiearbeiten für Theater Kaendace, klagenfurterensemble, OFF – Theater Salzburg etc.etc.
Aktuelle Produktion: „Mein Hundemund“ Werner Schwab
Werner Schwab, meistgespielter Dramatiker der Neunziger – Jahre, ist endlich wieder in Graz zu sehen. Theater Kaendace wuchtet eines seiner verstörendsten Fäkaliendramen „Mein Hundemund“ als Requiem auf die Bühne des ARTist`s.
Beinahe 30 Jahre nach dem plötzlichen Tod Schwabs am 01.01. 1994 haben dessen Texte nichts an Brisanz und Brillanz verloren. Sein Metzger Hundsmaulsepp ist das zeitlose Portrait hässlicher Verhältnisse. Schwab fixiert seinen Blick auf die Welt auf das Eklige und schuf mit „Mein Hundemund“ eine zeitlose Parabel über die Unfähigkeit des Menschen, sich von seinen inneren Zwängen befreien zu können.

Premiere am 04.11. 2023 im ARTist`s, Schützgasse 16, 8020 Graz
Vorstellungen am 08.; 09.; 10.; 11.; 14.; 15. und 17. November jeweils um 20 Uhr
Regie: Alexander Mitterer
Ausstattung: Sonja Kreibich
Livemusik: Dragana Avokadovich
https://art.ists.at/events/mein-hundemund-von-werner-schwab-premiere/
Foto Portrait_ Robert Fritz
Walter Pobaschnig _ 26.10.2023